ür kaum einen Beruf im interaktiven Umfeld gibt es mehr Bezeichnungen. Trotzdem: Ob UX Designer, Information Architect oder Online-Konzepter – sie alle konzipieren interaktive Anwendungen.
Abbildung: Stefan Bodeit, Freelance UX Architect, Hamburg (www.bodeit.de)
Jobbezeichnung: User Experience Designer (UX Designer), UX Architect, UX Consultant, Interaction Designer (IxD), Information Architect (IA), Online-Konzepter
Ausbildung: Designstudium mit Schwerpunkt Interaction Design, wie es zum Beispiel an der Hochschule für angewandte Wissenschaft und Kunst (HAWK) Hildesheim/Holzminden/Göttingen oder an der Fachhochschule Potsdam möglich ist
Gehälter (brutto): Als festangestellter Junior-Konzepter rund 2000 Euro, als UX Lead bis 6000 Euro, Freelancer (Senior) 600 bis 800 Euro Tagessatz
Gefragt, wie er zum UX Design gekommen ist, antwortet der freiberufliche UX Architect Stefan Bodeit aus Hamburg: »Ich bin der klassische Quereinsteiger.« Ursprünglich absolvierte er eine Ausbildung zum Werbekaufmann beim Radiosender FFN und entwickelte dort bereits Konzepte für Kooperationen. 1999, mitten im Internetboom, wechselte er zu Kabel New Media, wo er erst als Content Developer arbeitete und sich dann immer mehr in die Online-Konzeption »hineinwurstelte«. Seit 2000 – nach der Insolvenz der Agentur – ist Bodeit freiberuflich als Konzepter, dann als Information Architect und nun auch als UX Architect tätig.
Dieser Wandel der Bezeichnungen signalisiert, dass dieses Berufsbild ein breites Spektrum an Ausprägungen umfasst und dass das Nutzererlebnis bei der Konzeption zunehmen im Vordergrund steht. Im Kern geht es nämlich darum, Interaktionskonzepte für digitale Produkte zu entwickeln – seien es Websites, Portale, Anwendungen, die am Point of Sale laufen, oder Apps für mobile Geräte.
In Werbeagenturen werden sie meist als Konzepter bezeichnet. Der UX Designer konzipiert die Struktur eines interaktiven Produkts oder Services und sorgt damit für ungetrübte User Experience (UX). Stefan Bodeit definiert das so: »Als UX Architect bin ich dafür verantwortlich, dass das Endprodukt stabil läuft, dass es nützlich ist, dass die Usability stimmt, dass es schön aussieht und dem User ein tolles Erlebnis bereitet.« Er legt auch fest, wann der Einsatz von Medien wie Video, Audio oder Fotos Sinn macht.
Was braucht der User wirklich?
Die Herausforderung des Konzipierens erklärt Stefan Bodeit am Beispiel eines Check-out-Prozesses bei einer E-Commerce-Anwendung: »Während ich den Bezahlprozess entwerfe, frage ich mich immer wieder: Was erwartet der User davor, was danach, welche Wahlmöglichkeiten braucht er wirklich, was kann ich weglassen? Die Überlegungen gehen runter bis zu der Entscheidung, welche Knöpfe ich wo positioniere.« Erst danach kommt der Visual Designer an die Reihe und entscheidet, welche Farbe und Form der Button haben soll.
»Als UX Designer muss man sich in den Nutzer hineinversetzen können und das Produkt oder den Service aus seiner Sicht gestalten«, so Bodeit. Dafür muss man nicht nur dreidimensional, sondern vor allem auch quer denken können, denn oft stellt sich im Zusammenhang mit der Usability eines Produkts auch die Frage nach neuen Interaktionsformen jenseits gängiger Eingabegeräte wie Maus, Tastatur und Touchscreen. Das Handwerkszeug des UX Designers sind Papier und Stift, mit denen er die ersten Scribbles zeichnet.
»Auch Wireframing-Tools wie Axure, Balsamiq oder Wirefy gehören dazu. Mit ihnen erstelle ich erste Klickdummys, anhand derer ich das Konzept auf seine Machbarkeit hin überprüfe und dem Team und Kunden schon einmal einen erlebbaren Einblick vermittle.« Manchmal lädt Bodeit auch befreundete Experten ein, wenn der Projektplan (mal wieder) nicht ausreichend Zeit fürs Testing vorsieht. »Das ist aber enorm wichtig, um herauszufinden, ob man wirklich im Sinne des Users gearbeitet hat.«
»Als Konzepter braucht man eine harte Schale. Man muss die Wünsche des Nutzers vertreten, dem Kunden eine Lösung anbieten, Design und Development steuern und die eigene Meinung dabei nicht vergessen«, erklärt Bodeit. »Gefühlt führt man als Konzepter immer einen Mehrfrontenkrieg.« Dafür braucht man eine stabile Persönlichkeit, darf sich nicht scheuen, eine eigene Meinung zu vertreten, muss sich gut verkaufen können und als Person glaubwürdig rüberkommen. »Man muss stringent am Projekt bleiben und sich trauen zu sagen: Mir ist egal, was eure Tante, Schwester, Freundin dazu sagt, wir haben zusammen Personas entwickelt und richten uns bitte nach denen. Da muss man sich manchmal echt durchsetzen können«, erzählt Bodeit, der auch mal hartnäckig sein kann, wenn die Qualität auf dem Spiel steht.
Analytischer Verstand und Durchsetzungsfähigkeit
UX Designer sollten eine breite Allgemeinbildung haben und vor allem analytisch-abstrakt denken können. »Sie müssen recherchieren, für welche Zielgruppe sie das Produkt konzipieren. Auch zur Entwicklung der Personas gehört strukturelles Denken. Man muss in demografischen Daten herumwühlen und diese dann zu fiktiven Charakteren zusammensetzen«, so Bodeit. Bei der Erstellung der Informationsstruktur müssen UX Designer systematisch vorgehen und wissen, wie viele Navigationsebenen die Anwendung am besten haben sollte. Und nicht zuletzt müssen sie erkennen, welches Problem der Kunde hat und welche Lösung er braucht. Zumal man als UX Designer auch immer eine beratende Funktion hat. Wenn man eine mobile Strategie entwickeln soll, gilt es vorher zu überlegen, ob man eine große App baut oder lieber sukzessive fünf kleine, die jede für sich etwas wirklich gut können.
Ausbildung
Bisher gibt es kaum festgelegte Ausbildungswege zum Konzepter. Da man in diesem Beruf interdisziplinär denkt, kommen verschiedene Bildungswege in Betracht. Eine Ausbildung zum Mediengestalter für Digital und Print, Fachrichtung Konzeption und Visualisierung, schafft eine solide Basis, aber auch ein Designstudium mit Schwerpunkt Interaction Design oder ein Studium der Kommunikationswissenschaften, Pädagogik oder Psychologie eignet sich. Es ist wichtig, sich gut in andere hineinversetzen zu können.
Die nötige Erfahrung sammeln UX Designer als Praktikanten, Trainees oder während ihrer Zeit als Junior-Konzepter. »UX Design bietet noch immer gute Chancen für Quereinsteiger, während man als Visual Designer ohne Ausbildung gleich einpacken kann. Leute, die interdisziplinär denken und nicht so genau wissen, wo sie hingehören, sollten sich freuen, wenn sie in unserem Job landen, der Überblick sozusagen als Hauptaufgabe sieht«, resümiert Stefan Bodeit.
Weitere Jobprofile in der Kreativbranche finden Sie in unserem Artikel: Kreative Berufe: Jobprofile und Gehälter