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»Nur wenn wir Verpackungen hochwertig recyceln, können wir aus ihnen gleichwertige neue machen«

Worauf kommt es heute bei der Gestaltung von nachhaltigen Verpackungen an? Packaging-Experte Uwe Melichar klärt auf über Plastikvermeidung und hochwertiges Recycling.

Uwe Melichar

Nach dem Motto »Wert steigern, Abfall verringern« konzentriert sich Uwe Melichar in seiner Hamburger Agentur Melichar Bros. auf die Entwicklung nach­­hal­tiger Verpackungen und berät Unterneh­men auf diesem Gebiet. Außerdem ist er Präsi­dent der European Brand & Packaging Design Association. Wir sprachen mit ihm über dringend nötige Verbesserungen im Plastikre­cyc­ling und neue, überzeugende Verpackungslösungen.

Immer mehr Marken ersetzen in ihren Packagings Plastik durch Papier. Ein guter Ansatz?
Uwe Melichar: Oft ja, aber nicht immer. Plastik ist nicht per se böse und Papier nicht automatisch gut. Man muss ganz genau schauen, welche Aufgabe eine Verpackung hat. Wohin muss sie transportiert werden? Wie soll sie sich öffnen und schließen lassen? In welchen Mengen wird sie hergestellt? Dann ist Plastik an einigen Stellen durchaus sinnvoll – aber eben möglichst im Kreis gehalten.

Das heißt, an einer Flasche aus recyceltem Plastik ist an sich nichts auszusetzen?
Nein. Das Plastik ist ja ohnehin in der Welt. Die Aufgabe ist, so wenig wie möglich neues herzustellen und das, was schon da ist, gut zu recyceln. Und hier liegt das Problem: Wir müssen den Anteil hochwertigen Recyclings erhöhen. Denn nur wenn wir Verpa­ckungen hochwertig recyceln, können wir aus ihnen gleichwertige neue machen.

Wie hoch ist dieser Anteil denn?
Laut der Ellen MacArthur Foundation werden gerade mal 2 Prozent der etwa 78 Millionen Tonnen Kunststoff, die jedes Jahr weltweit frisch produziert werden, hochwertig recycelt. 8 Prozent werden down­ge­­cycelt für die berühmten Blumentöpfe, Parkbänke oder Straßenbeläge. Den Rest verschiffen wir ir­gend­wohin in die Welt oder verbrennen ihn.

Warum ist es so schwierig, Plastik qualitativ hochwertig zu recyceln?
Weil es keine Standards, sondern circa 20 000 verschiedene Plastikrezepturen gibt – die lassen sich kaum sortenrein trennen.

Was ist also zu tun?
Verschiedene Initiativen, zum Beispiel R-Cycle oder HolyGrail 2.0, arbeiten daran, Plastikverpackungen mit einem digitalen Wasserzeichen zu versehen, ent­weder auf einem Etikett oder auch als Struktur direkt im Material. Scanner beim Recyclingbetrieb können dies dann auslesen, sodass man weiß: Aha, hier kommt eine Flasche, die besteht aus transparentem PET und hat einen Deckel aus weißem PET. Dann lässt sich das entsprechend sortenrein trennen.

Was hältst du von Verpackungen aus nachwachsenden Rohstoffen?
Wir müssen es unbedingt schaffen, von fossilen Roh­stoffen wegzukommen und nachwachsende zu verwenden. Da gibt es tolle Beispiele und Materialien, Sulapac aus Finnland zum Beispiel. Das besteht aus Holzchips und hat ähnliche Eigenschaften wie Plas­tik, ist aber zu 100 Prozent biologisch abbaubar. Und zwar nicht nur industriell kompostierbar, sondern ich kann es im Garten vergraben oder einfach auf meinen Kompost werfen.

Außerdem bin ich großer Fan von PaperFoam, der Weiterentwicklung des Eierkartons. Es handelt sich hierbei um einen Papiermatsch mit Stärkeanteil, der sich wie Kunststoff spritzen lässt, sodass man unterschiedliche Geometrien realisieren kann. Nach Gebrauch können die Packungen ins Altpapier. Die Telekom nutzt PaperFoam bereits, und es gibt das Material jetzt auch als Inlay für Pralinen. Wie viel Plas­tik hätte es gespart, wenn alle Adventskalender solche Inlays gehabt hätten.

Warum haben solche überzeugenden Ansätze es so schwer, sich durchzusetzen?
Zum einen ist da die mächtige Plastiklobby. Zum an­deren kann man in Behälter aus Sulapack keine Flüs­sigkeiten füllen – das ist ja auch das Dilemma bei den Coffee-to-go-Bechern: Es ist fast unmöglich, ei­ne Bar­riere zu finden, die dafür sorgt, dass der heiße Kaffee im Becher bleibt, und die sich anschließend sofort zersetzt.

Aber es gibt ja auch schon Barrierebeschichtungen aus biobasiertem Material.
Ja, und die sind sicher besser als solche aus fossilen Rohstoffen. The nu company aus Leipzig etwa nutzt für ihre nucao-Riegel eine Zellulosefolie als Barriere, das funktioniert ziemlich gut. Aber es bleibt das Recyclingproblem. Auch Zellulose ist ein Fremdkör­per im Papierkreislauf. Die Fasern sind so miteinander verbunden, dass sie sich nur in spezialisierten Verfahren trennen lassen. Und die sind so aufwendig, dass sie kaum jemand anwendet.

Woher weiß ich als Verbraucher, welches Plastik »gut« ist, sich also hochwertig recyceln lässt?
Da haben wir in Deutschland ein großes Kommu­ni­kationsdefizit. Persönlich fände ich ein Ampel­sys­­tem sehr gut, das mir sagt, woraus die Verpackung be­steht und was das für ihre Entsorgung bedeutet. In England beispielsweise stehen dazu klare Hinweise auf der Packung. Leider sind die Müllsam­mel­sys­teme in den verschiedenen Ländern sehr un­ter­schied­lich. Was hier in den Gelben Sack kommt, gehört in den Niederlanden vielleicht ins Altpapier und in England in den Restmüll. Übrigens sollten wir nicht vergessen, dass es gut ist, Verpackungen zu recyceln, noch besser aber, solche zu nutzen, die sich wiederverwenden lassen.

Wie die Edelstahlbehälter der Eiscreme Häagen Dazs?
Zum Beispiel, hinter diesen Eisbehältern steckt das Unternehmen Ter­raCycle, das auch die E-Com­merce-Plattform Loop betreibt. Sie setzt auf wieder befüllbare Produktverpackungen, zum Beispiel ein Deo in einem Metallgehäuse – das steht bei Tesco in Eng­land im Regal. Man zahlt ein Pfand, und wenn das Deo aufgebraucht ist, wirft man die Verpackung in einen Con­tainer bei Tesco und bekommt sein Pfand aufs Handy gutgeschrieben. Das Gehäuse wird dann neu bestückt und kommt wieder in Umlauf. Den Ge­danken, dass verschiedene Unternehmen die gleiche Verpackung – jeweils nur mit ihrem Branding – nutzen, finde ich wunderbar.

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