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Wie Duolingo mit Illustrationen das Lernen neu erfindet

Auf der figma-Konferenz in San Francisco haben wir mit Megan Barker, Illustratorin bei Duolingo, über den Spaß am Lernen geredet und wie wichtig in der Sprach-App dabei die Character sind, die Animationen – und Gaming.

Wie war dein Weg zu Duolingo? Ich habe gelesen, dass du jetzt schon einige Jahre dabei bist.
Megan Baker: In ein paar Tagen habe ich mein fünfjähriges Duo-Jubiläum. Darauf freue ich mich sehr. Ich habe Animation und Game Arts am Moore College of Art in Philadelphia studiert. Wenn man in Amerika Animation studiert, geht man normalerweise davon aus, dass man nach dem Abschluss in Kalifornien oder New York arbeiten wird. Aber ich wollte in der Nähe meiner Familie bleiben und stolperte über eine Stellenanzeige für einen Illustrator bei Duolingo in Pennsylvania. Ich habe Duolingo selbst benutzt, aber ich war mit der Welt der Technologieunternehmen nicht wirklich vertraut. Aber als ich anfing, mich einzuarbeiten, wurde mir aber klar, dass ich dort Kunst, Animation, Interaktion und Gaming zusammenbringen kann und dass der Job perfekt passt.

Mir war vorher nicht klar, dass Gaming interessant für Duolingo ist.
Wir lassen uns von Spielen inspirieren, weil sie sehr gut darin sind, Menschen zu motivieren, sich zu engagieren und Umgebungen zu schaffen, in denen das Lernen Spaß macht.

Und es sind nicht nur die Bilder, sondern auch die Figuren selbst, ihr Rhythmus und ihr Klang. Ich bin sehr schnell süchtig danach geworden.
Ja, die Art und Weise, wie unsere Lektionen, Übungen und die gesamte App ablaufen, ist an Spieledesign angelehnt. Wir wollen, dass Lernen sich spaßig anfühlt und nicht wie eine lästige Pflicht, bei der man durch ein Lehrbuch blättert. Wir wollen, dass man eintaucht und interagiert. Die App soll ein Ort sein, an dem du dich sicher fühlst, auch wenn du Fehler machst und wo du für kleine Erfolge und abgeschlossene Lektionen belohnt wirst.

Die Illustrationen sind ein entscheidender Faktor in der App.
Sie verhindern, dass die Informationen auf dem Bildschirm schwerfällig wirken und gleichzeitig versuchen wir durch sie die Textmenge zu reduzieren. Denn schließlich ist es sehr anstrengend, viel auf dem Bildschirm zu lesen. Wir wollen, dass das Lernen sich intuitiv anfühlt, ohne dass wir viel erklären und anleiten müssen.

 

Der zentrale illustrierte Charakter ist die Eule.
Weil Eulen mit Wissen assoziiert werden. Die Erste, die mir einfällt, ist die schlaue Eule von Winnie the Pooh. Sie schafft Vertrauen.

Darüber hinaus gibt neun Menschencharaktere und einen Bären. Wie kommt die Auswahl zustande?
Die ist eine interessante Herausforderung, weil es natürlich unendlich viele Möglichkeiten gibt. Am Ende ist es wichtig, eine gute Bandbreite zu finden, um all das, was wir lehren wollen, umzusetzen und auch allen Lernenden das Gefühl zu geben, dass sie sich selbst in den Charakteren wiederfinden.

Wenn das Publikum die ganze Welt ist, stelle ich es mir schwer vor, die passenden Charaktere zu finden. Wie gelingt das?
Indem viel mit Leuten redet, viel recherchiert, flexibel ist, aber sich auch traut, sich irgendwann festzulegen. Wir lernen auch immer über die einzelnen Charaktere hinzu, wer sie sind und wie sie dargestellt werden sollten. Man muss offen dafür sein, dass die Charaktere wachsen und sich entwickeln. Ganz so wie es Menschen auch tun.

Was ist äußerlich wichtig für einen Character?
Wir haben drei Bausteine, damit die Character alle aus einem Universum stammen. Einmal sind da die einfache Form, dann die großen pillenförmigen Augen mit einem weißen Highlight darin und die Füße, die nicht mit dem Körper verbunden sind und ein Eigenleben führen. Aus diesen Elementen fangen wir dann an, die einzelnen Figuren zu entwickeln, arbeiten an der Größe und versehen sie mit Rhythmus und mit ausdrucksstarken Farben. Ich persönlich hoffe zudem auf einen Character mit Brille in unserer nächsten Runde.

Sind die Character auch mit einem Storytelling versehen?
Lange Zeit hatten sie keine festen Handlungsstränge, aber mit der Zeit und im Austausch miteinander hat sich eine Art Storytelling herausgebildet. Es macht Spaß sich im Art-Team die Ideen zuzurufen und so sind die Figuren mit der Zeit immer klarer geworden. Am stärksten sicherlich Lily, unser lila-haariges Grufti-Mädchen. Einer meiner Kollegen hat zudem eine alte Frau in Orange entwickelt, ihr Name ist Lucy und sie erinnert an eine diese Matroschka-Puppen, die man ineinandersteckt.

Und die Münder bewegen sich auch, oder?
Ja, seit kurzem können wir die Mundbewegungen der Figuren so anpassen, dass es so aussieht, als würden sie das Audio und die Übungen sprechen. Damit hoffen wir, den Lernenden einen Schritt näher an die Interaktion mit einer Person von Angesicht zu Angesicht heranzuführen. Je mehr wir sie zum Leben erwecken, desto mehr nähern wir uns einer immersiven Erfahrung an und das mit illustrierten Figuren, die nicht so einschüchternd sind.

Das Immersive ist ein Ziel?
Ja, denn es bringt uns näher an das Spiel heran, das motivierend ist und Spaß macht.

Wie arbeitest du mit dem Animationsteam zusammen?
Sehr eng. Wir tauschen uns darüber aus, was für sie wichtig ist, wenn ich eine Illustration für sie vorbereite. Ich illustriere die Vektorformen in Figma und dann spreche mit ihnen darüber oder wir arbeiten in der App gemeinsam an Posen.

Und wie sieht es mit eurer kreativen Freiheit in dem Designsystem mit seinen Formen, Schattierungen und Farben aus?
Das ist eine gute Frage. Und ich würde sagen, es gibt für mich zwei Kategorien. Einmal die Brandgraphics, die sehr vorgezeichnet sind, wir aber gleichzeitig noch Raum haben, um unsere eigenen Storytelling-Fähigkeiten oder unser eigenes Flair einzubringen. Und dann gibt es noch Illustration wie diese über den monatlichen Erfolg eines Lernenden, die zur Ermutigung dienen, ein Ziel zu erreichen. Da haben jeden Monat andere Künstler:innen, die daran arbeiten. Da gibt es schon Freiheit. Aber auch in den Figuren selbst, denn irgendwo fließt immer unsere eigene Persönlichkeit ein. Darüber hinaus muss alles, was nicht in der App ist, nicht unbedingt »on brand« sein.

Was sind das dann für Arbeiten?
Marketing-Aktionen oder Kampagnen zum Beispiel. Ich habe neulich eine Hülle für eine riesige Gashapon-Maschine entworfen. Die Gestaltung dabei ist stark von Anime und Comics und grafischen, linienstarken Zeichnungen beeinflusst. Das ist dann schon mein Stil. Auch habe ich an einer Marketingpartnerschaft mit Crunchyroll, einem Anime-Streaming-Dienst, gearbeitet.

Sehr wichtig ist auch Humor. Ich hatte gerade eine Lektion, in der zwei Frauen in ein Restaurant gingen und total schockiert waren, wie teuer alles ist und schließlich das Restaurant verlassen.
Ja, wir freuen uns, wenn unsere Geschichten schrullig und lustig sind, leichtfüßig und aus dem Leben gegriffen. Genauso wichtig ist uns aber auch, ganz verschiedene Lernmethoden anzubieten. Es gibt so viele verschiedene Möglichkeiten des Lernens. Sie können sich einen Podcast anhören, Musik hören, einen Text lesen. Hauptsache aber, es macht Spaß.

Hier auf der figma-Konferenz habt ihr über eure Arbeit mit dem figma-Tool gesprochen.
Lange haben wir mit Sketch gearbeitet, jetzt aber mit figma. Das Illustrieren mit diesen Tools ist für mich etwas wie seine eigenen Puzzleteile zu gestalten und sie dann zusammenzusetzen. Das macht Spaß und vor allem ist es auch sehr einfach, gemeinsam an Dateien zu arbeiten.

Hat es eure Arbeitsweise oder eure Art zu illustrieren verändert?
Auf jeden Fall ist es einfacher, den Brandrichtlinien zu folgen. Generell aber gilt, dass unsere Illustrationen für jeden verständlich sein müssen, damit wir effektiv unterrichten können. Sie müssen klar, schwungvoll, leuchtend und lustig sein. Wichtig ist, dass wir clevere Wege finden, komplexe Situationen aus der realen Welt zu konstruieren, auf das wesentliche zu reduzieren. Die Möglichkeiten, Dinge schnell mit dem Tool auszuprobieren, hilft dabei.

Wie viele seid ihr eigentlich im Art-Team?
Als ich vor fünf Jahren zu Duolingo kam, war ich die Dritte im Bunde. Wir hatten unseren künstlerischen Leiter, einen Animationskünstler und mich als Illustratorin. Und jetzt sind wir fast zehnmal so viele Künstler:innen.
Dazu gehören Illustrator:innen, Animator:innen, Designende, die z.B. Objekte bauen, unseren Merch gestalten oder physische Räume, wie die unsere Inneneinrichtung oder jährliche Konferenz. Es ist sehr interessant zu beobachten, wie wir wachsen und es ist immer sehr spannend, wenn neue Künstler mit ihren Ideen und Techniken das Team erweitern. Und es macht Spaß zu sehen, wie ihr Einfluss unseren Stil und unsere Marke in die Zukunft treibt.

Spannend, dass der persönliche Stil wirklich so wichtig ist.
Natürlich halten wir uns an den Duolingo-Stil. Aber gleichzeitig gibt es eben auch Raum, zwar die grundlegenden Bausteine beibehalten, aber unsere eigenen Ideen einfließen zu lassen und einprägsame Situationen zu schaffen.

Wo genau ist der Spielraum?
In den Posen und dem Storytelling, das damit verbunden ist. Es geht darum, wie ein Illustrator, eine Illustratorin, eine Figur posiert, wenn sie zum Beispiel nach einem Stück Kuchen greift. Will sie es unbedingt? Ist sie unschlüssig oder gelangweilt? Und jeder von uns bringt dabei andere Ideen mit. Die Vielfalt unserer Artists inspiriert uns alle, zu experimentieren und neue Dinge zu erforschen, die unseren persönlichen Stil vorantreiben.

Du arbeitest also auch an persönlichen Projekten?
Ja, das tun viele von uns. Unsere Manager unterstützen uns darin und achten darauf, dass es eine gute Work-Life-Balance gibt. Da bleibt außerhalb der Arbeit genug Zeit.

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