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Freitags frei bei gleichem Gehalt: »Alle sind jetzt entspannter«

Die Geschäftsführerin der Kölner Branding- und Digital­agentur young and hyperactive, Nadine Mohr, hat sich wirklich was getraut. Ihr Fazit …

Freitag frei! Ohne Gehaltsverzicht oder weniger Urlaub – einfach so. Seit drei Monaten haben alle fünf Mitarbeiter der Kölner Branding- und Digital­agentur young and hyperactive freitags frei. Die Geschäftsführerin Nadine Mohr (im Bild ganz vorn) hat sich was getraut.

Warum ist bei euch der Freitag auf einmal frei?
Nadine Mohr: Die Auslastung bei uns ist hoch, ein Projekt jagt das nächste, und die Wochenenden sind immer viel zu kurz. Eigentlich sind wir alle nie zur Ruhe gekommen. Über die Idee, auf eine 4-Tage-Woche umzustellen, las ich auf einem Blog und war über­zeugt von dem innovativen Konzept.

Welche Hindernisse habt ihr befürchtet?
Meine größte Sorge war, wie unsere Kunden reagieren würden, denn sie fordern Erreichbarkeit. Wenn am Freitag etwas crasht, muss gewährleistet sein, dass ein Entwickler erreichbar ist, um das System um­gehend wieder lauffähig zu bekommen. Schließlich haben wir entschieden, es einfach auszuprobieren.

Wie habt ihr das mit der Erreichbarkeit gelöst?
Wir haben all unsere Kunden angeschrieben. Dabei war ich, ehrlich gesagt, ganz schön am Schwitzen. Es ist nicht leicht, deinen Auftraggebern zu vermitteln, dass du endlich einmal wieder montags mit frei­em Kopf an die Arbeit gehen möchtest, motivierter und kreativer. Zugleich haben wir zugesichert, dass die Projekte rechtzeitig fertig werden und eine Notfall-E-Mail-Adresse eingerichtet, damit nicht das Ge­fühl entsteht, am Freitag allein gelassen zu werden. Alle Kunden sind bei der Stange geblieben.

Was musstest ihr verändern?
Wir haben die Verträge angepasst, denn sie basierten bisher auf einer 40-Stunden-Woche und wir wollten nicht an vier Tagen je 10 Stunden arbei­ten. Also haben wir auf eine 36-Stunden-Woche reduziert und ar­beiten an vier Tagen neun Stunden. Die eine Stunde mehr fällt kaum auf. Wenn jemand doch am Freitag arbeiten will, bekommt er den Tag extra vergütet. Ge­hälter und Urlaubstage haben wir nicht reduziert.

Welche Vorteile hat die Umstellung?
Alle sind wesentlich entspannter, bilden sich weiter, haben mehr Zeit für die Familie oder die eigenen Projekte. Und auch fürs Recruting ist der freie Freitag natürlich ein super Argument.

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Kommentare zu diesem Artikel

  1. Letzten Endes geht es um Lebensqualität. Wenn das Business das hergibt, schafft das sogar noch Arbeitsplätze, um restliche Zeiten für die Kunden zu füllen.
    So würde ich im Krankenhaus auch lieber von einem frischen Arzt behandelt werden, als von einem übernächtigten Assistentsarzt am Ende seiner 36h Bereitschaft.
    In manchen Bereichen geht es eben nicht um Qualität (der Behandlung und des Lebens aller Beteiligten), sondern ums Geld.

  2. Finde ich einfach spitze, in skandinavischen Ländern trifft man ja öfters auf solche Arbeitszeitenmodelle und die Menschen sind dort sehr zufrieden. Für Krankenhäuser und Ärzte ist es meiner Meinung nach nicht geeignet, aber für Bürojobs – wieso nicht?

  3. Geschäftsführerin selber keine Lust auf Arbeit
    und Einsatzwillen, geniales Vorbild. Die Margen
    scheinen ja zu stimmen…

  4. Warum denn nicht? Vor kurzem haben die Geschäfte (auch Supermärkte) noch um 18:30 Uhr zu gemacht. Und? Damals ist deswegen keiner verhungert.

  5. Putzig. Und durchführbar in einem kleinen Start-Up. Nun stellen wir uns mal vor, dass die Autowerkstätte, der Supermarkt, der Zahnarzt oder die Reinigung nur noch an 4 Tagen / Woche arbeitet… Schön, dass versucht wird neue Wege zu gehen. Sollte es als Allheilmittel propagiert werden? Nun ja, stellen wir uns mal vor, dass… siehe oben. Wo es durchführbar ist: nur zu.

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