Mit 40 verschiedenen Covern auf denen die 40jährige Claudia Schiffer zu sehen ist, feiert das ZEITmagazin sein 40. Jubiläum. PAGE stellte Chefredakteur Christoph Amend – nein, keine 40, sondern 7 Fragen.
Mit 40 verschiedenen Covern auf denen die 40jährige Claudia Schiffer zu sehen ist, feiert das ZEITmagazin sein 40. Jubiläum. PAGE stellte Chefredakteur Christoph Amend – nein, keine 40, sondern 7 Fragen.
Gräfin Dönhoff war gar nicht amused, dass der seriösen DIE ZEIT 1970 plötzlich ein buntes Heftchen beilag. Und dann war in der ersten Ausgabe auch noch ein Langhaariger auf dem Cover. Später ließ der Artdirektor ein Nacktfoto von sich drucken, der erste Popper erschien im Magazin – und in der Redaktion wurde gerauft, geliebt und gekifft. Seit 2007 leitet Christoph Amend sie. Hier blickt er zurück – und in die Zukunft!
Als das erste ZEITmagazin vor 40 Jahren erschienen ist waren Sie selbst noch nicht geboren.
Ich war, glaube ich, nicht einmal in Planung…
Sie sind 1974 geboren. Ist dieser Rückblick auf 40 Jahre für Sie deshalb nicht ein Blick in die gefühlte Steinzeit?
Keineswegs, im Gegenteil. Da ich mich naturgemäß nicht an das erste Jahrzehnt des ZEITmagazins erinnern kann und auch sonst nicht wirklich, wie es in den 70ern war, habe ich mich als Frischling besonders in diese Magazin-Jahrgänge gestürzt. Das ZEITmagazin war das erste seiner Art in Deutschland, das FAZ-Magazin folgte zehn Jahre später, das SZ-Magazin 1990. Das ZEITmagazin muss 1970 für die Leser wie eine Revolution gewesen sein, Revolutionen passten ja ohnehin in das Lebensgefühl. DIE ZEIT erschien damals noch in Schwarzweiß – und da kam plötzlich dieses bunte Heft. Und dann noch mit einer Titelgeschichte über die Frage, warum so viele Männer lange Haare tragen. Oktober 1970 eben. Das ZEITmagazin hat von Anfang an das Lebensgefühl seiner Zeit beschrieben. 1980 hat es übrigens die Popper entdeckt, zum ersten Mal benannt und recht kritisch beleuchtet. Wenn Sie sich heute auf den Straßen umsehen, merken Sie: Der Stil der Popper hat sich merkwürdigerweise durchgesetzt, auch wenn man ihn heute nicht mehr so nennt.
40 Mal Claudia Schiffer auf 40 verschiedenen Covern. Erinnert das nicht zu sehr an die Vogue und ihre variierenden Titelblätter – und an die Ausgabe auf der Claudia Schiffer nackt und schwanger zu sehen war?
Wir erzählen eine andere Geschichte: Als wir vor einigen Monaten überlegt haben, was wir zu unserem Geburtstag machen wollen, hatten wir die Idee, zum 40. das ZEITmagazin zum ersten Mal mit 40 verschiedenen Titelseiten erscheinen zu lassen. Dann haben wir zufällig irgendwo gelesen, dass Claudia Schiffer in diesem Jahr auch 40. Geburtstag hat. Und bei der Beschäftigung mit der Geschichte des ZEITmagazins ist uns aufgefallen, wie schon erwähnt, dass das Magazin sich immer mit dem Lebengefühl seiner Zeit beschäftigt hat. So kam es zu der Idee: Wir fragen Claudia Schiffer, ob sie nicht die unterschiedlichen Lebensgefühle der vergangenen vier Jahrzehnte für uns interpretieren will. Sie fand die Idee charmant, nicht in einem Retrolook zu verharren, sondern in verschiedene Rollen zu schlüpfen und die Stile mit dem Blick von heute zu zeigen: wie etwa den Grunge eines Kurt Cobain, das Sommermärchen von 2006, die Hippiemädchen, die Disco-Queens. Im Heft, das diese Woche erscheint, erfährt man dann, wie sich das ZEITmagazin mit den verschiedenen Stilen beschäftigt hat.
Das Jubiläums-ZEITmagazin dreht sich immer wieder um Cover. Von Claudia Schiffer über die schönsten Titel, vom Trabi, der am 10. November als „Auto des Jahres“ ausgezeichnet wurde bis zu Wallraffs Reportagen… Ist das Cover ihr liebstes Kind?
Die Titelseite ist das erste, was Sie sehen, sie ist oft der Grund, warum Sie ein Heft in die Hand nehmen. Sie ist der erste Eindruck, und der zählt ja häufig. Und man ist gezwungen, eine Geschichte auf den Punkt zu bringen. Nehmen Sie nur das Cover von 1975 zu einem Porträt, das Gerd Bucerius über Konrad Adenauer schrieb. Sie sehen Adenauer in einem Stuhl sitzend, schwarzweiß, dazu »Der Adenauer«. Das sagt alles.
Haben Sie ein Lieblingscover?
Der Titel von Loriot. 1976 hat ihn die Redaktion gebeten, ein Cover zu gestalten. Man sieht: Loriot auf einer Bank sitzend, hinter einem Baum lugt eine seiner gezeichneten Figuren hervor, die sagt: »Machen wir das hier eigentlich zum Zeitvertreib oder zum Zeit-Vertrieb?«. Ironisch, unterhaltsam, klug, viel mehr geht nicht.
Die Nullnummer des Zeit Magazins hat Grafik-Star Willy Fleckhaus entwickelt, heute ist Mirko Borsche der Creative Director. Was schätzen Sie an seinem Stil?
Mirko Borsche, der das ZEITmagazin gemeinsam mit Art-Direktorin Katja Kollmann gestaltet, hat einen eigenen lässigen Stil, der auch darin besteht, immer wieder neue Stile in die Fotografie, in die Illustration, in die Gestaltung einfließen zu lassen. Er fühlt Geschichten. Er ist unglaublich neugierig, holt immer wieder neue Fotografen ins Heft, neue Zeichner. Ein typischer Satz von Mirko ist: »Gestern Abend war ich auf einer skandinavischen Internet-Seite und da habe ich einen Zeichner entdeckt, den müsst ihr euch unbedingt anschauen«. Durch ihn kam es übrigens auch, dass Martin Fengel, der ja eigentlich Fotograf ist, seit letztem Jahr die Kolumne von Harald Martenstein mit seinen großartigen Zeichnungen illustriert. Mirko wusste, dass Martin gelegentlich für sich zeichnet und hat ihn einfach gefragt. Und jetzt, bei der Produktion des Geburtstagshefts, haben wir während der zwei Tage mit Claudia Schiffer nicht nur fotografiert, sondern auch gefilmt. Mirko und unser Bildredakteur Andreas Wellnitz haben daraus zwei Videoclips geschnitten, und ich war baff, als ich sie gesehen habe: Sie sehen aus, als hätten die beiden nie etwas anderes gemacht. Der erste Film, ein Making-of-Clip, ist übrigens schon online.
Wie stehen Sie zu Online? Ein notwendiges Übel? Oder eine Herausforderung die Stärken des Magazins ins Netz zu übertragen?
Wir sind oft online, lesen viel online, ob auf dem Laptop oder auf dem ipad. Und wir betreiben mit Leidenschaft unsere Facebook-Seite. Auf ihr posten wir jeden Tag neue Ideen, Einfälle, Videos, die uns auf- oder eingefallen sind, diese Art von Facebook-Journalismus macht Spaß. Ich weiß nicht, ob Sie zufällig am Sonntag Abend den »Tatort« geschaut haben, der diesmal aus Münster kam. Wir fanden ihn ziemlich gut und haben direkt nach dem Ende um 21 Uhr 45 gefragt, ob das andere auch so sehen, und schon ging die Diskussion los. Aber Facebook ist nur eine Seite des Internets. Das ipad ist eine andere, die uns Magazin-Journalisten natürlich sehr interessiert, weil sie eine große gefühlte Nähe zu unserem Heft hat. Lassen Sie sich überraschen, was da noch von uns kommt!
Noch bis zum 24. Dezember findet im Hamburger Alsterhaus die Ausstellung »40. Geburtstag ZEITmagazin« statt.
Im Edel-Verlag erschien der Band »Best of ZEITmagazin«, 49,95 Euro