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Ovum: AR-Experience visualisisiert Schadstoffe

Thiemo Frömbergs generative Datenskulpturen machen die Belastung der Umwelt durch Giftstoffe in Silbermöweneiern erlebbar.

Ovum AR-Rauminstallation Thiemo Frömberg
Die AR-Installation »Ovum – pollution shaped« zeigt die Entwicklung der Umweltbelastung in Silbermöweneiern. Bild: Thiemo Frömberg

Muthesius Kunsthochschule Kiel. Die Projekte von Thiemo Frömberg begeistern uns immer wieder. An der Schnittstelle von Design und Daten, Umweltschutz und Informationsvisualisierung sorgt nun auch seine jüngste Arbeit »OVUM – pollution shaped« im Fachbereich interaktives Informationsdesign dafür, dass wir aktuelle Umweltprobleme in ihrem Ausmaß besser verstehen und ihnen mehr Relevanz beimessen.

Umweltdaten als Basis

Ovum Konzept Thiemo Frömberg
Das Konzept zeigt die Daten als Liniendiagramm für jede Insel und jeden der vier Schadstoffe. Bild: Thiemo Frömberg

In diesem Fall geht es um die Giftstoffe im maritimen Ökosystem, die man in den Eiern von Silbermöwen sehr gut nachweisen kann. Um die Schadstoffbelastung in interaktiven AR-Skulpturen und einer Webanwendung zu visualisieren, nutzte Frömberg Daten von drei Vogelinseln in Norddeutschland: Mellum, Trischen (2xNordsee) und Heuwiese (1xOstsee). Diese stammen aus der Umweltprobenbank und basieren auf Proben, die Naturschützer dort einmal im Jahr sammeln, um sie an der Uni Trier analysieren zu lassen.

Frömberg interessierte sich vor allem für die Anreicherung oder Abnahme von Quecksilber, Arsen, Blei sowie Dioxinen und polychlorierten Biphenylen (PCB) über einen Zeitraum von mehreren Jahrzehnten. Für einige der Schadstoffe gelten in Lebensmitteln bestimmte Höchstwerte. Frömberg übernahm diese Grenzwerte in seine AR-Installation, um eine Vergleichbarkeit mit der Belastung der mittlerweile nicht mehr als Nahrungsmittel angesehenen Möweneier herzustellen.

Schwermetall-Materialien in TouchDesigner und Unity

Für jede Insel und jeden Schadstoff generierte Frömberg anschließend 3D-Meshes in Touchdesigner, die die jeweilige Entwicklung der Belastung in einer Art fließendem Diagramm darstellen. Je größer die Menge eines Giftes, desto höher, größer und deformierter wirken die Teile der Skulptur; je weniger Gifte, desto tiefer, kleiner, runder und harmonischer. Die jeweiligen Grenzwerte visualisiert eine semitransparente Fläche. Zudem sind einzelne Datenpunkte durch feine Linien sowohl Miteinander als auch mit einer Zeitleiste und zusätzlichen Textinformationen auf dem Boden verbunden.

Ovum TouchDesigner Screenshot
In TouchDesigner entstanden aus den Umweltdaten zunächst 3D-Meshes Bild: Thiemo Frömberg

Die finale Anwendung für die Meta Quest 3 entwickelte Frömberg in Unity. Hier bekamen die 3D-Meshes neben den entsprechenden metallischen Texturen im Inneren und besonderen Materialeigenschaften auch zusätzliche Interaktionsebenen. So soll man die Skulpturen und vor allem die giftigen Metalle im Inneren berühren. Tut man das, sorgt eine Stoff-Eigenschaft des Materials dafür, dass sich das Metall dickflüssig verhält und am Finger zu kleben scheint. In Unity fügte Frömberg auch eine Soundspur hinzu, die aus Geräuschen von Eierschalen und Field-Recordings in Kollaboration mit Musiker Sebastian Langer entstand.

Ovum-AR-Experience

Zu Beginn der AR-Anwendung stehen User:innen im einem übergroßen Vogelnest mitten zwischen Möweneiern und könnten den Eindruck bekommen, sie seien in einer reinen VR-Welt. Doch das täuscht. Nach und nach fadet die Szenerie aus, die Skulpturen ein und Nutzer:innen nehmen langsam wieder ihre reale Umgebung wahr.

Ovum Installation Thiemo Frömberg
Die AR-Installation korrespondiert mit realen Artefakten im Raum. Bild: Thiemo Frömberg

Das ist wichtig, weil die Anwendung bzw. die Datenskulpturen mit dem realen Raum korrespondieren. Zur Verortung der Skulpturen hängen Satellitenaufnahmen der Vogelinseln darüber. Unter den Bildern befindet sich außerdem je eine Vitrine mit einem echten Ei-Exponat, das eine Leihgabe des Zoologischen Museums Kiel war.

So sehen Nutzer:innen sofort, zu welcher Insel die Skulptur gehört, mit der sie sich beschäftigen. Sie können dann per virtueller Navigationstafel, die sich beim Betrachten der eigenen Handinnenfläche öffnet, zwischen den einzelnen Giftstoffen wechseln und den Einfluss verschiedener Verbote oder Umweltereignisse direkt nachvollziehen.

Ovum Möweneier Exponate Bild: Thiemo Frömberg
Die Exponate aus dem Zoologischen Museum Kiel sowie zusätzlichen Informationen zur entsprechenden Insel ergänzen die Ausstellung Bild: Thiemo Frömberg

»Zum Beispiel hat das Verbot von verbleitem Benzin eine wirklich große Verbesserung hinsichtlich der Bleibelastung gezeigt, Hochwasser der Elbe führten hingegen zu höheren Belastungen, da sie zusätzliche Gifte ausspülen«, erklärt Frömberg.

Ovum-360°-Website

Wer sich für die interaktiven Datenvisualisierungen interessiert, kann »OVUM – pollution shaped« jederzeit auf einer 360°-Website einsehen, die Frömberg in Cables realisiert hat. Um zu navigieren kann man mit der linken Maustaste schwenken, mit der rechten schieben und mit dem Scrollrad zoomen. Über Schieberegler im Control-Panel rechts wechselt man zwischen den Inseln, darunter zwischen den Giftstoffen.

Ovum Cabels Interface Website Thiemo Frömberg
In Cables entwickelte Frömberg die 360 -Website für Ovum Bild: Thiemo Frömberg
Ovum Website Cables Bild: Thiemo Frömberg
Auf der 360 -Website lassen sich die Skulpturen ähnlich wie in der AR-Installation von allen Seiten erkunden. Bild: Thiemo Frömberg

Weitere Projekte von Thiemo Frömberg findet ihr hier:

Thiemo Frömberg Portrait

Seit seinem Kommunikationsdesign Bachelorstudium an der Folkwang Universität der Künste fokussiert sich Thiemo Förmberg auf Interaction- und Informationsdesign und bringt Skills aus dem klassischen Grafikdesign mit Umweltthematiken, virtueller Realität, generativer Gestaltung, Klang- und Bewegungsinteraktion im Raum multisensorisch zusammen.

Dabei bildet das Mensch-Naturverhältnis meist den inhaltlichen Schwerpunkt. Das Masterstudium in Kiel dient vor allem zur Vertiefung im Bereich Wissenschaftskommunikation, Fokussierung auf das Meer und einer stärker wissenschaftlich forschenden Herangehensweise. Nebenbei bleibt Thiemo der analogen Illustration und Ornithologie treu. https://thiemofroemberg.de

 

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