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Umwerfendes Werk: Die Farben der Natur

Bunte Federn, das Weiß des Augapfels, Lauchgrün oder Korallenrot: Lange bevor es Pantone-Fachfächer gab, zeigte das Werner-System »Die Farben der Natur«. Reich illustriert fächert dieses wunderschöne Buch sie auf.

Wo man überall besondere Farbtöne entdecken kann ist verblüffend. An dem Beingefieder eines Kampfläufers oder auf der Rückseite der Enzianblüte, in den Steinbrüchen von Carrara, dem Stempel der Geranie, an dem Flügelfleck der Knickente oder den Eiern der Blauen Schmeißfliege.

Der deutsche Geologe und Mineraloge Abraham Gottlob Werner, zu dessen Schülern Alexander von Humboldt gehörte, entwarf bereits Anfang des 19. Jahrhunderts ein Farbsystem, das 54 Farbtöne Mineralien zuordnete. Später ergänzte der berühmte schottische Pflanzenmaler Patrick Syme es mit Farben aus der Pflanzen- und Tierwelt und verdoppelte so die Anzahl der Farbtöne.

Farbspezialist Patrick Baty, dessen Vater 1960 das legendäre Londoner Farbengeschäft »Papers and Paints« gründete und der bereits 2019 das Buch »Die Natur der Farben« im DuMont Verlag veröffentlichte, hat Werners Standardwerk jetzt neu herausgegeben.

Überarbeit und mit mehr als 700 historischen Illustrationen, mit wunderschönen Abbildungen der Kuckuckseier aus der Sammlung des britischen Ornithologen Edgar Percival Chance, mit Gefiederzeichnungen und ausklappbaren Farbsystemen, Blicken in den menschlichen Körper, auf glänzende Käferpanzer und Nussschalen.

Feine Illustrationen, ausklappbare Farbsysteme

Man sieht historische Muschelsammlungen, die von Expeditionen der MS Endeavour (1768-1871) oder der HMS Beagle (1831-1836) stammen, feinlinierte Zeichnungen von Mineralien, Pflanzen oder dem menschlichen Augapfel, der von milchweißer Lederhaupt umgeben ist und das Herbarium der amerikanischen Schriftstellerin Emily Dickenson (1830-1886), die mehr als 420 Pflanzenmuster trocknete und presste.

So poetisch wie ihre Schriften sind auch manche der Farbbeschreibungen und auch Farbnamen wie Rauschgelborange oder Pflaumfarbenviolett. Aber es gibt durchaus auch Bezeichnungen, die Tacheles reden so wie Gallensteingelb oder das wenig ermunternde Aschgrau.

Begleitet werden die wunderschönen Illustrationen und die umfassenden Farbsysteme von Essays über Botanik, Zoologie, Mineralogie und Medizin. Sie erzählen von der Geschichte der Farbbestimmung, fragen wie subjektiv diese im Tierreich ist, erläutern die Farbwelt der Pflanzen oder erklären ihren Nutzen für die Medizin.

Anschließend wird man einen anderen Blick auf die Natur werfen, auf Blätter, Blüten und Gefieder, auf Steine, Mineralien oder Muscheln und die eigene Welt wird bunter werden.

Patrick Baty (Hg.): Die Farben der Natur ; etwa 288 Seiten, über 700 farbige Illustrationen, drei Ausklapptafeln, DuMont Verlag, 49 Euro, ISBN 978-3-8321-9990-6 (direkt beim Verlag bestellen)

Cover »Die Farben der Natur«, Dumont Verlag, 2021
Eisenerz (u.r.), aus: Johann Gottlob Kurr, The Mineral Kingdom, 1859
Gegenüberstellung verschiedener Finkenarten, A History of North American Birds, Bd. 1, 1905
Menschliches Auge aus: Précis iconographique de médecine opératoire et d’anatomie chirurgicale, 1848
Feuerkoralle aus: Georg Wolfgang Knorr, Deliciae naturae selectae, 1766
Die Blutgefäße in Brust- und Bauchraum, aus: Marc Jean Bourgery, Traité complet de l’anatomie de l’homme, 1831-1854
Langschwanzpipra, aus: Richard Brinsley Hinds, The Zoology of the Voyage of H. M. S. Sulphur, 1843

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