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Lucky Strike Rebranding – das denken die Experten

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Bild Lucky Strike

ucky Strike bekommt einen neuen Markenauftritt. Wir haben Design-Experten nach ihrer Meinung gefragt.

Mit dem Claim »It’s Toasted« schrieb ucky Strike, Zigarettenmarke der British American Tobacco Group, Werbegeschichte. Selbst in der TV-Serie »Mad Men« wird die Lucky Strike Kampagne thematisiert. Jetzt heißt es Goodybe für den alten Claim – Lucky Strike wird einem Rebranding unterzogen, bekommt ein neues Logo und veränderte Verpackungen. Auf der Webseite von Lucky Strike ist das neue Design bereits zu sehen. Anstelle des bisherigen, an eine Zielscheibe erinnernden Logos tritt ein roter Kreis, der mit einer Egyptienne, einer serifenbetonten Linear-Antiqua Schrift, kombiniert wird. Bisher nutzte das Lucky Strike Logo eine serifenlose Typografie.

Da der Markenauftritt auch im Lucky Strike Designer Award zitiert wird, ist damit zu rechnen, dass dieser auch einem Redesign unterzogen wird.

Wir haben Designexperten nach ihrer Meinung zum Rebranding gefragt. Hier kommen ihre Antworten:

Bild Lucky Strike Logo

Bild: das alte (links) und das neue Lucky Strike Logo (rechts)

Armin Angerer, Managing Partner Peter Schmidt Group

»Ich finde das Redesign erstaunlich – I am shocked. Die Fortsetzung einer Erfolgsgeschichte, auch die vorsichtige Veränderung einer Marke sieht anders aus. Hatte Lucky Strike tatsächlich so ein großes Problem, dass diese drastische Maßnahme ergriffen wurde? Ich denke, wenn es ein Problem gab, lag dieses sicher nicht am Logo, sondern an der immer gleichen, inhaltslosen Kampagne von Lucky Strike, die sich selbst gefeiert und die vom Logo gelebt hat. Ich hätte etwas anderes geändert, aber sicher nicht an einer Ikone gedreht. Das alte Logo war gut.«

Knut Maierhofer, Inhaber und Geschäftsführer von KMS TEAM

»Eine Legende weniger. Mit dem neuen Logo trifft Lucky Strike nicht ins Schwarze. Schon durch die farbliche Überarbeitung der Typographie verlor die markante Zielscheibe von Raymond Loewy vor einiger Zeit viel von ihrer Magie. Mit dem Redesign ist jetzt leider gar nichts mehr von ihr übrig. Eine Designikone weniger und ein echter Verlust. Genauso, also würde man den Schriftzug von Coca Cola oder den Mercedes-Stern radikal verändern. Mit dem neuen Logo von Lucky Strike ist das allgegenwärtige Retrodesign mit einiger Verspätung nun auch in der Tabakindustrie angekommen. Ein weiterer guter Grund, um mit dem Rauchen aufzuhören.«

Uli Mayer-Johanssen, Chairwoman of the Executive Board bei MetaDesign

»Mit der Überarbeitung des Verpackungsdesigns und insbesondere des Logos folgt Lucky Strike einem beliebten Retro-Trend. In Anlehnung an das Lucky Strike Logo aus dem Jahr 1875 soll das neue Markenzeichen dem Auftritt einen geschichtlichen Bezug verleihen und ihn enger mit der Gründungshistorie verknüpfen. Ähnliche visuelle Rückbesinnungen sind bei einigen anderen Marken gelungen, so z.B. war das für Nivea die richtige Strategie. Ob es für die Marke Lucky Strike der richtige Schritt ist, sich von einer Designikone, die Markengeschichte geschrieben hat, zu verabschieden, ist allerdings fraglich. Das alte Logo war ein Geniestreich in puncto Reduktion. Klassiker, die über Jahre gelernt sind, haben eine Qualität weit über ihre Zeit hinaus. Markenführung darf nicht über Geschmacksfragen entschieden werden, sondern Grundlage für die Entscheidung müssen die Prinzipien guter Markenführung sein. Unter diesem Gesichtspunkt sehe ich das Markenkapital eher gefährdet.«

Olaf Stein, Geschäftsführer Factor Design

»Ich rauche nicht. Aus diesem Grund ist mir persönlich das letzte Aufbäumen der Zigarettenindustrie egal. Dieses Rebranding zeigt doch die pure Verzweiflung der Branche und es wird auch nicht dazu beitragen den Zigarettenkonsum, der sich in den letzten zehn Jahren in Deutschland halbiert hat, wieder anzukurbeln. British American Tobacco hat eine Design-Ikone vernichtet. Ich finde es sehr bedauerlich, denn Raymond Loewy, der das Logo- und Packaging-Design entwickelte, schuf etwas, was seit nunmehr 73 Jahren in ähnlicher Art und Weise im Markt zu sehen war.

Die neue Lucky Strike Typografie sieht aus, als hätten die begleitenden Markenanwälte gefordert, der Schrift noch mehr Eigenständigkeit zu verleihen, um sie so leichter schützen zu können. Ich finde den ursprünglichen Entwurf von 1875 formal viel besser, als das von diesem Entwurf inspirierte Rebranding. Es hatte eine bewundernswerte Simplizität und Ausgewogenheit, dahingehend versucht das Rebranding unterschiedliche Gewichtungen zu schaffen, was am Ende völlig unentschlossen wirkt. LUCKY STRIKE – IT ENDED UP IN SMOKE …«

Prof. Rayan Abdullah, Geschäftsführer Markenbau

»Eine gut aufgestellte Marke wird zum Allgemeingut einer Gesellschaft. Es wird sicherlich nie passieren, dass beispielsweise der Chef von Mercedes das Firmenlogo ändern wird. Die Marke darf also nicht der Laune eines neuen Chefs oder Marketingleiters einer Firma folgen und damit neu gemacht werden, solange sie funktioniert hat. Die Erfindung Raymond Loweys von 1940, also dem ersten Relaunch der Lucky Strike-Marke, der zurecht mehrere Design-Preise für seine Arbeit bekommen hat, hinterlässt eine Einheit zwischen Form, Typografie, Farbe und Hintergrund, die seinesgleichen sucht. Diese Basiselemente platzierten sich auf der Verpackung in bester Form. Mit der Signalwirkung hat er die Zielgruppe enorm erweitert. Seine damalige Arbeit basierte auf seiner großen Erfahrung, aber auch einem pro Marke jeweils eigens entwickelten Stil, wofür er berühmt wurde. Die Marke Lucky  Strike kann sich mit dem Namen des Designers schmücken. Er sagte einmal: ‘Hässlichkeit verkauft sich schlecht.’ ??

Ein Redesign ist eine normalerweise behutsame und damit nicht sofort ins Auge springende, weil vordergründige Veränderung. Vielmehr muss es darum gehen, die bestehende Vorlage stilsicher zu optimieren und ihr dadurch einen Feinschliff zu verleihen. Mit dem hier vorgenommenen ‘Redesign’ wird die Marke Lucky Strike viel verlieren: Nicht nur die Zielgruppe wurde durch die langjährige hervorragende Kommunikationsarbeit geprägt, auch bei vielen Anderen war die Marke im Bewusstsein gesetzt und attraktiv. Durch die grundlegende Änderung des Logos wird dieser große Wiedererkennungseffekt fast zunichte gemacht und man muss wieder von Null anfangen. Dies – so darf man dem Unternehmen unterstellen – geht wohl mit hausinternen Unsicherheiten einher, die die Identität desselben in Frage stellen.??Wenn man das neue Design also unter die Lupe nimmt, sieht man, dass das Logo mit so viel Inhalt durch Schrift belastet wird, dass es buchstäblich fast platzt. Hier wurde wohl ein Logo mit einer Zeitung verwechselt. Die Klarheit und Einfachheit des bisherigen Designs sind bedauerlicherweise verschwunden.
Die Typografie wirkt auf Anhieb beladen und die Mischung zwischen serifenloser und serifenbetonter Schrift ist meiner Meinung nach zu viel. Die inhaltliche Information hat an dieser Stelle nichts zu suchen, dies spiegelt die typographische Überlastung wider. Für den Markenname eine serifenbetonte Schrift zu benutzen, finde ich nicht mehr zeitgemäß. Serifen beinhalten zusätzliche Informationen, die für das Einprägen der Marke beim Betrachter hinderlich sind. Das ist schädlich für eine Marke.«

Boris Rothenberg, selbständiger Designer und Kommunikationsberater

»Es gibt Marken, die berühren einen als Gestalter mehr oder weniger. Ganz klar gehört dazu das Erscheinungsbild der zur BAT gehörenden Zigarettenmarke Lucky Strike, die nicht erst seit der Werberlieblingsserie ‘Mad Men‘ Kultstatus genießt. Zumal wenn man man als Berufseinsteiger, Jungwerber und Raucher das ‘Glück’ hatte für eben diese Marke die Werbung mitmachen zu dürfen. Man erinnert sich voller Nostalgie an die rauchgeschwängerten Stunden im Brainstorming, um sich neue Claims und Visuals für dieses durch seine Erscheinung einzigartige Produkt ausgedacht zu haben, und wie stolz man darauf war, Teil der Marken- und Produktstrategie zu sein. Nun haben sich die Zeiten geändert. Werbung für Tabak darf keinen Spaß mehr machen. Die Zeiten von Don Draper finden nur noch im Fernsehen statt und ob es zeitgemäß und zielführend ist, eine so genannte Designikone an die Wünsche und Vorstellungen des 21. Jahrhunderts anzupassen, werden am Ende des Tages sowieso nur die Verkaufszahlen entscheiden. Wie heißt es doch so schön: Guter Geschmack setzt sich am Ende durch.«

Pia Schneider, Creative Director Design Scholz & Friends

»British American Tobacco spricht davon, dass starke Marken mit der Zeit gehen müssen oder besser noch Trends setzen. Mit dem neuen Lucky-Strike-Logo springt das Tabak-Unternehmen jedoch auf einen Trend auf, den es schon seit ein paar Jahren gibt. Mit einem Retro-/Handmade-Look wie diesem sind sie definitiv nicht ihrer Zeit voraus. Ich halte es für falsch, eine Marke mit dieser starken Markentypik so radikal zu verändern. Ein Markenzeichen muss zwar mit der Zeit gehen, sich aber lieber stetig weiterentwickeln und besser zeitlos als trendy sein.
Das neue Logo ist an sich nicht schlecht umgesetzt, auf den neuen Packungen wirkt es weicher und eleganter. Es ist aber auch viel austauschbarer, gefälliger geworden und hat durch seine Kleinteiligkeit an Plakativität verloren.
Man kann das alte Logo mögen oder nicht, es hatte durch das Bullseye eine hohe Wiedererkennbarkeit, eine Idee hinter der Gestaltung und ist über die Jahre – auch durch die sehr erfolgreiche Kampagne – zur Marken-Ikone geworden. Ich bin deshalb vor allem gespannt, wie das neue Design in der Kommunikation umgesetzt wird.«

Prof. Dr. Michael Erlhoff, be design

»In der Tat bin ich fassungslos über die Veränderung dieses Erscheinungsbildes, wirkt das neue doch sehr banal und völlig aufgesetzt nostalgisch. Es zerstört gewissermaßen den gesamten Mythos der Lucky Strike und normalisiert das. Allerdings, und das wurde leider auch in Design-Magazinen in der jüngsten Vergangenheit nie diskutiert: De facto wurde das Erscheinungsbild ja schon längst durch die juristischen Entscheidungen der EU zerstört, eben durch die dummen Anmerkungen auf den Packungen. Insofern könnte man fast sagen, das neue Erscheinungsbild würde nun den Raymond Loewy sogar schützen.«

Bild Lucky Strike

Bild: Das neue Packaging von Lucky Strike »Straight Blue«

 

 

Bild Lucky Strike

Bild: Das neue Packaging von Lucky Strike »Straight Red«

 

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Kommentare zu diesem Artikel

  1. Von einer weißen Schrift auf rotem Grund ließe ich mich überzeugen. Nur dass ein angeblicher Widererkennungswert einer derart häßlichen Typo bedarf stelle ich absolut in Frage.
    Noch schlimmer haben es die Markendesigner bei der Verunstaltung der Fireleaf-Tabak Verpackung getrieben – der R.A. Patterson-Schriftzug um den Kreis in einem Grau, dass wohl an Silber erinnern soll, aber sich leider auf dem inzwischen totgesagten Rotverlauf nicht mal abhebt. Dazu ein “Luckies”-Aufdruck, dessen Typo an die olle Clementine erinnert oder sonstige Waschmittel-Assoziationen beschwört. Die ehemals innen mit Alu beschichtete Verpackung wurde durch 08/15-Plastik getauscht – ob der Inhalt noch der gleich ist: hier bin ich ernsthaft ins Grübeln gekommen.

    Nur eines ist totsicher gelungen: Die Diskussion über die Marke wurde angeheizt. Aber an den langfristigen Erfolg einer negativen Fixierung in der Werbung glaube ich nicht – nur daran, dass die Marke einen Schaden erlitten hat, der nicht mehr gut zu machen ist.

  2. Das alte Logo war einer der großen Marken-Klassiker. Was nun geschehen ist, ist kein Relaunch sondern reine Selbstzerstörung… unfassbar wie jemand so etwas verantworten kann.

  3. Sicherlich ist das alte Lucky Strike Logo eine Design-Ikone und es ist schade, dass es so nicht mehr auf der Packung zu sehen sein wird. Allerdings denke ich, dass das neue Retro-Logo den Gegebenheiten des akuellen Packungsgesigns mit EU-Warnhinweis geschuldet ist und damit auch viel besser funktioniert. Sicherlich spielt auch die Vielzahl von neuen Billig-Zigaretten eine Rolle, so dass sich British American Tobacco überlegt hat das Traditions-Image stärker zu betonen (die Jahreszahl ist auch viel deutlicher zu lesen). Unter den gegeben Umständen finde ich diese gestalterische Reaktion schon verständlich

    Eine weitere kleine Image-Pflege findet übrigens ganz am Rand (der Verpackung) statt. Auf der Seite und dem Boden der Verpackung ist statt dem gewohnten Lucky Strike jetzt Luckies zu lesen.

  4. Ich finde den Nostalgie-Retro-Whatever-Look den gescheiterten Versuch auf einen schon fahrenden Zug aufzuspringen.

    Doch muss ich in einem Punkt Herrn Prof. Abdullah widersprechen. Man kann nicht verallgemeinern, dass serifenbetonte Schriften für diese oder eine andere Marke nicht mehr zeitgemäß seien und das Einprägen der Marke in jedem Falle erschweren würden.

    Meiner Meinung nach können Serifen durchaus für das Einprägen einer Marke dienlich sein und dem Betrachter die Wiedererkennung erleichtern. Sie bieten ein große Vielfalt an Differenzierung unter den einzelnen Schriftarten.

    Bei vielen aktuellen Rebrandings werden serifenlose Schriften verwendet, die für mich oft zu austauschbar wirken.

  5. Ich muss zugeben, ich habe dieses Laster.
    Ich rauche bzw habe immer mal gern eine Lucky Strike Red geraucht.
    Aber als ich heute morgen am Kiosk stand, sah ich diese Potthässliche Schachtel.
    Ich hab mir gesagt ich werde keine Schachtel Lucky Strike mehr anrühren solange dieses Ding das Design verschandelt.
    Und ich hoffe, da denken viele genauso.
    Gut am besten wäre es ganz aufzuhören.
    MfG Alex

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