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Variable Fonts: Was sagt die Branche?

Variable Fonts sind in aller Munde, aber werden sie auch im Gestalteralltag ankommen? Wir haben uns in der Branche umgehört.

Bild: Monotype

 

Kurz zur Erinnerung: Das neue OpenType-1.8-Format ermöglicht es, Schriftmerkmale wie Buchstabenbreite, x-Höhe, Strichstärke, Kontrast, Serifenlänge, das Aussehen der i- und anderer Punkte, einfach alles, was man sich vorstellen kann, stufenlos zu verändern. Mit Chrome Canary existiert immerhin auch schon eine Entwicklerversion eines Browsers, der die Technik unterstützt.

Natürlich experimentieren Typedesigner derzeit fleißig mit variablen Schriften und haben bereits einige erstellt. Desktop-Programme, die deren Einsatz erlauben, gibt es bislang allerdings nicht. Ohnehin ist die neue Technik vor allem für digitale Anwendungen interessant, erweitert sie das Responsive Design doch um den Aspekt Schrift.

Während viele Typedesigner mit Volldampf in das Thema Variable Fonts einsteigen, ist bei Gestaltern noch eine gewisse Skepsis und auch Unsicherheit zu beobachten. Fragen nach künftigen Lizenzmodellen stehen genauso im Raum wie der Wunsch, dass es doch ein paar vom Designer der Schrift definierte Fixpunkte gibt.

 

»Variable Fonts sind eine Erweiterung, nicht die Ablösung guter Typografie«

Christina John, Geschäftsführerin von Milch+Honig designkultur und Vorsitzende der Typographischen Gesellschaft München

Grundsätzlich finde ich es toll, dass Variable Fonts neue typografische Räume eröffnen und mehr Flexibilität versprechen. Responsive Design ist heute Standard, und somit wird es Zeit, auch den Umgang mit Schrift responsiv zu denken. Variable Fonts bieten die Chance, zu experimentieren und andere als die bisherigen Anwendungen zu entdecken, neue Ansätze auszuloten und dadurch noch mehr Individualität zu schaffen. Ich sehe sie als eine Erweiterung und nicht als die Ablösung guter, funktionierender Typografie. Allerdings besteht auch die Gefahr zunehmender Beliebigkeit, wenn Anwender dieser Fonts die typografischen Regeln nicht kennen und beachten.

Unerlässlich ist eine einfache, klare und leicht zugängliche Technik – etwa eine einheitliche Browserunterstützung. Dringend erforderlich ist zudem eine Art Regelwerk beziehungsweise technische Basis, die uns Typografen und Designern den Umgang mit den neuen Möglichkeiten erleichtert.

Ich sehe Hochschulen und Institutionen wie unter anderem die Typografische Gesellschaft in der Verantwortung, auch beim Thema Variable Fonts auf die typografischen Grundlagen aufmerksam zu machen und im Idealfall die nötige Hilfestellung und Beratung zu leisten. Gerade an den Hochschulen wird dann hoffentlich viel experimentiert!

Was andere Branchenkenner zum Thema sagen lesen Sie in der PAGE 10/2017.

 

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Kommentar zu diesem Artikel

  1. Mehr Flexiblität bei Fonts ist m. E. schon lange überfällig. Ich schließe mich ebenfalls der Meinung der Autorin an, dass dazu gute Kenntnisse in Typografie wieder gelehrt, erprobt und angewendet werden müssen.

    Die Typografie hat in den letzten Jahren – vielleicht auch Jahrzehnt – ihre Stellung verloren. Online sind sowieso Arial, Verdana und Helvetica die Champions – dabei gibt es viele Schriften, die schöner, individueller und tlw. besser lesbar sind.
    In Printmedien wird noch etwas mehr experimentiert, jedoch ist das Wissen bei vielen Designern nicht mehr vorhanden und der Mehrwert einer guten individuellen Typografie wird negiert.

    Im Sinne von Individualität ist Typografie ein wichtiges Mittel, womit sich Unternehmen und Selbständige abgrenzen und die Qualität ihrer Leistungen widerspiegeln können.

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