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»Lassen sich die Methoden, mit denen wir Corporate Designs für Unternehmen entwickeln, auch auf andere Bereiche anwenden?«, fragt Prof. Jürgen Huber in seiner heutigen Kolumne für PAGE.

»Lassen sich die Methoden, mit denen wir Corporate Designs für Unternehmen entwickeln, auch auf andere Bereiche anwenden?«, fragt Prof. Jürgen Huber in seiner heutigen Kolumne für PAGE.

 

Der Begriff »Corporate« meint eigentlich nichts anderes als »Unternehmens-« und wird allem vorangestellt, das die Zugehörigkeit zu einem Unternehmen signalisieren will. Zum Beispiel Corporate Identity: Unternehmensidentität, Corporate Fashion: Unternehmensbekleidung, Corporate Wording: Unternehmenssprache – um nur einige wenige Beispiele zu nennen aus der großen Welt der Corporate-Fügungen.?

Jedoch hat sich der Begriff »Corporate Design« längst verselbstständigt und von seiner eigentlichen Bedeutung gelöst. Immer wieder zuckt man innerlich zusammen, wenn davon die Rede ist, dass beispielsweise eine Stadt, eine öffentliche Einrichtung oder gar ein Land ein neues Corporate Design bekommen haben. »CD« wird als Bezeichnung für Manches gewählt, wo man mit dem neutraleren Begriff »Visuelles Erscheinungsbild« besser beraten wäre.

Die Methoden, mit denen wir Designer Corporate Designs für unsere Auftraggeber erarbeiten, haben wir jahrzehntelang für Corporations entwickelt. Sie sind in der Arbeit an und mit Unternehmen entstanden. Sie verstehen sich als Werkzeuge, um Unternehmen im Wettbewerb von Ihren Mitbewerbern abzugrenzen. Sie sind Mittel des Konkurrenzkampfes und der Marktbehauptung. Meist ist das Zentrum Ihrer Bemühungen eine bestimmte Produktgruppe oder Dienstleistung.

Wie fragwürdig es ist, diese Corporate-Design-Methoden auf Bereiche zu übertragen, in denen die Bedürfnisse andere sind, zeigte sich in der Vergangenheit immer wieder an Designs für öffentliche Auftraggeber und jüngst am neuen Erscheinungsbild der australischen Hauptstadt Canberra, das kürzlich vorgestellt wurde (Bild oben).

»Our city ‘brand’ has to be a collective idea – and a collective advocacy – about who we are and what we have to offer …«, lobt die Bürgermeisterin das neue Design auf ihrer Website. Das »collective« muss man lange suchen, in dieser betont jugendlich technischen Abstraktion eines kalten 3-Buchstaben-Logos. Und ganz wohl ist der Bürgermeisterin bei dieser Marketing-Lyrik wohl selbst nicht, setzt sie doch das Wort »Brand« schon mal vorsichtshalber in Anführungszeichen. Obgleich das neue Design von vielen positiv und als starke Marke begrüßt wird, ist offensichtlich, wie wenig integrativ das neue Erscheinungsbild von Canberra ist. Es kommt daher wie ein obercooles Szene-Label und vergisst, die Bedürfnisse des Großteils der Bürger.

Lassen sich Städte wie Unternehmen behandeln? Ist es richtig, auf der Basis von Design-Methoden, die für Wirtschaftsunternehmen entwickelt wurden, eine Sichtweise auf heterogene urbane Lebensräume zu entwickeln? Ist das Zusammenleben der Menschen, alt und jung, arm und reich, gebildet und ungebildet, eine Sache für Markenpyramiden und Polaritätenprofile? Und ist es richtig, die entstandenen Erscheinungsbilder stets mit der Lupe der Markenbildung zu betrachten? Integration statt Abgrenzung, Miteinander statt Gegeneinander. Wir brauchen für diese Aufgaben eine neue Denkrichtung, neue Methoden und ein neues Wort.

 

 

Bilder: www.brandcanberra.com.au

 


Foto: ©Antje Umstätter

Jürgen Huber ist Professor für 2D-Design und Typografie im Studiengang Kommunikationsdesign an der HTW-Berlin.

Hier finden Sie alle Beiträge seiner Corporate Design-Kolumne für PAGE.

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