Bohemian Rhapsody, Big Data und der Talk von brand eins Chefredakteurin Gabriele Fischer, die ihre erstaunliche Strategie vorstellte, inhaltlich und visuell und Gestalter zu einem Wettbewerb einlud …
Über 6.000 Besucher aus 45 Ländern, davon 40% Frauen und 60% Männer, 324.000 verzehrte Kekse in der Form des »I like«-Daumens, 88.974 Tweets und dazu 10.659 Endgeräte im Konferenz-W-Lan und darüber hinaus sagte die diesjährige Republica-Statistik, dass unter den akkreditierten Journalisten die meisten Männer Christian oder Michael hießen und bei den Frauen, abgeschlagen und weit vorne, der Name Julia lag.
Als Republica Mit-Begründer Johnny Häussler gestern Abend die Statistiken abrief (nur wo ist der Club-Mate-Konsum geblieben? Rückläufig?), war Stage 1 gerammelt voll und alle bester Konferenz-Laune.
Steil hat die Republica begonnen – mit den subversiven und kunstvollen Politaktivisten Yes Men, dem aktuellen Gesicht von Wikileaks, der britischen Journalisten Sarah Harrison, enge Vertraute von Julian Assange und diejenige, die Edward Snowden nach Moskau begleitete, die gefeiert und mit Standing Ovations bedacht wurde. Dazu Bianca Jagger und zweifelhafte Promis wie David Hasselhoff, er einem der Sponsoren begleitete und zumindest schönste Trash-Unterhaltung war und darüber hinaus Jan-Josef Liefers, der zu einem Hoax gehörte, in dem vorgegeben wurde, das man gerade weltneue Produkte wie die Google-Drohne Bee vorstellte.
Ein wenig ist die Konferenz danach abgefallen, es kamen die stilleren Highlights wie die Koryphäe Saskia Sassen von der Columbia University, die aufzeigte, wie Welt gerade von einigen Wenigen aufgekauft wird, es wurde über Robotor-Journalismus gesprochen, über Big Data und Spionagesoftware, dem Buch als Betriebssystem – und, nach Anleitungen zur Aufzucht von Einhörnern und dem Verhalten wie ein Amish im Netz, fand Gabriele Fischer, Chefredakteurin des Wirtschaftsmagazins brand eins sich zum Gespräch mit Johnny Häussler ein.
Alles machen sie bei brand eins scheinbar anders – und das sehr erfolgreich. Im Blickpunkt, was passiert, »wenn die Wirtschaft und die Gesellschaft sich verändern«, sie sich zur Wissensgesellschaft verändert, setzen sie auf ihren ganz eigenen Stil.
Von Anfang an war klar, dass brand eins anders aussehen sollte als alle anderen Wirtschaftsmagazine und heute macht es Furore mit Titeln wie »Dieses Heft macht sexy« oder «Kauf, du Arsch« reichen, gestaltet von Meiré und Meiré. Ein Editorial Design, das spalten soll und wie Fischer sagt, viele Relaunchs großer Magazine, die gerade über die Bühne gingen, ästhetisch vorwegnahm.
Inhaltlich setzt sie in den Geschichten auf die Grautöne, auf ungewöhnliche Fragen, die gestellt werden und darauf, dass ganz ohne Scheuklappen jeweils alle Parteien zu einem Thema befragt werden.
Und dazu merkte Republica-Gast Jürgen Siebert vom Fontblog und -shop an, wie ungewöhnlich das Erlös-Modell von brand eins ist, das sich zur 55% aus dem Vertrieb und nur zu 45% aus Anzeigen zusammensetzt und das ein perfekter Ausgangspunkt für den Umgang mit neuen Medien ist, den das Magazin pflegt.
Wird bereits im Heft beim Editorial Design nie Rücksicht auf eine Anzeige genommen und steht immer der Text im Vordergrund und das ungestörte Leseerlebnis, verzichtet die Redaktion aus Gründen der Leserfreundlichkeit auf der Website komplett auf Anzeigen, Pop-Ups, Banner.
Ob es dennoch intelligente Online-Werbung gibt, will brand ein aber gerade in einem Wettbewerb herausfinden, auf den sie bisher nur eine Zuschrift bekamen – und auf viele mehr hoffen: Reicht man bei brand eins eine Online-Werbeanzeige ein, die zeigt, dass Werbung auch funktioniert »ohne, dass man den Leuten frontal auf die Nase haut«, wird diese eine Woche lang umsonst online geschaltet.
Zum Schluss schmetterte das Publikum in alter Tradition gemeinsam Queens Bohemian Rhapsody – und jetzt gilt es sich auf 2015 zu freuen, wenn die Republica 15 in der Woche um den 4. Mai stattfindet.
Mehr zur Republica hier: Hasselhoff und die Lage der Nation, Das Vertraue fremd erscheinen lassen, Republica 14 öffnet das Berliner Fenster
Lieber Bjoern, die Verteilung kann schon mal bis zu 80% Anzeigen und 20% Vertrieb liegen.
Vielen Dank für die Zusammenfassung! Was ich nicht ganz verstehe ist die Anmerkung ,dass eine Erlöszusammensetzung von 55% Vertrieb und 45% Anzeigen ungewöhnlich für eine Zeitschrift ist? Das ist eigentlich ein ganz üblicher Split im Verlagsbereich.