Thiemo Frömbergs lässt mit seiner VR-Installation »Rinde – Haut der Bäume« das unsichtbare Leben unter der Borke lebendig werden
Naturschöne Textur: Per Physically-based Rendering lässt Thiemo Frömberg auf dem virtuellen Baumrindenmodell eine borkige Oberfläche mit Schuppen und Furchen, farbigen Flechten und Moosen entstehen. Feine Partikel visualisieren die Lebendigkeit des Materials.
Folkwang Universität der Künste, Essen. Die Haut der Bäume bietet diesen nicht nur Schutz vor Krankheiten, Feuchtigkeit und Feuer, sondern auch Käfern, Spinnen und Fliegen ein Zuhause. Um das mysteriöse Leben unter der Borke und ihre stete, für den Menschen unsichtbare Veränderung geht es in Thiemo Frömbergs Installation »Rinde – Haut der Bäume«, die er im 5. Semester im Fach Kommunikationsdesign entwickelte. Haptisch erfahrbare analoge Rindenexponate kombinierte er mit interaktiven Echtzeitrenderings zweier Rindenstücke, die mit der HTC Vive im virtuellen Raum lebendig werden.
In der interaktiven Rauminstallation von Thiemo Frömberg werden Rindenstücke von Esche und Fichte nicht nur haptisch erlebbar, sondern in VR lebendig
»Ich habe bewusst ein scheinbar einfaches Material gesucht, dessen Beschaffenheit man auf komplexe und neuartige Weise vermitteln kann«, beschreibt Frömberg sein Konzept. Auf Waldspaziergängen fotografierte er zunächst Baumrinden und nahm Umgebungsgeräusche auf. Nach den heftigen Stürmen im März sammelte er in der Haardt im Pfälzerwald die Exponate und programmierte ihre digitalen Zwillinge sowie die Anwendung in TouchDesigner, die aus den Fotos in Echtzeit physikalisch basierte Renderings der Rindenstücke erzeugt.
Frömbergs Installation sieht vor, dass man sich zunächst mit den haptischen Eigenarten der Rindenstücke und den Waldgeräuschen am Fundort vertraut macht, um dann an zwei interaktiven Stationen unter die Oberfläche zu blicken. An Tischen erfassen Leap-Motion-Sensoren die Handbewegungen der Betrachtenden per Infrarot und senden die Trackingdaten an die TouchDesigner-Anwendung, die dann je nach Handposition diverse Aktionen auslöst. So beginnt beim Berühren der realen Exponate ihr digitales Abbild zu wabern, zu pulsieren und sich neu zu bilden. Blaue Partikel visualisieren Photosyntheseprodukte und gelbe die Kommunikation mit Botenstoffen und bringen so die Lebendigkeit und Wandlungsfähigkeit des Materials zum Ausdruck.
Im Uhrzeigersinn durchläuft man die Installation und interagiert an zwei Stationen auch virtuell mit den Exponaten.
Während an der ersten Station die Visualisierung auf eine Leinwand projiziert wird, kann man sie an der zweiten Station in VR noch immersiver erleben: »Die Irritation zwischen optischem und haptischem Erlebnis spielt mit den Erwartungen der Betrachtenden. Man nimmt das Material viel intensiver wahr und kann plötzlich etwas vermeintlich Unbelebtes, Alltägliches mehr wertschätzen«, so Frömberg.
In VR sind die digitalen Rindenstücke an der exakt gleichen Stelle positioniert wie die physischen Exponate im realen Raum
Der gelernte Mediengestalter Thiemo Frömberg denkt noch über ein Thema für seine Bachelorarbeit nach. Wir tippen, dass es mit Informations- und Interaktionsdesign sowie Virtual Reality zu tun haben wird