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Rege Diskussion über das neue Logo von Google – das sagt die Designbranche

Wir haben Jürgen Siebert (fontblog.de), Benjamin Klöck (hw.design gmbh), Olaf Stein (Factor Design) und viele mehr zu Wort kommen lassen …

Kreation_Branche_Google_Logo_Meinung_092015

Es war nur noch eine Frage von kurzer Zeit, dass Google ein frisches Logo bekommt. Was sagt eigentlich die Kreativbranche zum Redesign, das am Dienstag, 1. September 2015 öffentlich gemacht wurde?

Hier ein paar Experten-Statements …


Jürgen Siebert, Fontblog.de
 

Insgesamt sechs mal hat Google in seiner 17-jährigen Firmengeschichte das Logo umgebaut. Der jüngste Wechsel ist die gravierendste Änderung seit Mai 1999, als das Unternehmen das Ausrufezeichen hinter seinem Namen strich. Das alte Logo basierte einst auf einer Baskerville Bold, deren Buchstaben bei jedem Redesign mehr und mehr vermurkst wurden. Aus der Sicht eines Schriftentwerfers passte da schon seit Jahren nichts mehr zusammen.

Am 1. September lancierte Google das neues Logo, einschließlich einiger daraus hergeleiteten Animationen: der Anfangsbuchstabe G im Farbenrausch oder die vier bunten »bitte-warten«-Punkte, die munter miteinander tanzen. Das sieht alles sehr durchdacht aus und beweist, dass sich Google viele Gedanken über den universellen Einsatz seiner Kennzeichen auf diversen Plattformen gemacht hat.

Mir gefällt, dass Google mit der Einführung einer eigenen Hausschrift plötzlich den identitätsstiftenden Wert von Schrift anerkennt

Doch es waren wieder die Typedesigner, die aufschrieen. Sicherlich hat das Logo formale Schwächen, zum Beispiel der zu leichte Großbuchstabe G in der Wortmarke und mangelhafte optische Korrekturen in den Strichstärken. Alle anderen Kritikpunkte sind schrift-historischer Natur, zum Beispiel dass eine geometrische Sans dem Logo weniger Identität gebe und die Marke Google somit verwechselbar würde. Mal im Ernst: Muss ein Marktführer ernsthaft über sein Logo kommunizieren, wie unschlagbar er ist. Nein. Allein die Allgegenwart Googles erlaubt dem Unternehmen, sich auch mit einem charakterlosen G stark zu positionieren.

Ich trauere dem alten Logo keine Sekunde nach. An das neue habe ich mich schon nach 48 Stunden gewöhnt. Ich bewundere vor allem die globale Einführung der neuen Marke: auf der Suchseite, auf allen Subseiten, in den Icons von Apps … bis hin zu den Favicons seiner ungezählten Dienste. Mir gefällt auch, dass Google mit der Einführung einer eigenen Hausschrift plötzlich den identitätsstiftenden Wert von Schrift anerkennt. Bis dato haben auch Google-Manager gerne öffentlich betont, dass Fonts eigentlich Freeware sein sollten.

Benjamin Klöck, Geschäftsführung bei hw.design gmbh

305 Bytes, über die die Welt diskutiert … Google hat ein neues Logo – nein, es ist kein Logo, sondern ein System, das lange gefehlt hat und in dieser Konsequenz hervorragend funktioniert.!

Jetzt kann man den alten »googeligeren« Buchstaben mit ihren Ecken und Kanten nachtrauern und sich einreihen in die Schar der Kritiker, die nach den Überarbeitungen von Yahoo, eBay, Microsoft und zuletzt Facebook der digitalen Welt einen Hang zur Beliebigkeit unterstellt oder wir können genauer hinschauen. Google ist keine Website mit einer Sucheingabemaske, kein Serviceanbieter oder Hersteller von Produkten. Google ist zu einer eigenen Kategorie geworden, die uns heute eine gesamte Infrastruktur der Informationsvermittlung und -weitergabe bereitstellt.

Google ist zu einer eigenen Kategorie geworden

Diese Vielfalt braucht eine Markierung die konsequent funktioniert, in allen Anwendungen und Erscheinungsformen. Ob reduziert auf einen Buchstaben, starr, als Piktogramm oder in den vielen animierten Formen – einfach, dynamisch, freundlich, es ist immer Google. Und das ist die Qualität, um die es heute geht, es geht nicht um ein Logo. I Like!

Olaf Stein, Partner Branding bei Factor Design

Neutralisierung geglückt: Google Kreativdirektor Wally Krantz befürchtet große Enttäuschungen bei den Menschen, weil Google sein Logo geändert hat. Der neue Schriftzug ist aus der für Google entwickelten Product Sans gesetzt und strotzt vor Neutralität. Versierte Typografen werden sich die Frage stellen, warum man diesen Schritt nicht nutzte, um die sehr eigenständige und differente Lösung weiter zu entwickeln und zu verbessern.

Neutralisierung geglückt

Auf den ersten Blick erweckt das Logo den Eindruck, als ob man diese Schrift bereits kennen würde. Vor allem das kleine »e« erinnert an die Schrift Kabel von Rudolf Koch, das viel wichtigere Google »G«, welches perspektivisch in Apps eingesetzt werden soll, sieht aus wie das der Futura. Wie auch immer, mir gefiel das auf der Catull von Gustav Jäger basierende Logo sehr viel besser. In einem kühlen und neutralen Umfeld und schaffte es diesen emotionalen Moment, wenn man auf der weißen Seite im Google-Schlitz eine Suchanfrage startete. Der inkonsequente Einsatz in den Apps – kleines »g« – war ohnehin nie nachvollziehbar.

Ich hätte es begrüßt, wenn Google einen evolutionären handwerklichen Schritt gemacht hätte, um das alte Logo fit für die neuen Anforderungen zu machen.

Christian Doering, Creative Director/Head of Design bei KOREFE

Ich vermisse eine konzeptionelle Botschaft

Das neue Google-Logo und Branding ist generisch und vermisst eine konzeptionelle Botschaft. Es gibt aktuell sehr viele Marken, die sich an derselben Schrift- und Farbästhetik bedienen und im Internet auftreten. Ob das Logo mehr Emotion zeigt, wenn es in Zukunft animiert wird, bleibt abzuwarten.

Robert Meinolf Börsting, Design Director bei KMS TEAM

Über die typografische Ausgestaltung darf man sich jetzt streiten

Die ewige Suche: Primärfarbeneinsatz und Sprachgebrauch à la »ich google dann mal« waren schon immer die entscheidenden Charakteristika der Wortmarke Google – das Wechselspiel in der Typografie ebenso. Der Schritt weg von der Antiqua als Logo-Ausgangsform war da langfristig nur zu erwarten. Über die typografische Ausgestaltung darf man sich jetzt streiten. Von dem gekippten »e« hätten sie sich meiner Meinung nach jetzt mal trennen können. Man darf aber sicherlich gespannt darauf sein, wie Google sein neues Zeichen zukünftig visuell belebt und ausbaut. Das Gesamtbild ist da meistens wichtiger als die Details. Die Suche wird halt auch für Google weitergehen …

Rüdiger Goetz, Geschäftsführer Kreation bei KW43 Branddesign

Bewundernswert langweilig: Alles richtig gemacht.

Eine kreative Sensation ist das neue Logo von Google nicht. Aber mindestens eine kleine Sensation ist es, wie konsequent Google nun plötzlich markentechnischen Willen zeigt. Es wäre natürlich viel interessanter, wenn Google dabei etwas falsch machen würde. Aber den »Gefallen« tun Sie uns nicht. Stattdessen kann man nun auch hier eine beachtliche und vor allem rapide Professionalisierung in der Markenführung nach außen feststellen: Vor zwei Wochen die Ankündigung von Alphabet, der neuen Dach- und Konzernmarke. Jetzt der Relaunch der Marke Google. Topdown, wie im Schulbuch.

Und das neue Logo aus gestalterischer Sicht? Ebenfalls wenig Grundlage für populäre Fachentrüstung: Es ist schlicht und ergreifend richtig so. Das alleinstellende »Brand-Equity« liegt im Markennamen, der längst zum Gattungsbegriff geworden ist. Und der ist, typographisch vereinfacht, erheblich besser darstellbar und lesbar geworden. In Bezug auf die hauptsächlich digitale Verwendung eine deutliche, kaum noch zu steigernde Verbesserung. Der Farbcode, bunte Buchstaben auf weißem Hintergrund, ist das visuell wesentliche Markenelement und bleibt ebenfalls erhalten. Die Marke behält damit ihren sympathischen Charakter und die eindeutige Erkennbarkeit.

Es ist schlicht und ergreifend richtig so

Die gestalterische »Neutralisierung« stellt aber auch inhaltlich eine Verbesserung dar: Der neue Typographie-Eindruck lässt Google sachlicher und technischer erscheinen. Zwei entscheidende Qualitätsmerkmale für die Funktionalität der Suchmaschine: Objektivität und Such-Performance.
Man könnte vielleicht kritisieren, dass Google und Ebay, zwei große globale digitale Marken, nun sehr ähnlich geworden sind. Stimmt. Beide haben nun eine generische Nonserif-Schrift, jeweils in bunten Buchstaben in den Grundfarben, aber machen Sie mal den Test: Würden Sie die beiden Marken verwechseln? Nein. Der Name und Kontext reicht. Mehr Änderung wäre vor allem bei Google mehr Risiko als Gewinn gewesen.

Goolge ist markentechnisch erwachsen geworden und hat damit in der Selbstdarstellung nun Vollzogen, was in vielen Bereichen des Unternehmens wohl längst stattgefunden hat. Aus dem unkonventionellen und innovativen Startup aus Silicon Valley ist ein professioneller und globaler Konzern geworden, der sich mit eben solcher Professionalität ohne unangemessenen kreativen Ehrgeiz und falsche Sentimentalität von graphischem Ballast der Vergangenheit getrennt hat.

Ein bisschen Angst macht das schon. Wenn jemand alles richtig macht. Aber versprochen, wir bleiben aufmerksam kritisch.

Felix Damerius, Creative Director bei Peter Schmidt Group

305 zu 14.000 Bytes – oder: Kleinvieh macht auch Mist

Nach der Gründung von Alphabet ist das Imageupdate für Google ein logischer Schritt: Google rückt visuell an die neu geschaffene Holding heran. Durch den Wechsel zu einer serifenlosen Wortmarke wirkt Google deutlich moderner, bleibt dabei trotz der geometrischen Formensprache jung und verspielt. Schade nur, dass der »schrullige« Charakter der Wortmarke nicht stärker erhalten bleiben konnte und damit ein Stück Identität über Bord geht.

Schade, dass der schrullige Charakter der Wortmarke nicht stärker erhalten bleiben konnte

Interessant ist die Begründung für das Redesign, die Google mitliefert: Ausschlaggebend für die Veränderung waren demnach ein veränderter Medienkonsum sowie neue Interaktionsmöglichkeiten und Devices. Auch in der kleinsten Darstellung soll jetzt dieselbe Schlichtheit und Freude Ausdruck finden, für die Google auch in der klassischen Desktop-Suche steht. Das neue Logo ist somit ein Schritt zu Konsistenz und Systematisierung des Erscheinungsbildes über alle Angebote und Anwendungen hinweg. Einen genaueren Blick verdient in diesem Zusammenhang das 4-farbige versale »G«, das das kleine blaue »g« zum Beispiel in Browsertabs und anderen Kleinstanwendungen ablöst. Dieses ist nicht nur auf kleinen Screens besser lesbar, sondern mit 305 gegenüber 14.000 Bytes auch um satte 13.500 Bytes kleiner als die Vorgängerlösung. Das kommt Gebieten mit schwachen Bandbreiten zugute und entlastet in der Masse obendrein Googles Rechenzentren.

Heiko Dertinger, Geschäftsführer Markenkreation bei Brandoffice

Die Weiterentwicklung ist für mich absolut logisch: Mit dem neuen Logo wappnet sich Google für die nahe Zukunft, in der die Marke nicht mehr nur auf PC, Tablet und Smartphone, sondern auf allen möglichen – und seien es noch so kleine – Anwendungen des Internet of Things präsent sein wird und wiedererkannt werden will. Entscheidend ist deshalb nicht so sehr die Weiterentwicklung des Logos an sich, als vielmehr die Entwicklung einer Designstrategie, die der Marke künftig mehr Präsenz verleihen wird. Bisher diente das Logo bzw. das »g« lediglich als Absender, hatte aber nichts mit dem Erscheinungsbild der Anwendungen zu tun. Mit dem Wechsel von einer Antiqua, die ohnehin eher zufällig gewählt zu sein schien und keine Identität widerspiegelte, zu einer Grotesk eröffnet sich Google die Möglichkeit einer grafischen Formensprache: Wenn Google diese Formensprache zusammen mit dem Farbcode konsequent einsetzt, werden die Nutzer verschiedenste Anwendungen bereits anhand von Illustrationen, Schaubildern, Grafiken, Icons, Stadtplänen, Bedienelementen etc. (oder konkreter anhand von Wetterkarten, Balkendiagrammen, Schiebereglern) als Google-Dienste identifizieren. Das Logo selbst wird dabei eine immer geringere Rolle spielen.

Die Weiterentwicklung ist für mich absolut logisch

Dem Typo-Experten wird vielleicht aufstoßen, dass die Buchstaben nicht gut ausgeglichen sind und die letzten drei dadurch etwas »klumpen«. Doch dies ist dem Laien gleichgültig und beeinträchtigt die Designstrategie nicht.

Was dem Designer zu denken geben sollte, ist die Tatsache, dass Google den Wechsel von der Antiqua zur Grotesk mit der Einfachheit der Google-Anwendungen begründet. Das ist nachvollziehbar. Doch den Schritt zu einer schlichten Schrift bzw. Formensprache haben zuvor schon viele andere Marken, wie z.B. USA Today, Pepsi, Tom Tailor, Ebay, Microsoft oder Apple, durchgeführt und ähnlich begründet. In Zeiten der Digitalisierung sind eben »Smartness« und »Simplicity« für nahezu jede Marke erfolgsrelevante Eigenschaften. Wenn dies jedoch dazu führt, dass alle Marken ähnliche Designkonzepte verfolgen, verliert Design seine differenzierende Funktion.

Hannes von Döhren, HVD Fonts GmbH

Ich mag es. Einfach und klar. Die Farben reichen für mich aus und sind gelernt, man erkennt Google immer noch. Mir gefällt dieses ganze Pikto-System und das G als Icon funktioniert auch sehr gut. Inhaltlich alles top.
Zum Formalen: Ich als Type Designer gucke mir die Buchstaben natürlich ganz genau an. Bei so einem minimalen Ding muss einfach alles stimmen. Wenn ich könnte würde ich hier gerne noch mal am kleinen g feilen. Die Einläufe knicken etwas zu früh ab und es wirkt zu schmal neben den o’s. Das Spacing hätte ich im hinteren Bereich auch minimal weiter gemacht, es klemmt ein wenig.

Wenn ich könnte würde ich hier gerne noch mal am kleinen g feilen

Gut finde ich das sie das schräge e zitiert haben. Es gibt dem ganzen eine schnelle Wiedererkennbarkeit und verstärkt den Logo Charakter. Im Textfont würde ich es allerdings nicht benutzen. Alles in allem – ein gutes, zeitgemäßes Update.

Olaf Schroeter, Head of Creation bei MetaDesign

Google hat sein Logo in den letzten 17 Jahren mehrfach überarbeitet. Und böse Zungen behaupten, dass das aktuelle Redesign dem Trend der Beliebigkeit folgt. Aber diese Diskussion ist zu eindimensional, denn schlussendlich stellt sich nicht die Frage, ob das alte Logo eigenständiger war oder einfach nur altbacken aussah. Denn wenn wir das Logo als Ausdruck der Identität oder der Haltung eines Unternehmens verstehen, sollten wir uns vorab die Frage stellen, was Google eigentlich ist. Google ist mehr als eine Suchmaschine. Google steht für ungewöhnliche Lösungen, für kreative Produkte und innovative Services. Um erfolgreich zu sein, muss dieses Angebot zu jedem Zeitpunkt und in jedem situativen Kontext funktionieren und für den Nutzer verfügbar sein.

Ein spannender Ansatz und modern gedacht

Ein Design sollte in der Lage sein, auf diese Anforderungen flexibel zu reagieren. Und das ist hier der Fall. Google hat nicht einfach nur ein Logo überarbeitet, sondern ein dynamisches System basierend auf einer starken Farbcodierung geschaffen, das auf den Nutzer reagiert und in der Lage ist, ihn aktiv miteinzubeziehen, wie beispielsweise bei der Spracheingabe. Ein spannender Ansatz und modern gedacht. Von daher ist der Schritt, den Google jetzt gemacht hat, für mich die erste schlüssige und zeitgemäße Überarbeitung der letzten Jahre.

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