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Schüler mit Co-Design begeistern: Trickmisch

Eigene Trickfilme gestalten und dabei spielerisch Sprache lernen – Trickmisch-Mitgründerin Julia Kapelle erklärt das kooperative Lernkonzept für Kinder und Jugendliche

© Foto: Paul Spooren

Schüler der Mittelstufe sind nicht gerade dafür bekannt, sich mit vollem Eifer, totaler Konzentration und extremer Ausdauer dem Unterrichtsstoff zuzuwenden. Eher hängen sie schlapp auf ihren Stühlen rum, werfen mit ritualisierten Sprüchen um sich, gucken verbotenerweise auf ihre Handys und haben vor allem eins: null Bock. Ganz anders sieht es aus, wenn Trickmisch mit dem mobilen Sprachlabor anrückt. Innerhalb einer Woche entstehen bei diesen Schulworkshops im Legetrickverfahren kleine Filme, bei denen die Schüler ihr eigenes Ding machen können: zeichnen, animieren, texten, vertonen. Im Interview erzählt Trickmisch-Mitgründerin Julia Kapelle mehr über das kooperative Lernkonzept und wie man Schüler ermutigt, zu zeichnen und kreativ zu werden.

PDF-Download: PAGE 8.2019

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Wie würden ihr eure Rolle bei den Workshops mit den Schülern beschreiben?
Julia Kapelle: Wir wollen die perfekten Rahmenbedingungen für selbstständiges kreatives Handeln schaffen. Es geht dabei viel um Empowerment. Wir ermutigen jeden Schüler, sich anhand eigener Zeichnungen einzubringen. Bei Bedenken, dass sie nicht zeichnen können. Wir zeigen ihnen dann Bilder von anderen und geben grobe Anleitungen, zum Beispiel bezüglich der Proportionen. Das Wichtigste ist aber, dass es IHR Film wird. Wir moderieren in diesem Prozess und unterstützen sie bei der Dramaturgie. Das Animieren und Vertonen übernehmen die Schüler dann selbstständig.
Was für eine Arbeitshaltung haben die Schüler bei diesen Projekten?
Die Atmosphäre morgens ist eher wie in einem Atelier. Wenn ich reinkomme, sitzen alle schon an den Leuchttischen und wollen anfangen. Es ist schön zu sehen, wie sie dann völlig eintauchen, wie sie die Pausen vergessen und wie stolz sie auf ihre Produkte sind.

»Die Atmosphäre morgens ist eher wie in einem Atelier. Wenn ich reinkomme, sitzen alle schon an den Leuchttischen und wollen anfangen«

Wie viel Arbeit steckt in so einem Filmchen?
Man braucht 6 bis 12 Frames pro Sekunde, aber über die Abspielgeschwindigkeit lassen sich die Bewegungsabläufe nachträglich auch noch regulieren. Ein kurzer Film ist durchschnittlich drei Minuten lang und hat circa 2000 bis 3000 Frames.
Wie gelingt es, den unterschiedlichen Altersstufen gerecht zu werden?
Wir bieten drei verschiedene Formate: In der Unterstufe geht es darum, Geschichten zu erzählen, in der Mittel- und Oberstufe stärker um die Visualisierung von Poesie, und in der Oberstufe entwickeln wir Sachfilme und Beiträge zur Berufsvorbereitung oder zu Museumsbesuchen.
Beobachten Sie bei der Visualisierung kulturelle Unterschiede?
Asiatische Schüler haben oft einen viel grafischeren Zeichenstil, man merkt, dass sie mit grafischen Formensprachen von Anfang an vertraut sind.
Wie viel Ausdauer haben die Schüler?
Wir haben uns gewundert, wie lange sie manchmal an ihren Filmen arbeiten. Inzwischen gibt es neben den einwöchigen Workshops auch Arbeitsgruppen, die über ein halbes Jahr laufen. Wir dachten, die Schüler würden hier mehrere kurze Filme entwickeln, aber manchmal arbeiten sie ein halbes Jahr an einem einzigen Film und verhandeln dabei auch ihre Geschichten in der Gruppe weiter. Einer der Filme drehte sich zum Beispiel mal um eine Schlägerei auf dem Alexanderplatz. Im Laufe des halben Jahres bekam die Geschichte nach den Kommentaren der Mitschüler eine andere Wendung: Der Täter besucht das Opfer mit einem Blumenstrauß im Krankenhaus.

»Unser Ziel ist es, eine Schule von Schülern für Schüler zu schaffen«

Was galt es bei der Übertragung des Konzepts ins Digitale zu berücksichtigen?
Paul Geisler und ich wollten das Ganze möglichst dicht am Analogen halten. Ein schönes Detail ist beispielsweise, dass man die digitalen Figuren wie mit Gelenken bewegen kann. Auf der Trixmix.tv-Website basieren die Filme jeweils auf einem Skript, das die Position der Vektorgrafiken pro Frame angibt. Auf diese Weise wird der Film also erst beim Ausspielen generiert. Der Vorteil gegenüber dem analogen Verfahren: Man kann nachträglich einzelne Vektorgrafiken verändern.
Welche Funktionen bietet das digitale Bildwörterbuch?
Man kann darin zum Beispiel nach Bildwörtern suchen und sich dazu die von Schülern gesprochenen Audiofiles anhören. Außerdem ist es mit den Filmen vernetzt, man kann also den Ursprungsfilm zu jedem Zeichen finden oder nachschauen, welche Filme mit eigenen Zeichnungen entstanden sind. Inzwischen bietet das Bildwörterbuch aber noch mehr: Als wir merkten, wie viele Sprachen die Schüler sprechen, beschlossen wir, auch Worte aus anderen Sprachen aufzunehmen, zum Beispiel Arabisch oder Vietnamesisch.
Und was sind eure weiteren Pläne?
Unser Ziel ist es, eine Schule von Schülern für Schüler zu schaffen. Wir haben viele Ideen, wie man mit unserem Konzept auch Grammatik und Satzbau vermitteln könnte. Außerdem wollen wir den Bereich der Sachfilme und Erklärvideos weiter vorantreiben, weil sich die Schüler die Inhalte durch das Selbermachen tiefer einprägen.

Mehr über das Thema Co-Design lesen Sie in PAGE 08.19. Dort zeigen wir an unterschiedlichsten Projekten – vom Corporate Design für ein Museum bis zu Innovationsworkshops für Unternehmen –, wie Kreative partizipative Gestaltungsprozesse aufsetzen und ihre Zielgruppen als aktive Protagonisten in die Entwicklung von Designkonzepten einbeziehen.

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Hier drei im analogen Legetrickverfahren von Schulklassen produzierte Filme

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