Wie Berufseinsteiger in der Designbranche zurechtkommen: In Teil 5 der Serie erzählen unter anderem eine Projektmanagerin und ein Webdesigner. Außerdem erfahren wir einiges über die Ausbildung zum Mediengestalter…
Wir haben uns in letzter Zeit mit etwa 30 Berufseinsteigern in Unternehmen und Agenturen unterhalten, um zu erfahren, wie sie die Designbranche erleben – und wie gut sie ihre Ausbildung bzw. ihr Studium darauf vorbereitet hat. Ihre Erfahrungsberichte stellen wir nach und nach in einer siebenteiligen Serie vor …
»Grafikdesign zu studieren war mein Traum, seit ich 17 wurde. Ich war so happy, als es mit der ersten Mappe an der Akademie der Bildenden Künste Stuttgart klappte. Im dritten oder vierten Semester gab es allerdings einen Wendepunkt. Kommilitonen von mir knieten sich in jedes Projekt rein, bereiteten Wettbewerbe vor, verbrachten viele Abende in der Akademie. Diese Passion fehlte mir, was mich stutzig machte – ich hatte mir dieses Studium so gewünscht. Ich überlegte aufzuhören, machte aber weiter und absolvierte nebenbei journalistische Praktika und andere Exkurse.
Grafikdesign zu studieren war mein Traum. Im dritten oder vierten Semester gab es allerdings einen Wendepunkt.
Nach meinem Abschluss wollte ich dem Grafikdesign noch eine Chance geben und fing als Praktikantin in einer kleinen Agentur an, wo ich vieles ausprobieren konnte: konzeptionell mitarbeiten, an Kundenterminen teilnehmen, Social Media betreuen. Das war augenöffnend, ich merkte, wie gut mir dieser Job gefällt und dass ich total gern kreativ bin – nur eben nicht als Grafikdesignerin. Danach arbeitete ich als Projektmanagerin, jetzt bin ich seit einem halben Jahr bei JUNG:Kommunikation. Meine Stelle heißt »Konzeption und Projektmanagement«, sie wurde speziell für mich angepasst, da mein Chef es interessant fand, dass ich Erfahrung aus verschiedenen Bereichen mitbringe. Mein Berufsalltag ist sehr vielseitig: Ich bin in der Konzeptionsphase dabei, kommuniziere als Bindeglied zwischen unseren Gestaltern und den Kunden und schreibe Texte. Das ist genau das, was ich immer machen wollte. Ich wusste nur nicht, dass es das gibt, und glaubte, mich für eine Disziplin entscheiden zu müssen. Jetzt decke ich mehrere Schwerpunkte ab und finde es perfekt.«
»Ich habe erst eine Ausbildung zum Mediengestalter gemacht und dann ein duales Studium an der Uni Mannheim begonnen. Schon vor der Ausbildung wollte ich gern dual studieren, doch es war sehr schwierig, etwas zu finden. Erst nach der Ausbildung, die ich an der privaten Hochschule SRH in Heidelberg gemacht habe, hat es geklappt mit dem Studienplatz. Während der Ausbildung habe ich alles von Printdesign über Web bis zu 3D-Animationen und Videobearbeitung gelernt. Wir haben einen eigenen Laptop bekommen und durften von Anfang an mit den ganzen Programmen wie Photoshop oder Illustrator arbeiten. Das hat mir sehr gut gefallen.
2015 habe ich im Anschluss an die Ausbildung dann begonnen, Digitale Medien zu studieren und bin bei heidelpay in der Marketingabteilung tätig, immer drei Monate lang im Wechsel. heidelpay ist ein Finanzdienstleister, der unter anderem Online-Bezahlarten anbietet. Ich habe dort verschiedene Aufgaben von Webdesign bis zum Entwerfen von Merchandise-Material. Durch die Ausbildung wusste ich, dass Mediengestalter nicht immer sehr kreativ arbeiten und viel designen – sondern oft alles übernehmen, was in dem Bereich eben anfällt. Ich habe mich auf Webdesign spezialisiert, weil ich im digitalen Bereich individueller arbeiten und eigene Ideen einbringen kann. Ich bin zufrieden hier, kann mir aber auch gut vorstellen, mal in einer Agentur zu arbeiten. Wir sind ein recht kleines Team, ich bin der einzig gelernte Mediendesigner in der Firma und kann mich daher nur begrenzt mit Kollegen austauschen, wenn es um Fachliches geht.
Im Vergleich hat mich die Ausbildung zum Mediengestalter deutlich weitergebracht als das Digitale-Medien-Studium.
Das Studium ist zwar sehr theorielastig, doch bisher habe ich nicht sehr viele neue Erkenntnisse gewinnen können. Vieles wird stur auswendig gelernt für die Klausuren. Ich hatte praxisorientierteres Lernen erwartet. Design-Fähigkeiten kann man sich ja aber zum Glück auch gut selbst aneignen. Das habe ich schon während der Schulzeit so gemacht. Viele haben sich beklagt, dass das Spektrum so breit ist, dass man in keinem Gebiet richtig in die Tiefe gehen kann. Ich finde, wenn man sich privat damit beschäftigt, eine eigene Website designt oder private Projekte umsetzt, hilft das sehr – auch im Umgang mit den ganzen Programmen.
Im Vergleich hat mich die Ausbildung deutlich weitergebracht als das Studium. Hätte ich direkt studiert, wäre ich heute sicher auf einem anderen Standpunkt. Bei vielen Aufgaben komme ich schneller voran als meine Kommilitonen ohne Vorkenntnisse. Was mir ein wenig gefehlt hat: Grundwissen zum Schreiben von Geschäftstexten – das hat zwar nichts direkt mit Design zu tun, doch auch Gestalter brauchen immer mal wieder etwas Text – zum Beispiel für Social Media. Ohne Übung fällt das schwer.«
»Nach dem Abi habe ich überlegt, ob ich ein Studium anfange – mich dann aber für eine Mediengestalter-Ausbildung entschieden, da ich erst mal genug von Theorie hatte. In der Agentur lerne ich sehr viel, meine Arbeit ist sehr vielseitig, da wir in den Bereichen Messe, Print, Digital und Programmierung arbeiten. Die Berufsschule ist allerdings nicht so toll, auf die Inhalte könnte ich größtenteils verzichten. Ich würde mir wünschen, dass wir dort mehr Projekte mit Alltagsbezug umsetzen. Man könnte zum Beispiel Kundengespräche durchlaufen und üben, wie man in bestimmten Situationen reagiert. Das wäre wichtig, weil man in Bezug auf Kommunikation mit Kunden absolut ins kalte Wasser geschmissen wird und selbst ein Gefühl dafür entwickeln muss, wie man auf die Leute eingeht.
Die Inhalte der Berufsschule waren nicht so anspruchsvoll. Ich würde gern etwas dranhängen, das mich mehr fordert.
Stattdessen müssen wir teilweise Lückentexte ausfüllen oder Korrekturzeichen auswendig lernen. Das ist unnötig und schraubt den Anspruch der Ausbildung herunter, was ich schade finde. Nach der Ausbildung werde ich nach Hamburg ziehen und mich dort in einer Agentur bewerben. Nebenbei möchte ich ein Fernstudium in Medien- und Kommunikationsmanagement machen, weil die Inhalte der Berufsschule nicht so anspruchsvoll waren. Ich würde gern etwas dranhängen, das mich mehr fordert.«
»Ich kam über ein Praktikum bei einem Fotografen zum Job als Mediengestalter. Dort lernte ich Programme wie Photoshop kennen, was mir gut gefiel. Nach meinem Realschulabschluss war es schwierig, einen Ausbildungsplatz als Mediengestalter zu finden, sodass ich mich für eine schulische Ausbildung zum technischen Assistenten für Informatik entschied. Dort habe ich unter anderem HTML und CSS gelernt. Danach hat es dann mit der Ausbildung zum Mediengestalter geklappt: Ich bekam einen Platz in einem Familienunternehmen mit eigenen Onlineshops. Dort habe ich alles umgesetzt, was grafisch so anlag – Produktgestaltung, Grafikdesign, Kataloge, Verpackungsdesign und Produktfotografie.
Ich habe viel gelernt und der Arbeitsalltag war dynamisch, was mir sehr gefallen hat. Gestalterisch habe ich mir einiges selbst beigebracht, da es außer mir in dem kleinen Team nur eine Designerin gab. Vieles war einfach trial and error. Auch über private Projekte konnte ich mir viel aneignen, vor allem im Webdesign-Bereich: Neben der Ausbildung habe ich für kleine Unternehmen aus der Region Websites designt, was sehr hilfreich war. Um diese Erfahrungen zu vertiefen, habe ich im dritten Ausbildungsjahr ein Praktikum bei einer Digitalagentur gemacht – meinem jetzigen Arbeitgeber NEW DATA SERVICES in Oldenburg. Das war zum Glück für meinen Ausbildungsbetrieb in Ordnung.
Webdesigner sollten nicht nur auf visuelle Ästhetik achten, sondern auch technisches Hintergrundwissen haben.
Im Anschluss an dieses Praktikum habe ich direkt ein Job-Angebot bekommen, mittlerweile arbeite ich seit etwa anderthalb Jahren hier. Wir sind ein 10-köpfiges Team, alle aus dem Bereich Webdesign. Durch den Austausch, auch mit Entwicklern, habe ich mich sehr gut weiterentwickeln können. Während der Ausbildung habe ich immer an den gleichen Marken, immer im gleichen Look gearbeitet, was jetzt ganz anders ist. Jedes Projekt hat ganz neue Anforderungen.
Was Webdesigner auf jeden Fall mitbringen sollten: Sie sollten nicht nur auf visuelle Ästhetik achten, sondern auch technisches Hintergrundwissen haben. Man muss wissen, wie UX-Elemente funktionieren und über neue Entwicklungen Bescheid wissen. Daher sollte es auch ein fester Bestandteil des Job-Alltags sein, die unterschiedlichsten Seiten durchzuklicken und sich inspirieren zu lassen. Auch mit Analysen sollte man sich beschäftigen, um zu verstehen, wie Designelemente von Nutzern angenommen werden. Und natürlich sind Software-Kenntnisse superwichtig. Man muss sein Know-how laufend erweitern, um die Workflows durch den Einsatz moderner Software optimieren zu können. Das kostet zwar Nerven – spart jedoch langfristig Zeit und Aufwand.«
Teil 4: »Das technische Wissen wirkte an der Uni zum Teil veraltet«: Eine Junior-Product-Designerin, eine Designerin mit Lehrauftrag und eine Motion-Design-Volontärin teilen ihre Erfahrungen. Außerdem gibt’s einen anonymen Bericht, von jemandem, der die Branche sehr negativ erlebt hat.