Gegenstand von Planung, Design und Development von Digital Games sind das Game-Environment, die Spielregeln, die Spielphysik sowie die Game Characters. Am komplexen Prozess der professionellen Entwicklung digitaler Spiele sind in der Regel viele Spezialisten aus Spielentwicklung, Game Design, Level Design, Character Design, 2D- und 3D-Programmierung und -Animation sowie Computerspieltechnik beteiligt. Auch das Marketing sitzt früh mit im Boot, weil auch noch in der Entwicklung befindliche Spiele schon früh als Betaversion gespielt werden. Drehbuch, Spielkonzept und Storyboard sind ebenfalls wichtig fürs Game Design, aber auch Musik und Sounddesign sind für die Umsetzung eines Digital Games essenziell.
Game Designer arbeiten in sehr unterschiedlichen Arbeitsumgebungen, betreiben eigene kleine Game Design Studios oder sind Teil großer Design- und Entwicklungs-Units für umfangreiche und aufwendig gestaltete Spielgenres wie MMOGs (Massively Multiplayer Online Games) oder auch MMPORPGs (Massively Multiplayer Online Role-Playing Games) wie »World of Warcraft«, »Final Fantasy«, »Grand Theft Auto« et cetera.
Doch natürlich gibt es auch die kleineren Formate, etwa Social Games, Casual Games, Indie-Games, Browserspiele und Game-Apps für Handys, Smartphones und Tablets sowie Virtual Reality Games für VR-Brillen.
Der Markt der für die Spieleindustrie relevanten Abspielgeräte ist ständig in Bewegung und damit auch das Berufsfeld des Game Designers. Parallel zur technischen Entwicklung der Game-Devices kommen immer wieder neue Spielegenres und -formate auf, beispielsweise die beliebten Augmented-Reality-Games, in denen man aktiv draußen Aufgaben löst, nicht zu verwechseln mit den ungleich stärker immersiv angelegten Alternate Reality Games (ARGs), die den Spieler als aktiven Part durch eine individuell erlebte, nicht vorhersehbare Storyline führt.
Durch die technische Vervollkommnung und Massentauglichkeit der Abspielgeräte von Virtual-Reality-Inhalten verzeichnet der VR-Gaming-Bereich derzeit einen enormen Zuwachs der verfügbaren Spiele.
Konzipiert und testet man nicht gerade Augmented- oder Alternate-Reality-Games im offenen Feld, ist Game Design ein Job am Monitor; der Löwenanteil der Arbeit von Game-Designern und Game-Developern entfällt auf das Arbeiten mit Game Engines und Spieleentwicklungsplattformen zur Umsetzung von Charakteren, 2D- und 3D-Szenerien sowie der Spielphysik, die für die Konsistenz des Spielablaufs sorgt. Die bekanntesten Game-Design-Programme sind Unity, Unreal Engine und CryEngine.
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Mehr über anspruchsvolle Game-Design-Projekte mit WebGL gibt’s im PAGE eDossier »WebGL: Making-ofs & Workshops«
Ob ein Spiel funktioniert und Geld abwirft, hängt von vielen Faktoren ab – immer aber entscheidet das Gamedesign über Erfolg und Misserfolg. Stephan Freundorfer nennt fünf Determinanten, mit denen Spiele einschlagen
Erstveröffentlichung dieses Beitrags: WEAVE 02.2012 / Autor: Stephan Freundorfer
1. Einfach, aber nicht simpel
2. Optionen anbieten
3. Immersion erzeugen
4. Innovation wagen
5. Spaß perfektionieren
6. Buchtipp
7. Interview mit Christopher Schmitz, Head of Production, Blue Byte
8. Interview mit Thomas Bedenk, Gamedesigner, Manager und Gewinner des Deutschen Entwicklerpreises 2011 in der Kategorie »Bestes Gamedesign«, Brightside Games
»Avoid missing ball for highscore«, so lautet das komplette Regelwerk für das erste kommerziell erfolgreiche elektronische Spiel »Pong«. Das 1972 vom US-Videospielpionier Atari entworfene Bildschirmtennis beherzt ein entscheidendes Prinzip für gutes Gamedesign: Die Spielregeln müssen kurz und eingängig sein, insbesondere in Zeiten, in denen selbst ein übersichtliches Gerät wie das iPad mit Multitouch-Screen, Bewegungssensoren und Kameras ausgesprochen komplexe Bedienkonzepte eröffnet. Denn auch anspruchsvollere Spiele müssen es dem Nutzer leicht machen. »Einfach zu lernen, aber schwer zu meistern«, heißt das wichtige Designprinzip.
Die Ausgewogenheit der Lernkurve ist ein wichtiges Postulat von Kritikern und Publikum – extreme Ausschläge machen das Spiel entweder frustrierend oder langweilig. Die »Super Mario«-Spiele des japanischen Designgenies Shigeru Miyamoto zum Beispiel halten sich ganz konsequent an diese Einfachheitsregel: Selbst für den Anfänger ist es leicht, Erfolge zu erzielen. Um weiterzukommen, braucht man nicht mehr zu tun, als das Ende des Levels zu erreichen. Mit der Übung kommt das Verstehen der virtuellen Welt. Da der Spieler bereits bestandene Level wiederholen darf, kann er seine neuen Fähigkeiten unter Beweis stellen und Bereiche sowie Belohnungen entdecken, die ihm anfangs vorenthalten waren.
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Frust und Langweile sind auch für den Nordiren David Perry, einen der profiliertesten europäischen Entwickler (»Earthworm Jim«, »Messiah«), die größten Feinde des Spielemachers. »Wahlmöglichkeiten und Optionen sind die Mittel, um sie zu bekämpfen«, heißt es in seinem 1000-Seiten-Wälzer »David Perry on Game Design«. Freiheit und Vielfalt zeichnen viele moderne Triple-A-Produktionen auf Konsole und PC aus, neben dem mitreißenden roten Faden bieten viele erfolgreiche Spiele eine große Bandbreite möglicher Aktionen in einer detailliert ausgeschmückten Welt.
Auch bei der »Grand Theft Auto«-Serie von Rockstar Games besteht der Hauptgrund, warum die Reihe mehr als 114 Millionen Abnehmer fand, in der spielerischen Freiheit. Oft verliert sich der Spieler für Stunden in den Straßen der glaubhaften Parallelwelt-Metropolen, cruist in einem geklauten Auto durch die Gegend, fährt Boot, fliegt mit dem Helikopter, vergnügt sich bei Bowling und Darts oder hängt im Internetcafé ab (in »GTA 4« kann er auf fiktiven Websites surfen). Der rote Faden, die Story mit ihren Aufgaben, ist dennoch stets präsent, egal welche Abzweigung der Spieler wählt. »Grand Theft Auto« legt dem Spieler eine Welt zu Füßen – wie er sie erobert, entscheidet er selbst. Das ist das Konzept »Freiheit« in Perfektion.
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Gute Gamedesigner lassen Spieler heute in stimmige Universen eintauchen, in kleinteilige Welten, die ein gewaltiges Maß an Interaktion erlauben und dadurch die Identifikation mit dem Avatar maximieren. Diese Immersion wird häufig mit einem gewaltigen Aufwand erkauft, Gamedesigner, Grafiker und Programmierer müssen die Szenerien im Detail erschaffen und die ungewöhnlichsten Aktionen des Spielers antizipieren. Es muss Grenzen geben, aber sie sollten besser unsichtbar bleiben.
Eine überzeugende Architektur der Welt und ein nachvollziehbares Regelwerk müssen den Spieler leiten, ohne ihn einzuengen – in »Batman Arkham City« (Rocksteady Studios) etwa gibt das Szenario sie glaubhaft vor: Schließlich hat sich ganz Arkham City zum stark befestigten Freiluftgefängnis gewandelt, innerhalb dessen Mauern sich der Spieler nach Belieben bewegen kann.
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Eine beliebte Gamedesign-Regel lautet »Baue auf Bekanntem auf«. Es hat seinen Grund, warum die meisten Bestseller aus erprobten Genres stammen oder Fortsetzungen sind. Nur sehr wenige Spielekreative erlauben es sich, diese Regel erfolgreich zu missachten. Der Amerikaner Will Wright ist einer dieser Wenigen. Er erdachte und entwickelte in den 1990ern »Die Sims« für seine Firma Maxis und erntete für seine Idee einer Lebenssimulation massive Ablehnung: »Es klang so banal. Du putzt das Klo, bringst den Müll raus. Wo sich damals doch die meisten Spiele darum drehten, die Welt zu retten«, erinnert sich Wright. Das ungewöhnliche Spiel mit dem Alltag avancierte jedoch zum Superhit, zur bestverkauften PC-Games-Marke, zu einer vielteiligen Serie, die es auf über 150 Millionen verkaufte Einheiten brachte.
Woher kam dieser unerwartete Erfolg? »Ich bemerkte – auch an mir selbst –, dass Menschen von Natur aus narzisstisch sind. Was sich um sie selbst dreht, ist zehnmal faszinierender als alles andere. Egal, wie langweilig es ist«, so Wright. Eine innovative Idee, gepaart mit eigener Alltagserfahrung kann der Grundstein für erfolgreiches Gamedesign sein – muss es allerdings nicht. So blieb Wright 2008 mit seinem Evolutionsspiel »Spore«, ebenfalls bei Maxis entwickelt, hinter den Verkaufserwartungen weit zurück.
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Sicher kann man von jedem Produkt der US-Ausnahme-Entwickler Blizzard Entertainment etwas über Design lernen – am meisten aber von dem Titel, der die Spieleindustrie in der letzten Dekade am stärksten geprägt hat: »World of Warcraft«. Das Online-Rollenspiel, das nach sieben Jahren immer noch über zehn Millionen monatlich zahlende User vorweisen kann, hat das einst spröde Geek-Genre für den Massenmarkt erschlossen und beeinflusst das Design der grafischen Benutzeroberfläche, das Missionsdesign, sprich die Gestaltung der unterschiedlichen Aufgaben, sowie die Spielmechanik von so gut wie jedem neu erscheinenden MMOG (Massively Multiplayer Online Game).
Neben der stimmigen Gestaltung der »WoW«-Welt beruht die Faszination auf dem konstanten und verlässlichen Feedback der Aktionen des Spielers. Wer eine Runde »WoW« spielt, kann sicher sein, dass er für seinen Einsatz belohnt wird – immer und ausnahmslos. Dies ist auch einer der Gründe, warum so viele Menschen in Blizzards Fantasy-Welt flüchten: In der Realität ist positives Feedback auf persönliche Anstrengungen nicht immer zeitnah und sicher. Das perfektionierte Belohnungssystem von »WoW« lässt aber auch kleine Anstrengungen zum Erfolg werden, sodass das Spiel verlässlich Spaß macht.
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David Perry, Rusel DeMaria (Hg.): David Perry on Game Design – A Brainstorming Toolbox, Boston (Cengage Learning Emea) 2009, 1040 Seiten. 33,40 Euro. ISBN 978-1584506683
Christopher Schmitz, Head of Production, Blue Byte
Herr Schmitz, was ist für Sie gutes Gamedesign?
Gutes Gamedesign ist, wenn das Produkt den gesteckten Zielen entspricht und der Weg zum Endprodukt planbar und strukturiert erfolgt. Dazu gehört, dass alle mit der Entwicklung beschäftigten Abteilungen immer informiert sind und eine klare Vision des Endprodukts haben.
Gibt es für den Entwickler qualitative Kriterien, die den Erfolg des Produkts fördern?
Accessibility ist eine wichtige Vorgabe, wonach der Entwickler bei jedem Produkt eine Strategie darüber vorlegen muss, wie der Spieler möglichst intuitiv in die Spielregeln eingeführt werden kann. Und der Flow ist ein Kriterium, demzufolge man dem Spieler immer das richtige Maß an Herausforderungen bieten muss, damit er weder überfordert noch gelangweilt ist.
Lässt sich gutes Gamedesign erlernen?
Ja, definitiv. Es gibt zwar Leute mit mehr oder weniger Talent, aber mit genug Praxis kann sich jeder deutlich verbessern. Gamedesigner ist zwar noch kein staatlicher Ausbildungsberuf, es gibt aber Möglichkeiten des privat finanzierten Studiums wie die Media-Design-Hochschulen oder die Games Academy. Die Kernkompetenz jedoch kommt durch die berufliche Praxis.
Ist gutes Marketing wichtiger für den Erfolg als gutes Design?
Es ist beides gleichermaßen wichtig. Gutes Marketing ist notwendig, um genug Spieler auf ein Spiel aufmerksam zu machen und sie dazu zu bringen, es zu spielen. Gutes Gamedesign wiederum ist notwendig, um auch dem Versprechen gerecht zu werden, das das Marketing dem Spieler gibt.
Haben sich mit Plattformen wie iPad oder Browser die Anforderungen an Gamedesigner verändert?
Grundlegend nicht. Im Bereich Browser oder iPad stellen sich zwar zusätzliche Anforderungen, etwa »Wie stellt man eine Ökonomie mit Tausenden Spielern dar?« oder »Wie verbinde ich die Bedienungsmöglichkeiten eines iPads am besten mit meinem Konzept?«. Aber ob ein Spiel grundsätzlich gut ist und Spaß macht, hängt hauptsächlich von dem Konzept selbst ab und nicht von der Plattform.
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Thomas Bedenk, Game Designer, Manager und Gewinner des Deutschen Entwicklerpreises 2011 in der Kategorie »Bestes Gamedesign«, Brightside Games
Herr Bedenk, was ist für Sie gutes Gamedesign?
Gutes Gamedesign bringt Spieler und Spiel in einem ergreifenden Erlebnis zusammen. Der Designer muss sich dieses Erlebnis vorstellen, es variieren und iterativ ausformulieren. Der anspruchsvolle Teil ist, dieses Ideal in der Praxis mit Leben zu füllen und den Anforderungen, die man selbst und andere an einen stellen, näher zu kommen.
Lässt sich gutes Gamedesign erlernen?
Natürlich. Man braucht viel Spielerfahrung, Wissen über User Interfaces, ein wenig Psychologie und technisches Wissen. Auch gestalterisches Talent, die Fähigkeit, Geschichten zu erzählen, ein Gefühl für Zahlen und Statistik und ein gutes Vorstellungsvermögen sind wichtig. Vor allem aber sollte man selbst viel Spaß daran haben, Neues zu erkunden, und nicht zu sehr in gefestigten Bahnen denken. Am einfachsten fällt mir gutes Gamedesign, wenn ich absolute kreative Freiheit habe. In der Praxis gibt es aber meist Druck, Einschränkungen oder Einfluss aus den unterschiedlichsten Richtungen.
Welches Spiel aus jüngster Zeit hat das perfekte Design?
Ein perfekt designtes Spiel gibt es nicht, da man jedes Spiel immer in verschiedene Richtungen entwickeln kann. Man ist eigentlich nie fertig. Aber irgendwann steht der Aufwand in keinem Verhältnis zu den Verbesserungen. Es ist Gefühlssache, wann sich das Spiel ausgewogen anfühlt. Ein paar, die mir in letzter Zeit besonders gut gefallen haben, sind zum Beispiel »Super Crossfire« (iOS) oder »Batman Arkham City« (PlayStation 3, Xbox 360, PC).
Haben sich mit iPad oder Browser die Anforderungen an den Designer verändert?
Nein, schon seit den Anfängen der Videogames, den Anfängen des Spiels überhaupt bleiben sie gleich. Natürlich verändern sich Teilaspekte, neue Wege der Interaktion werden erschlossen, technische Innovationen eröffnen neue Möglichkeiten, und neue Vermarktungsformen verlangen andere Designentscheidungen. Aber die Hauptaufgabe eines Gamedesigners bleibt, ein interessantes Spiel zu schaffen und den Spieler zu fesseln.
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