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re:publica: Make Love not Porn

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et’s talk about Sex – und wie er sein sollte: die einmalige Cindy Gallop auf der re:publica 2012. 

Meine Nachbarin hatte sich schon die ganze Woche darauf gefreut: Erst ihren eigenen Vortag hinter sich haben und dann zu dem von Cindy Gallop zu gehen. Die Jungs vor uns hatten diffusere Pläne, hatten gehört es sei jetzt irgendwas mit Sex und Porno dran und beschlossen »dann lass auf jeden Fall bleiben«.

Es dauerte nur wenige Minuten, dann hing jeder in dem voll besetzen Saal an den Lippen der 52-jährigen Werbe-Ikone, Unternehmerin, Feministin und Webaktivistin, die sich mit ihren Metallic-High-Heels und »Mir gefällt Daumen«-Kettchen in die Mitte der Bühne stellte und redete.

Eine Stunde lang – und zwar darüber, wie Hardcore Porn aus dem Netz die sexuelle Erziehung junger Männer übernommen hat und was für eine Katastrophe das für das Liebesleben ist. Erfahrungen hat sie dabei jede Menge selbst gemacht. Sie wird nicht müde zu betonen, dass sie junge Männer dated, so in den Zwanzigern und, dass sie das gar nicht oft genug wiederholen kann, da es noch immer verurteilt wird.

Weil niemand sich traut, über Sex zu reden, denken junge Männer Sex bestehe aus Bonding, Erniedrigung, Deep Throat, Analverkehr und Gruppenvergewaltigung und auf ihrer Make Love Not Porn Website stellt sie diesen der Realität entgegen. Nicht mit erhobenem Zeigefinger, sondern mit Humor, beantwortet Anfragen und Anschuldigung selbst und versucht, dass man so ins Gespräch kommt.  

Über 200.000 Leute haben sich ihre TED-Rede auf YouTube angeschaut. Schimpfen sie im Kommentar, dass die jungen Männer die mit Gallop Sex haben ja besonders bedürftig sein müssen, kontert sie, es gäbe eben viele junge Männer, die Wohltätigkeitsarbeit lieben.

Sie verurteilt Pornografie nicht, hat viele Freunde in der Industrie und regen Austausch. Wogegen sie kämpft, ist die Unfähigkeit, über Sex zu reden, die fehlende Aufklärungsarbeit von Eltern und dem Rest der Welt. Schließlich sei Pornografie in 99,9% der Fälle von Männern für Männer gemacht, was dabei zählt, sei die Befriedigung des eigenen Geschlechts. Erschreckend sei auch, dass Männer, die täglich stundenlang Pornos schauen und dabei immer wieder masturbieren durch das Eindringen in die Frau und alles andere, was diese zu bieten hat, gar nicht mehr zum Orgasmus kommen können, sondern nur noch durch das eigene Hand anlegen. Eine Bankrotterklärung für die Liebe zwischen Mann und Frau ..

Ihr neuestes Projekt: Make Love Not Porn TV, das im Sommer gelauncht wird. Obwohl sie sich als »der feuchte Traum eines jedes Kapitalisten» sieht, hat es zwei Jahre gedauert, es zu finanzieren. Näheres will sie aber nicht verraten, nur so viel: »Ich werde das TV nicht selbst machen, sondern ihr werdet es tun – und ich hoffe, sehr viele von euch!«

Spätestens nach ihrem bejubelten Auftritt wundert es keinen mehr, dass man ihrer Website von dem Spruch empfangen wird: »Warum gehen, wenn du gallop-ieren kannst«.

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