Designer können Unternehmen zum Thema Nachhaltigkeit beraten – und den Wandel zu echtem Verständnis beschleunigen.
Spricht man über Nachhaltigkeit, ist die Zustimmung groß: Verbraucher wie Unternehmer finden das Thema wichtig und richtig. Doch zugleich produzieren wir alle pro Kopf gerechnet immer mehr Verpackungsmüll. Es gibt also einen Widerspruch zwischen eigenem Anspruch und gelebter Realität. Dabei funktionieren nachhaltige Lösungen im Kleinen oft gut: Sowohl die Kaffeekapseln von Halo als auch die bedruckten, transparenten Folienumverpackungen von Superseven lassen sich nach Gebrauch problemlos kompostieren. Woran scheitert also der Versuch, diesen Erfolg von Start-ups auf die Angebote der Marktführer zu übertragen, um in großen Volumen Ressourcen zu sparen?
Laut der Marken- und Designagentur Peter Schmidt Group gibt es hierauf zwei Antworten: Einerseits müssten etablierte Unternehmen eingespielte Abläufe und Lieferprozesse umstellen. Dies würde massive Investitionen erfordern, vor denen sich viele Entscheider scheuen. Andererseits seien viele innovative und nachhaltige Materialien noch zu teuer: Schon kleine Centbeträge schmelzen Margen ab, die über Jahrzehnte optimiert wurden.
Gestalter müssen daher nicht nur kreative Ideen liefern, sondern auch Antworten auf die Kostenfragen der Produzenten. Das neue Verpackungsgesetz ist hier ihr »Partner in Crime«: Es schreibt vor, dass jeder, der Verpackungen in den Verkehr bringt, diese registrieren muss – wofür je nach Menge und Verpackungsart unterschiedliche Gebühren anfallen. Bei ökologisch nachteiligen Verpackungen sind diese höher als bei umweltschonenden. So schwindet der Preisvorteil des Altbewährten und es entsteht gesunder Innovationsdruck.
Alternative Rohstoffe drängen in den Markt
Nicht alleine deswegen dringt Papier als Alternative zu Plastikverpackungen in neue Bereiche vor: Aktuell testet L’Oréal den Einsatz von Papiertuben im Kosmetikbereich; ein Joint Venture der Hersteller Alpla und BillerudKorsnäs wiederum entwickelt eine biobasierte, voll recycelbare Papierflasche. Immer relevanter werden zudem Papiere aus dem schnell nachwachsenden Rohstoff Gras, Ananasfasern sowie Kunststoffe aus Ocean Plastic.
Oft braucht es aber gar keine Materialinnovation, um Verpackungen nachhaltiger zu gestalten: IKEA beispielsweise verkauft seine Glühbirnen in einem schützenden Karton mit Sichtfenster, bei dem die Klarsichtfolie nicht mehr verklebt, sondern durch eine Faltung fixiert wird. So lassen sich Folie und Karton problemlos trennen und dem Recycling-Kreislauf zuführen. »Dieses Beispiel zeigt, welchen Beitrag Packaging Designer leisten können«, so Florian Schaake, der sich als Design Director bei der Peter Schmidt Group Nachhaltigkeitsthemen widmet:
»Sensibilisiert für Materialaufwände ist es unsere Aufgabe, den Ressourceneinsatz zu optimieren.«
Das Thema Nachhaltigkeit beschränkt sich jedoch nicht auf Verpackungen, es sollte auch Corporate Designer beschäftigen. Diese bilden die Schnittstelle zu Kunden, die oft über eigene Nachhaltigkeitsabteilungen verfügen. Mit deren Schlagkraft lassen sich Innovationen leichter vorantreiben, als man es alleine als Agentur könnte. Und natürlich können auch Unternehmensauftritte nachhaltig sein: Der Farbeinsatz, ein Verzicht auf chemisch gebleichtes Papier, die Implementierung unter Berücksichtigung der Produktlebenszyklen oder auch das Upcycling alter Elemente sind hier nur einige Faktoren.
Kreativprojekte als Beschleuniger des Umdenkens
Die besten und ehrlichsten Ergebnisse entstehen dabei nicht als Folge abstrakter Unternehmensziele, sondern aus innerer Überzeugung. Es bedarf also eines Umdenkens, das sich durch die emotionale Kraft selbstentwickelter Prototypen beschleunigen lässt. Ein Beispiel hierfür ist das Projekt Grace of Waste, das beim ADC Deutschland mit Silber in der Kategorie »Nachhaltiges Design« ausgezeichnet wurde: Bei dieser Initiative der Peter Schmidt Group wurde das Abfallprodukt Kaffeesatz zu einer pflegenden Seife aufbereitet. Die Verpackung besteht aus alten Kaffeebechern und auch die Schrift spart Druckfarbe. So hat Grace of Waste Kunden zum Nachdenken inspiriert – über die Abfälle, die im eigenen Produktionsprozess anfallen und den eigenen ökologischen Fußabdruck.
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