
Digitale Veredelungen: Alles, was ihr wissen müsst!
Innerhalb weniger Minuten eine Kaltfolienprägung, einen Relieflack oder Glitter auf eine Drucksache bringen? Und das auch noch in kleinen Auflagen oder individualisiert? Mit einer digitalen Veredelung ist das kein Problem. Dabei sind die Ergebnisse rein visuell kaum von ihren analogen Pendants zu unterscheiden.
Von denen gibt es eine Menge. Die neusten Scodix-Maschinen Ultra 2500 SHD und Ultra 6500 SHD bieten 16 unterschiedliche Möglichkeiten der Veredelung – von Spot- und Relieflack über Braille, Glitter und Microembossing bis zu dreidimensionalen Sculpture-Veredelungen. Der Lack ist stets transparent, die Farbe unter dem Lack bestimmt die Farbe der Veredelung.
Digitale Veredelung ohne Hitze
Die Folien sind speziell auf die Scodix-Polymere abgestimmt. Da bei der digitalen Veredelung keine Hitze zum Einsatz kommt, kann man auch mehrmals hintereinander Lack und Folie aufbringen. So lassen sich mehrfarbige Effekte, aber eben auch Veredelungen wie das Microembossing erzielen.
Visuell gibt es dabei so gut wie keinen Unterschied zu analog veredelten Drucksachen. »Der erfahrene Hersteller mag hier minimale Unterschiede wahrnehmen, in der gebräuchlichen Anwendung ist die digitale Veredelung in Bezug auf Farbton, Haptik, Hochwertigkeit und Aufmerksamkeit identisch zur konventionellen«, erklärt Alexander Mende, Geschäftsführer der Druckereien Dürmeyer Print Media in Hamburg und Pinguin Druck in Berlin, die sich beide hochveredelten Druckprojekten verschrieben haben.




Welche Vorteile hat die digitale Veredelung?
Im Unterschied zur analogen Veredelung benötigt man keinerlei Werkzeuge – eine von der Druckvorstufe angelegte Form reicht aus. Klischees, beschichtete Siebe oder Prägestempel entfallen. Hinsichtlich der Schnelligkeit ist die digitale Veredelung ebenfalls überlegen, weil es keine Einrichtungszeiten der Maschinen braucht. Während die Maschineneinrichtung bei einer analogen Veredelung vier bis fünf Stunden, bei komplizierten Druckprodukten auch gerne doppelt so lange dauern kann, hat man bei der digitalen Veredelung das Ergebnis spätestens nach ein paar Minuten in der Hand.
Diese Schnelligkeit wiederum macht das Korrigieren leichter. Fällt beispielsweise nach dem ersten Bogen ein Fehler im Design auf, kann man ihn in der Vorstufe schnell verbessern. Ebenso lassen sich verschiedene Varianten eines Designs drucken – interessant für individualisierte Produkte und fürs Prototyping.
Digitale Veredelung ideal für kleine Auflagen
Alexander Mende ist ein Freund analoger Techniken – und hat neben zwei Siebdruck- und einer Heißfolienprägemaschine auch Scodix-Geräte in Betrieb. »Bei Dürmeyer nutzen wir für den Druck eine HP Indigo 7900 und veredeln mit einer Scodix Ultra 2000, bei Pinguin Druck haben wir vor Kurzem eine HP Indigo 12000 installiert und veredeln Offset- und Digitaldruck mit einer Scodix Ultra 6000 im Format bis 105 mal 75 Zentimeter«, so der Geschäftsführer.
Die analogen Maschinen kommen vor allem für größere Auflagen zum Einsatz. Denn bei hohen Auflagen und einer großen veredelten Fläche wird es mit einer digitalen Veredelung schnell teuer – das verwendete Polymer kostet etwa zehnmal so viel wie ein konventioneller Siebdrucklack. »Für kleinere Auflagen hat man mit der Scodix aber wirklich tolle Möglichkeiten«, so Alexander Mende. »Was man auch nicht vergessen darf: Mit digitalen Druck- und Veredelungsmaschinen im Betrieb ist es deutlich einfacher, Mitarbeiter zu finden. Die jüngeren Kollegen haben einfach mehr Lust und Zugang zu den digitalen Technologien.«


Welche Papiere kann man verwenden?
Dank ihrer schönen, natürlichen Haptik sind ungestrichene Papiere im Trend. Allerdings müssen sie für Digitaldruck und -veredelung mit einem Primer, einem Haftvermittler, versehen werden, weil sonst die Farbe nicht auf dem Papier hält. Das ist nicht nur ein Arbeitsschritt mehr, es besteht auch die Gefahr, dass der Primer vergilbt. Deswegen verzichtet beispielsweise Metapaper auf das Priming und bereitet stattdessen einige Sorten mit der i-tone-Technologie von Mohawk auf den Digitaldruck oder die digitale Veredelung vor.
Mit Rough Deluxe etwa hat Metapaper ein oberflächenveredeltes Naturpapier mit 30 Prozent Recyclinganteil für die digitale Veredelung im Sortiment. Gut geeignet ist auch Extramatt Recycling, ein reines Recyclingpapier mit der höchsten Weiße, die mit dem Blauen Engel vereinbar ist. Da das Papier leicht gestrichen ist, funktioniert es auch in der digitalen Veredelung. Momentan arbeitet Metapaper daran, die Sorte Extrarough auf die Scodix zu optimieren – ein Schritt, den sich der Papierdistributor vielleicht sparen kann …
Neue Technologien für ungeprimerte Papiere
Denn auch das war eine Neuigkeit auf der Drupa: Scodix veredelt jetzt auch ungestrichene, ungeprimerte Papiere. Möglich macht das die Technologie Multi Layer Enhancement, mit der sich nach Angaben von Scodix 80 Prozent dieser Materialien veredeln lassen. Bevor der Lack an der zu veredelnden Stelle aufgetragen wird, setzt die Maschine an genau dieser Stelle einen ersten Layer mit 50 Prozent weniger Polymer, um die offene Oberfläche des Papiers zu verschließen. Als zweiter Layer kommt dann der eigentliche Lack darüber. Der Vorteil liegt auf der Hand: Das Papier kann seinen Charakter behalten, und die Oberfläche wird nur dort, wo es wirklich notwendig ist, verschlossen.
Übrigens kommen neben Papier auch verschiedene andere Materialien für eine Veredelung in Frage. So hat Scodix bereits erfolgreich mit Leder und Vinyl experimentiert, aber auch Leinwand oder Textilien sind möglich.


Wann ist eine analoge Veredelung sinnvoller?
Bei Kleinstauflagen oder gar Einzelstücken ist die Entscheidung für eine digitale Veredelung leicht. Aber ab welcher Auflage ist es aus kaufmännischer Sicht sinnvoll, doch wieder auf eine analoge Veredelung zu setzen? Der Herstellerangabe, von 1 bis 20 000 Exemplaren sei die Scodix günstiger, widerspricht Alexander Mende. »Man muss schon bei zwei bis dreitausend Exemplaren anfangen zu rechnen und auch bedenken, dass die Auflage nicht alles ist. Es geht vor allem auch um die benötigte Menge an Lack.«
Will man ein Motiv mit großer Flächendeckung und entsprechend viel Lackverbrauch drucken, wird es mit dem teuren Scodix-Polymer schnell kostenintensiv. »Habe ich nur fünf oder zehn Prozent Lackauftrag, ist die Scodix vielleicht bis 8000 Exemplare wirtschaftlicher, bis 20 000 aber sicher nicht.« Ein weiterer Entscheidungsfaktor ist die Antwort auf die Frage, ob die Druckerei beide Technologien vor Ort hat. »Muss ich die Drucksache zum Veredeln zu einem externen Dienstleister bringen, verursacht das ja auch wieder Kosten, die in die Kalkulation einfließen müssen«, erläutert Alexander Mende.



Wie nachhaltig ist digital veredeln?
Eine digitale Veredelung ist immer eine Simulation bestehender analoger Veredelungen mittels Lack. Da kommt in Summe ganz schön viel Lack zusammen, der in puncto Nachhaltigkeit nicht gerade einen guten Ruf genießt. Aber auch hier hat sich in der letzten Zeit viel getan, die Lacke sind deutlich umweltfreundlicher geworden. So haben alle Scodix Polymere eine Zertifizierung nach der DIN EN 71. Die sogenannte Spielzeugnorm kennzeichnet gesundheitlich unbedenkliche Farben und Lacke.
Veredelt: Was darf ins Altpapier?
Aber lassen sich digital veredelte Drucksachen auch deinken und somit im Altpapier entsorgen? Die Western Michigan University sagt ja. Dorthin hatte Scodix eine Tonne veredelte Drucksachen geschickt – und zwar mit einer Flächendeckung von 15 Prozent. Ein hoher Wert, die durchschnittliche Flächendeckung liegt bei zweieinhalb bis drei Prozent. Die Wissenschaftler schredderten das Papier und unterzogen es im Labor diversen Tests. Mit 19 von 20 Punkten schnitt das Testmaterial sehr gut ab, mit Scodix-Veredelungen versehene Produkte dürfen das Recycling-Symbol verwenden und können in die Altpapiertonne.
Die Möglichkeiten der digitalen Veredelung sind beeindruckend, gerade auch das Tempo, in dem sie Gestalt annehmen. Verdrängen werden sie analoge Veredelungen aber wohl vorerst nicht, beide Techniken werden noch Jahre oder gar Jahrzehnte parallel existieren. Auch weil man gar nicht alles digital darstellen kann. Eine Blindprägung etwa, wohl die umweltfreundlichste Veredelung überhaupt, lässt sich digital nicht erzeugen. Ebensowenig ein Lasercut und alles andere, was eine Deformierung ins Papier hinein beinhaltet. Und auf derart schön verzierte Drucksachen wollen wir ja auch künftig nicht verzichten, oder?
16 Möglichkeiten digitaler Veredelung
Mit weltweit rund 450 installierten Maschinen ist das israelische Unternehmen Scodix Marktführer für digitale Veredelungen – vor seinem französischen Konkurrenten MGI Digital Technology. Die meisten Scodix-Maschinen verarbeiten Papierformate bis B2 (50 mal 70 Zentimeter), die Ultra 6000 und Ultra 6500 SHD sogar bis zum B1-Format (102 mal 72 Zentimeter). Empfohlen werden Grammaturen ab 180 Gramm, leichtere Qualitäten sollte man vorher besser testen. Diese 16 Veredelungen sind auf der Scodix Ultra 2500 SHD und der Ultra 6500 SHD möglich:
- SenseSense entspricht Relieflack, also einem fühlbar erhabenen Lackauftrag.
- FoilFoil simuliert eine Folienprägung. Dabei können durchaus auch mehrere Folienfarben gleichzeitig zum Einsatz kommen.
- Uncoated (neu)Multi Layer Enhancement verschließt mit einer ersten, dünnen Lackschicht die Oberfläche des Papiers an der Stelle, an der im zweiten Schritt der Lack aufgetragen wird. So lassen sich auch ungestrichene, ungeprimerte Papiere verarbeiten.
- SpotDie bei Spot aufgetragene Lackschicht ist flacher als bei Sense.
- BrailleDrei Lackschichten übereinander erfüllen die Anforderungen für Braille-Schrift.
- VDEVariable Data Enhancement ermöglicht die individuelle Gestaltung von Druckveredelungen auf Basis variabler Daten. Das heißt, jeder Bogen kann anders aussehen.
- GlitterDer Glitter-Effekt entsteht in zwei Schritten. Zunächst wird die Folie platziert und dann an einzelnen Punkten Lack gesetzt, um den Glitter zu simulieren
- Transparent (neu)Hier wird transparentes Material – zum Beispiel Sichtfenster in Verpackungen – veredelt.
- Cast & CureMit Cast & Cure entsteht ein holografischer 3D-Effekt, indem transparente, mit einem Muster versehene Filme wie ein Stempel in den weichen Lack hineingedrückt werden.
- CrystalAn einzelnen Stellen werden glitzernde Lackschichten in vorprogrammierten Formen wie Herzen, Diamanten und Sternen aufgebracht, die aussehen wie von Hand aufgeklebte Kristalle. Bei diesem Verfahren geht der Bogen sehr langsam durch die Maschine, um den Aufbau der »Kristalle« zu schaffen.
- MicroembossingBeim analogen Microembossing verformt man die Oberfläche der Folie mithilfe von Spezialwerkzeugen, die selbst feinste Oberflächenverformungen möglich machen. Scodix simuliert diesen Effekt durch Lack und Folien.
- SHDDer Algorithmus in Smart High Definition analysiert die Druckvorlage und steuert die genaue Platzierung und Tropfengröße des Polymers. So sieht man auch unter dem Fadenzähler präzise scharfe Kanten und feine saubere Schrift auch in vier oder fünf Punkt.
- Reflective (neu)Lackauftrag auf reflektierendes, zum Beispiel metallisches, regenbogenfarbenes oder holografisches Material.
- Security (neu)Ein Mix aus (customized) Folien, VDE-Nummern oder Siegeln schützt hochwertige Produkte vor Fälschungen.
- Sculpture (neu)Schon fast an 3D-Druck erinnert der Sculpture-Effekt, bei dem Elemente aus bis zu sieben Layern gebaut und dann mit Folienpartikeln versehen werden.
- Matte (neu)Es muss nicht immer glänzend sein. Neuerdings gibt es auch die Möglichkeit eines Mattlack-Effekts durch eine matte Folie.
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Dieser Artikel ist erstmals in PAGE No. 2.2024 erschienen: