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Niemals wegducken: Daniel Josefsohns letzte Arbeiten

Eigentlich wollten wir heute von den Meisterkursen berichten, die Daniel Josefsohn im Rahmen der Ruhrtriennale gab – und dort auch selbst fotografierte. Dann hat uns die traurige Nachricht erreicht, dass der so große wie unbändige Fotograf am 13.8. verstorben ist.

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Wegducken gab es bei Daniel Josefsohn (1951-2016) nicht. Weder auf seinen Fotografien, die er einst in den wilden Partynächten in Berlin schoss. Noch in seiner Kampagne für MTV, die ihn berühmt machte, als er in den Neunzigern junge Leute porträtierte und sie mit Labeln wie »Miststück« oder »Konsumgeile Göre« versah.

Furchtlos brachte er 2006 die Stormtrooper aus Star Wars auf dem Platz des Himmlischen Friedens, fotografierte die Macher des Männermode-Labels Herr von Eden in Clockwork-Orange-Manier oder auf bunten Elefanten, ließ sie als Anzugträger mit Skelettgesichtern und Blumen im Haar durch den mexikanischen Tag der Toten tanzen und katapultierte das Label so in ungeahnte Höhen.

Wegducken gab es vor allem auch für ihn selbst nicht. Erst recht nicht, als ihn im November 2012 ein Schlaganfall niederstreckte und er sich zurück ins Leben kämpfte. »We tango a bit together« flachste er, als er bei den LeadAwards 2013 mit dem Publikumspreis in Gold ausgezeichnet wurde und sich dabei nicht nur auf seinen Stock, sondern auch auf den ZEITmagazin Chefredakteur Christoph Amend stützen musste. Im Jahr darauf dann beehrte er die LeadAwards im goldenen Anzug, um seine ebenso goldene Auszeichnung für seine tragikomische Fotokolumne Am Leben (Zeit Magazin Nr. 01 bis 30) entgegen zu nehmen. Immer bereit für das Risiko hat er sich mit all seiner Schwäche gezeigt – auch nackt im Rollstuhl mit einer »Hortensie vor dem Sack«, wie er selbst schrieb – und sie in eine Riesenstärke verwandelt.

Als letzten Freitag mit der Ruhrtriennale auch die Campustriennale eröffnet wurde, die mit Meisterkursen von Daniel Josefsohn und Julian Röder, erstmals die junge Fotografie fördert, konnte er nicht mehr dabei sein.

Gewohnt nonchalant Motto und Titel, die er seinen Meisterkursen gab – und in denen ein wahrer Josefsohn mitschwingt. »Wo du lebst, wo du liebst, und wofür du dein Geld ausgibst« machte er zum Thema woraus schließlich die Ausstellung und der Katalog BUDE BETT BARGELD entstand.

Eine Woche hatten die jungen Fotografen Louisa Boeszoermeny, Jakob Ganslmeier, Gregor Schmidt und Julian Slagman Zeit, ihre Arbeiten im Rahmen der Meisterkurse zu realisieren. Ihre Wege führten in eine Brieftaubenklinik, auf die Straßen von Bochum, zu einer Familie mit zwei Vätern in Essen oder dem teuersten Renaturierungsprojekt Deutschlands.

Auch Daniel Josefsohn selbst fotografierte für BUDE BETT BARGELD, zeigt einen Bild Zeitung lesenden Yuppie im Grünen und einen seiner immer wieder inszenierten Stormtrooper aus Star Wars, der den Helm abgelegt hat und nackt auf einem Betonsockel vor einer Ruhrgebietskulisse posiert. Sie gehören zu den letzten Arbeiten, die er vor seinem Tod realisierte.

Das gesamte Projekt ist online zu sehen, im Distanz Verlag ist ein es ist ein Katalog erschienen, der neben einem ausführlichen Gespräch mit Daniel Josefsohn und Julian Röder auch neue Arbeiten enthält, die die beiden Fotografen speziell für das Projekt fotografiert haben und zudem werden die gesamten Arbeiten während der Ruhrtriennale (bis 24.9.) in ausgewählten Foyers der Spielstätten zu sehen sein.

Lovely Planet Bochum
Bild: Jakob Ganslmeier
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Lovely Planet Bochum
Bild: Jakob Ganslmeier
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Lovely Planet Bochum
Bild: Jakob Ganslmeier
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Lovely Planet Bochum
Bild: Jakob Ganslmeier
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Lovely Planet Bochum
Bild: Jakob Ganslmeier
5/10
Mutterland
Bild: Julian Slagman
6/10
Airplay
Bild: Julian Slagman
7/10
Bude Bett Bargeld
Bild: Louisa Boeszoermeny
8/10
A40
Bild: Louisa Boeszoermeny
9/10
Familienbild
Bild: Gregor Schmidt
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Porträt oben: © Daniel Josefsohn

 

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