Wie funktionieren Auftragsakquise und Selfmarketing in Corona-Zeiten? Wir verraten, was Freelancer, Selbstständige und kleine Studios jetzt tun können, um gestärkt aus der Krise hervorzugehen. Mit Tipps zu Profilschärfung, Akquise und Promotion
Viele Gestalter bekommen die Auswirkungen des Corona-Lockdowns erst jetzt zu spüren. Während sie im März und April noch laufende Projekte abarbeiten und in Rechnung stellen konnten, machen sich spätestens seit Mai verschobene und ausbleibende Aufträge bemerkbar. Wie von den Designverbänden befürchtet – und in einem offenen Brief an das Bundeswirtschaftsministerium formuliert –, kommt die Krise bei den Selbstständigen und Kleinunternehmen der Kreativbranche zeitversetzt an. Und damit zu einem Zeitpunkt, an dem die Soforthilfe vielerorts bereits ausgelaufen ist.
»Ich habe das Glück, gerade noch an einem Job zu sitzen, der schon vor der Corona-Phase startete, und habe daher im Moment noch keine Probleme«, sagt zum Beispiel Lena Steinkühler, Freelancerin im Bereich Motion und 3D Design aus Hamburg. »Aber sobald der zu Ende ist, könnte es schwierig werden. Schon jetzt merke ich, dass viel weniger Anfragen kommen als vor der Pandemie. Es könnte sein, dass ich den Sommer über oder eventuell länger kaum etwas zu tun habe.« Noch hat Lena Steinkühler – wie viele andere Freelancer und Studios, die gut gewirtschaftet haben – finanzielle Rücklagen, um durch diese Durststrecke zu kommen. Aber ewig werden diese Polster nicht reichen. Viele Existenzen stehen und fallen mit der Zeit, die diese Flaute andauern wird. Die meisten selbstständigen Gestalter, mit denen wir gesprochen haben, befürchten, dass es spätestens ab Herbst eng wird.
Natürlich sind nicht alle gleichermaßen betroffen. Eventfotografen und Messedesigner bekommen den Einbruch unmittelbarer und härter zu spüren als Digital Designer und Markenstrategen. Ebenso spielt die Kundenstruktur eine Rolle: Wer vornehmlich für Gastronomie oder Tourismus arbeitet, hat mehr zu kämpfen als Studios mit Auftraggebern aus der Biotech-Industrie. »Besonders trifft es diejenigen, die ihr Kundenportfolio nicht breit genug angelegt haben, und solche, die keine Rücklagen gebildet haben. Das sind zwei wichtige Faustregeln des Freelancens, deren Relevanz gerade in Krisenzeiten deutlich wird«, erklärt Lars Kreyenhagen, Geschäftsführer der Personalberatung Markenpersonal in Hamburg.
Statt den Kopf in den Sand zu stecken, sollte man den Blick nach vorne richten: An welchen Schrauben kann man drehen, um gut durch die Krise zu kommen – oder zumindest danach gut aufgestellt zu sein? »Wir dürfen nicht in der Opferrolle verharren«, sagt Juliana Danner, Gründerin der Job-Matching-Plattform On and Offer. »Nicht vergessen: Mit der Selbst- ständigkeit haben wir uns bewusst dazu entschieden, für uns selbst verantwortlich zu sein.«
Skills schärfen, neue Geschäftsmodelle, Herzensprojekte
Nur weil keine Aufträge da sind, heißt das nicht, dass es nichts zu tun gibt. Viele Designer haben – zumindest nach der ersten Schockstarre – damit begonnen, eigene Projekte umzusetzen. Jetzt ist der perfekte Moment, um endlich die Herzensprojekte und Ideen zu realisieren, die einem schon länger im Kopf herumspuken. Ähnliches gilt für Pro-bono-Aktionen: »Es tut gut, die freie Zeit zu investieren, um Gutes zu tun«, sagt die Hamburger Illustratorin Lisa Tegtmeier. Sie hat unter anderem zwei Illustrationen zur Plattform »Designers Against Coronavirus« beigetragen, die Spenden für internationale Corona-Hilfen sammelt. Auch Initiativen und Websites, die den lokalen Handel unterstützen, sind vielerorts von Kreativen angestoßen und umgesetzt worden. Sowohl eigene als auch Pro-bono-Projekte eignen sich zudem hervorragend, um das Portfolio anzureichern und darüber zukünftige Kunden auf sich aufmerksam zu machen.
Die Pflege sämtlicher Plattformen von Behance über Dribbble bis Instagram und der eigenen Website ist überhaupt eine gute Zeitinvestition – ebenso wie das Erledigen von Orga-Aufgaben, die sonst oft liegen bleiben, wie Projekte dokumentieren, Desktop aufräumen, Ordner sortieren, SEO oder das Vorbereiten von Pitch Decks. Alles Maßnahmen, damit das Geschäft schnell wieder anlaufen kann, sobald die Wirtschaft hochfährt. Ebenfalls sinnvoll: Weiterbildung. Nicht wenige Gestalter nutzen die Chance, um ihre Skills zu schärfen oder neue zu erwerben. Sei es durch Coding-Kurse oder Adobe-Tutorials: So viele Angebote wie jetzt gab es selten – viele davon sogar kostenlos oder vergünstigt. »Ich bilde mich gerade in Coding und Animation weiter. Das ist gut für den Kopf und macht Spaß«, sagt die Hamburger Freelance-Designerin Ann Eckert, die bisher eher auf Print ausgerichtet ist.
Victoria Ringleb, Geschäftsführerin der Allianz Deutscher Designer, rät darüber hinaus, zu überlegen, wie man jenseits des Auftragsgeschäfts noch Geld verdienen könnte. Illustratoren und Grafikdesigner können Prints, Postkarten, Pins und Kleidung mit ihren Designs herstellen und verkaufen, aber auch digitale Services wie Whitepaper, Webinare und Tutorials stellen eine zusätzliche Einnahmequelle dar. Sie sind außerdem eine Möglichkeit, sich als Experte zu positionieren – denn diese stehen immer hoch im Kurs, auch (oder gerade!) in Krisenzeiten. All diese Dinge helfen dabei, sich für die Zukunft aufzustellen. Aber was kann man tun, um sofort oder möglichst bald an Aufträge zu gelangen?
Die wenigsten Kreativen sagen von sich, dass sie aktiv Akquise betreiben würden. Allerdings hängt dies oft von der Definition des Begriffs ab. Viele denken dabei an Klinkenputzen und ungefragte Anrufe. Aber Akquise ist viel mehr – Kundenbindung gehört ebenso dazu wie Netzwerken oder die Selbstdarstellung in Web und Social Media. Das sind Sachen, die alle mehr oder weniger tun – und es hilft, diese strategisch anzugehen. Noch mehr als sonst müssen sich Kreative die Frage stellen, was Unternehmen (und die Welt) jetzt brauchen und sich entsprechend ausrichten – entweder indem sie ihre Leistungen anpassen oder sich gezielt an bestimmte Branchen wenden. Das können Kunden sein, die kaum von der Krise betroffen sind oder gar davon profitieren, oder solche, die sich verändern müssen und dabei Unterstützung brauchen. Morphoria in Düsseldorf bekommt zurzeit zum Beispiel Anfragen von Institutionen aus dem Kulturbereich, die sich digitalisieren wollen. Daraus ist sogar ein Neuauftrag während der Krise entstanden: Für die Bundeskunsthalle in Bonn hat das Designstudio statt eines Katalogs eine Website gestaltet.
Kaltakquise ist derzeit allerdings keine gute Idee – darin sind sich alle einig. Wesentlich sinnvoller und erfolgversprechender ist es, den Dialog mit früheren sowie Bestandskunden zu suchen und zu fragen, wie es ihnen geht, was sie vorhaben und wobei sie Hilfe benötigen – und ihnen gut zuzuhören! »Bei direkter Akquise kann man sich derzeit leicht die Finger verbrennen. Es ist besonders wichtig, behutsam und mit viel Feingefühl vorzugehen«, rät Jessica Hartmann, Freelancer-Beraterin bei Markenpersonal. Das sieht auch Susanne Diemann so, Gründerin von Stark am Markt, einer Businessberatung für Kreative. Sie gibt derzeit viele Online-Seminare zum Thema »Akquirieren in der Krise« und rät: »Man muss die Kunden dort abholen, wo sie jetzt stehen. Das gelingt am besten, indem man das Gespräch sucht und nachfragt.« Ausschlaggebend sei dabei, nicht nur zu Akquisezwecken anzurufen, sondern echtes Interesse zu bekunden. »Die menschliche Ebene ist gegenwärtig noch wichtiger als ohnehin schon«, erklärt sie.
Die digitalen Netzwerke lassen sich laut Susanne Diemann nutzen, um Kontakte zu reaktivieren und um herauszufinden, was die Unternehmen momentan umtreibt. »Indem man geteilte Inhalte kommentiert und relevante Informationen postet, signalisiert man, dass man das Problem versteht und in der Lage ist, ihnen zu helfen.«
Tipp: Kreativität großzügig einsetzen
Christian Büning, selbstständiger Designer und Präsidiumsmitglied im BDG, sieht in der Krise auch eine Chance für eine zeitgemäße Neudefinition von Design: »Wir können nun unsere Beratungskompetenz unter Beweis stellen und früher in Projekte miteinbezogen werden. Viele Unternehmen investieren jetzt in ihre Zukunft und brauchen dabei strategische Unterstützung.« Wer von sich aus Vorschläge macht oder sogar in Vorleistung geht, zeigt, dass er nicht nur mitdenkt, sondern einen essenziellen Beitrag zum Erfolg (oder auch zum Überleben) des Geschäfts seiner Kunden leisten kann.
So hat das Hamburger Designstudio Bräutigam & Rotermund für seinen Kunden Küstenperle, ein Hotel in Büsum, proaktiv und kostenfrei ein Corona-Icon-Set für die Wiedereröffnung entworfen. Und bungalow kreativbüro aus Würzburg hat zwei seiner Kunden für eine Kooperation zusammengebracht: Unter dem Namen »VolvoXpress« liefert das Restaurant Volvox sein Essen mit Wagen des Volvo-Autohauses Faber aus – ein »match made in heaven«. »Als Kreative haben wir oft einen anderen Blick auf die Dinge und kommen dadurch auf besondere, neue Ideen«, so bungalow-Mitgründer Alexander Elsner. Und nie sind außergewöhnliche Lösungen gefragter als in Krisenzeiten.
Dass viele Kreative in der Not auf Rabatte zurückgreifen, um Aufträge zu gewinnen, ist verständlich – aber falsch. »Wie erklärt man, dass die Leistungen plötzlich billiger sind? Man schwächt damit seine Verhandlungsposition – vor allem für die Zukunft«, warnt Christian Büning. Auch Victoria Ringleb rät ab: »Schon ein Rabatt von 2 Prozent hat verheerende Auswirkungen auf den Return on Investment!«
Gleichzeitig gilt: Wenn die Unternehmen nicht überleben, bleiben auch in Zukunft Aufträge aus. Und es hilft, sich in der Krise als verständnisvoller Partner zu positionieren – aber eben in Maßen. Denkbar sind etwa Ratenzahlungen, das Anbieten von Leistungspaketen, alternative Gegenleistungen wie Reichweite oder Testimonials und die Vereinbarung von Folgeaufträgen. Bei Letzterem sollte man jedoch keinesfalls die Klausel vergessen, dass die Zahlung auch dann fällig wird, wenn die Nachbeauftragung nicht erfolgt, mahnt Ringleb. Partnerschaftlichkeit gilt für beide Seiten: »Deals sollte man nur bei gegenseitigem Entgegenkommen machen – und nur solange man kostendeckend bleibt«, so Jessica Hartmann.
Wer Nutzungsrechte abrechnet, kann bei diesen an der Preisschraube drehen. So hat es zum Beispiel Illustratorin Lisa Tegtmeier bei den Verhandlungen mit einem italienischen Kaufhaus gemacht: »Der Preis für meine Leistung bleibt derselbe, aber bei den Nutzungsrechten bin ich deutlich runtergegangen. Die wären für den geplanten Umfang normalerweise wesentlich höher gewesen. Solange man offen und ehrlich darüber spricht und sich in der Mitte trifft, ist das eine gute Lösung.«
Durchhalten und zuversichtlich bleiben
Die Zeiten sind hart und Existenzängste real – daran gibt es nichts zu beschönigen. Dennoch gewinnen viele Kreative der Situation auch Positives ab. »Vielleicht ist es gar nicht so schlecht, mal eine Pause einzulegen, um sich zu sammeln, neue Ideen entwickeln zu können und umzusetzen«, sagt Lena Steinkühler. Die Kreativen von bungalow haben mit #stayhappy sogar eine ganze Kampagne entworfen, die gute Laune und Optimismus verbreitet. Martha Starke vom Designstudio morgen. aus Hamburg bezeichnet die aktuelle Situation als eine »unheimlich inspirierende Zeit« und als Möglichkeit, gesellschaftliches Miteinander neu zu denken. Und Christian Büning nutzt den gewonnenen Freiraum auch dazu, um seine Work-Life-Balance zu reflektieren: »Will ich nach der Krise wirklich wieder elf Stunden am Tag im Büro sitzen?«.
Klar ist aber auch, dass nicht alle so gelassen mit der Situation umgehen können – und vor allem nicht die ganze Zeit. Eigene Projekte umsetzen, neue Skills lernen, eigene Website aufbauen: Das alles braucht Motivation und Disziplin. Dass wir die nicht an jedem Tag aufbringen können, ist vollkommen normal. Durchhänger und schlechte Laune ebenso. Vielen hilft dann die Kommunikation mit Gleichgesinnten. »Der Austausch in der Kreativ-Community ist ohnehin schon sehr eng, vor allem auf Instagram. Mit Beginn des Lockdowns hat das noch einmal deutlich zugenommen«, sagt Lisa Tegtmeier. Sich gegenseitig zu unterstützen – moralisch, finanziell oder durch Weiterempfehlungen – sowie das Zusammenarbeiten an gemeinsamen Projekten sind jetzt wichtiger denn je.
Denn eines steht fest: Kreativität ist ganz besonders in Krisenzeiten gefragt. Sie wird für den Wiederaufbau und die Neuausrichtung von Unternehmen und ganzen Branchen eine entscheidende Rolle spielen. »Das Geschäft wird wieder anziehen. Haltet durch und nutzt die Zeit, so gut ihr könnt«, sagt Lars Kreyenhagen von Markenpersonal. Dem schließen wir uns an. Stay happy!
Die Kreativbranche ist vielfältig und jede Situation individuell. Hier verraten Selbstständige, kleine Studios und Freelancer, was ihnen geholfen hat, wie ihre berufliche Situation gerade aussieht und geben Tipps, worauf man achten sollte.
Uns hat die Krise gar nicht so hart getroffen, vor allem weil wir sehr digital aufgestellt sind. Ein paar Aufträge wurden verschoben, aber bisher nichts abgesagt. Trotzdem haben wir uns natürlich Gedanken gemacht, wie wir gut durch die Krise kommen. Dazu drei Beispiele:
1. FREI ARBEITEN
#stayhappy-Kampagne. Wir wollten der Welt etwas Positives geben, damit sich nicht alle in negativen Gedanken verlieren und daran erinnern, dass es weitergeht. Wir sind grundsätzlich optimistisch und haben diese Einstellung über die Kampagne verbreitet. Die Plakate, die wir in Würzburg und Berlin aufgehängt haben, kamen so gut an, dass wir sie jetzt in Sets über Instagram verkaufen. Außerdem hat sich die Sache auch als Akquiseaktion ausgezahlt, denn wir haben dadurch sogar einen neuen Auftrag gewonnen.
2. KUNDEN HELFEN
Kooperation anstoßen. In Notsituationen darf man seine Auftraggeber nicht vergessen! Wir haben zwei regionale Kunden für eine Kooperation zusammengebracht: Unter dem Titel »VolvoXpress« fährt das Würzburger Restaurant Volvox sein Essen jetzt mit Wagen des hiesigen Volvo-Autohauses Faber aus. Von der Aktion haben beide Seiten etwas – und wir stehen als Vermittler auch gut da.
3. IN DER KRISE ÜBERZEUGEN
Lockdown-Shooting. Mit einer Handcreme-Kampagne für Kneipp haben wir während des Lockdowns eine Fotoproduktion durchgeführt und konnten den Kunden so für uns gewinnen. Die Zusammenarbeit wurde mittlerweile mit neuen Produktionen fortgesetzt.
Martha Starke, Mitgründerin von morgen. in Hamburg
Uns geht es gut so weit, auch wenn das Virus natürlich allerhand durcheinandergewirbelt hat. Es fällt vieles aus – Projekte müssen um- und neu gedacht werden, aber die derzeit beispiellosen Umstände und Einschränkungen sehen wir als Chance, auf die wir dank unserer recht kleinen Strukturen und ausreichend Kreativität gut eingehen können. Der Corona-bedingte Ausnahmezustand öffnet vielleicht sogar Möglichkeitsräume, um nicht nur wirtschaftliches, sondern auch gesellschaftliches Miteinander zu reflektieren.
Viele Menschen spüren momentan, was ihnen wirklich fehlt. Durch die vielen Heimstunden wächst die Sehnsucht nach behutsamer Gemeinschaft und Öffentlichkeit. Umso wichtiger wird es, gemeinschaftsstiftende Orte zu gestalten. Aus kreativer Perspektive ist es eine unheimlich inspirierende Zeit!
Wir stehen mit unseren Kunden ohnehin immer in engem Kontakt, zu vielen haben wir ein freundschaftliches Verhältnis. Ehrlicher und offener Austausch ist gerade enorm wichtig – damit wir gut beraten können, aber auch damit wir als Studio langfristig planen können.
Bei mir sind die Jobs abgesagt worden, die noch in Planung waren, und es ist aktuell auch kein neues Projekt in Sicht. Dank den Rücklagen, die ich als Freelancer sowieso als Back-up habe, bin ich aber noch nicht wirklich beunruhigt. Momentan fühlt es sich an wie immer, wenn nicht viel los ist. Ich arbeite hauptsächlich mit Agenturen zusammen, und da ist eine Akquiserunde jetzt gerade nicht angebracht, da diese ja auch finanzielle Schwierigkeiten haben und Jobs derzeit eher intern als mit Freelancern umsetzen. Noch bin ich ganz entspannt, nervös werde ich erst, wenn bis Herbst keine neuen Aufträge reinkommen.
Ich selbst versuche momentan, a) ein paar Herzensprojekte pro bono zu unterstützen, b) mich endlich mit ein paar neuen Skills zu bewaffnen, die mir nach der Krise weiterhelfen und mein Hirn ein bisschen fordern, und c) die gewonnene Freizeit auch einfach mal als solche zu nutzen.
Ich war im Frühjahr in Chile im Urlaub, wo mich Corona erst spät erreicht hat. Im April mussten wir dann zurück nach Deutschland. Seitdem halte ich mich mit Projekten von Bestandskunden über Wasser, die mich zu etwa 40 Prozent auslasten. Demnächst bin ich aber wieder fast voll gebucht.
Wenn Zeit da ist, stecke ich sie in mein Portfolio und in eigene Projekte. Diese Art des Marketing führt dann meist von allein wieder zu neuen Kunden. Kürzlich hatte ich sogar eine Anfrage von einem Mobility-Start-up aus San Francisco. Daraus wurde aber leider nichts.
Ich versuche schon seit zwei Jahren, mich internationaler auszurichten und nur noch remote zu arbeiten. Das würde ich auch anderen empfehlen, denn die Zukunft wird immer digitaler – auch ohne Corona, aber mit natürlich erst recht. Das Einzige, was mich noch von einem Standort abhängig macht, ist das Finanzamt. Es wäre schön, wenn die sich demnächst auch mal digitalisieren könnten …
Generell kann ich nur empfehlen, sich genauso intensiv um das eigene Branding, Portfolio und Marketing zu kümmern, wie man es für ein Kundenprojekt tun würde, weil das den Einflussbereich weit über das eigene Netzwerk hinaus vergrößern kann. Und gerade heutzutage ist es dank No-Code-Tools wie Webflow so einfach wie noch nie, eine eigene Web-seite zu erstellen und zu pflegen.
Juliana Danner, Gründerin der Job-Matching-Plattform On and Offer, hat ein Workbook entwickelt, mit dem Selbstständige sich Schritt für Schritt für die Zukunft fit machen können. Hier einige Tipps daraus:
1. FINANZCHECK ZUR EXISTENZSICHERUNG
Um Pläne für die Zukunft entwickeln zu können, muss man die gegenwärtige Situation kennen. In einem ersten Schritt sollte man also eine Bestandsaufnahme machen und Einnahmen, Ausgaben und Liquidität erfassen. Hier werden meist schon die ersten Stellschrauben sichtbar: Wo kann ich sparen? Welche Ausgaben können warten? Wie lange halte ich durch? Muss ich einen Kredit aufnehmen oder Hilfe beantragen?
2. GESCHÄFTSMODELL ÜBERDENKEN
Jetzt gilt es, das eigene Angebot zu hinterfragen: Welche Leistungen sind weiterhin relevant, welche werden weniger gebucht, welche gar nicht mehr? Darauf folgt eine Bedarfsanalyse aus Sicht des Kunden: Welche Herausforderungen müssen sie bewältigen? Was brauchen sie dafür? Auf dieser Basis kann man sein Leistungsangebot anpassen: Welche Produkte und Services kann ich anbieten, um meine Kunden zu unterstützen? Diese neuen Angebote sollte man unbedingt im Dialog mit den Kunden konzipieren, um nicht am Bedarf vorbei zu entwickeln.
3. POSITIONIERUNG UND VERMARKTUNG
Die Neuausrichtung muss man kommunizieren, um sie an den Markt zu bringen. Welches Problem helfe ich zu lösen? Was bringt das dem Kunden? An wen richte ich mich damit und über welche Kanäle tue ich das am besten? Daraus ergibt sich zum Abschluss eine To-do-Liste für die nächsten Tage, Wochen und Monate.
Das On-and-Offer-Workbook »Neuausrichtung für Freelancer in Krisenzeiten« kann man hier herunterladen. Individuelle Beratungen bieten zudem Susanne Diemann, die Berufsverbände BDG und AGD sowie die Personalvermittlung Markenpersonal an.
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