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Ideation: Kreativtools und Methoden für Designer

Einfallsreichtum lässt sich trainieren, und mit den entsprechenden Methoden und Kreativtools macht das auch noch richtig Spaß!

Kreativtools

Fast jedes Design beginnt mit einem Pro­blem. Zur Lösung müssen Ideen her – und das möglichst schnell und möglichst viele. Doch nicht immer sprudeln sie von selbst und im Überfluss. Wir können zwar alle kreativ sein, aber niemand ist die gan­ze Zeit inspiriert. Was also tun, wenn sich anstatt sprühender Gedanken gäh­nen­de Lee­re im Kopf ausbreitet? Dann sollen Kre­ativitätstechniken neue Impulse setzen und zu Perspektivwechsel, Abstrak­ti­on oder Umdenken anregen. Je öfter man sie einsetzt, desto besser werden die Ideen, aus denen man mit klarem, offenem Verstand die besten herausfiltert, verbessert und testet. Wir stellen Tools und Methoden vor, mit denen Sie auf unterhaltsame Weise Ihr kreatives Denken trainieren und neue Ideen generieren. Ergänzend haben wir Links und weitere Tipps zu Kreativitätstools und -methoden im Anschluss zusammengestellt.

 

Kreativtools für Research

Probleme als solche zu erkennen, ist der erste und wesentliche Schritt zu kreativen Lösungen. Erfüllt ein Produkt oder Service einen User Need auf neue und bessere Weise, ist dies meist das Ergebnis von ausführlicher Recherche – eigentlich eine banale Erkenntnis, doch in der Praxis wird dies nicht selten vernachlässigt. In vielen Kundenbriefings müssen Designer das Kunden- oder Nutzerproblem erst Schritt für Schritt frei­legen und genau hinterfragen, für wen sie was zu welchem Zweck gestalten oder umgestalten. Leichter geht’s mit Tools wie diesen …

Kreativtools playmobil

playmobil pro.
Mit dem ab August erhältlichen Spielfiguren-Set lassen sich bestehende oder noch zu imple­men­tierende Unternehmensabläufe und Service­prozesse vi­sualisieren. Playmobil pro soll sich vom Change-Management über den Bereich Kreation bis zur Entwicklung neuer Ar­beits­­methoden bewähren. Möglich machen dies unbemalte Playmobil-Figuren, Post-its, Ar­­beits­requi­si­ten, Tierfi­gu­ren und Kleider, die man den Figuren je nach Funktion »anzieht«. Spielerisch entstehen so Charaktere, die man als Personas ver­wenden kann – etwa um Ge­fühle und Befindlichkeiten der User zu veranschaulichen oder Marken-Touchpoints wie Logo, Smart­phone-App oder Gerüche und Düfte im Retail nachzustellen. Anders als das seit 1996 exis­tierende LEGO Serious Play, das in vorgegebenen Sets erhältlich ist und eine aus­gefeil­te Methodik enthält, lässt playmo­bil pro die He­rangehens­weise noch recht offen. Haupt­sa­che, das Team versetzt sich in den Nutzer und versteht sein Prob­lem – je neugieriger und offener, desto inspirierter die Ideenfin­dung. Ein beiligendes Booklet enthält Anwendungsbeispiele, und unter pro.­playmobil.com kann man eine Stakehol­der Map und andere Vorlagen herunterladen.
www.linkedin.com/company/playmobilpro

IBM Playmobil Case
Mit dem Spielfiguren-Set lassen sich bestehende oder noch zu imple­men­tierende Unternehmensabläufe und Service­prozesse vi­sualisieren. Hier finden Sie einen konkreten Case von IBM zu dem Kreativ-Tool. Zudem können Sie auf der playmobil pro-Seite zusätzliche Vorlagen herunterladen, etwa eine Stakeholder Map. Solange bleiben Anwender auf der LinkedIn-Seite auf dem Laufenden und erhalten regelmäßige Updates und neue Infos rund um playmobil pro.

Question & Empathy
Dieses Tool zur User-Need-Ermittlung stammt vom New Yorker Design- und Strategiestudio Sub Rosa. Es enthält 56 Karten mit Fragen, die sich Kreative selbst stellen sollen, um sich für die konkreten Probleme und Anliegen des Nutzers zu sensibilisieren. Letztlich will Sub Rosa aber viel mehr und mit Question & Empathy ganz allgemein zu sinnerfüllten Gesprächen, Ver­haltensweisen, Beziehungen und Erinnerungen anregen.
www.questionsandempathy.com

Kreativtools Question&Empathy

Empathy Map
Um Nutzerbedürfnisse zu ermitteln, hilft es, neben den üblichen User-Research-Interviews ei­ne Empathy Map auszufüllen, das heißt man versucht, sich in den User hineinzuversetzen. Im Zentrum der Karte steht der Kunde – um ihn herum die vier Felder »Hören«, »Denken & Fühlen«, »Sehen«, »Sagen & Tun«. Diesen ord­net man konkrete Fragen zu, also: »Was sieht, hört, fühlt und denkt, sagt und tut der Nutzer, wenn er unser Produkt verwendet?« Außerdem gibt es die Bereiche »Schmerz« und »Gewinn«, in die man einträgt, welche Painpoints oder Ängste beziehungsweise Vorteile der Nutzer durch Verwendung des Produkts hat. Die Empathy Map geht auf den Berater Dave Gray zurück und wird oft von agilen Teams oder im Design-Thinking-Prozess angewandt.
www.agile-teams.de/empathy-map

Ideen fördern: Buchtipp für Kreative und Führungs­kräfte

Kreativtools Buchtipp Apllied Empathy

 

In Michael Venturas Buch geht es ums Fragen, Zuhören und Nachdenken. Es richtet sich an Kreative und Führungs­kräfte, die empathischer arbeiten und sinnvolle Innovationen fördern wollen.
Michael Ventura: Applied Empathy: The New Language of Leadership. New York (Atria Books) 2018, 288 Seiten, ISBN 978-1501182853
https://wearesubrosa.com/applied-empathy

 

 

 

 

 

Hilfe bei der Ideation

Es gibt eine Menge Techniken, um sich Ideen aus dem Kopf zu kitzeln. Ob sie intuitiv zu uns kommen oder im Austausch mit anderen, spielt keine Rolle. Vielmehr geht es darum, zu abstrahieren, frei zu assoziieren, Gedanken neu zu kombinieren oder Metaphern zu finden. Egal für welche Technik man sich entscheidet, bestimmte Regeln gelten bei der Ideen­generierung immer: Kritik, Bewertung, Hierarchie- oder Gefälligkeitsdenken haben hier nichts zu suchen – stattdessen gilt es, möglichst frei, ungehemmt und spontan eigene Einfälle zu notieren, auszuspre­chen oder zu skizzieren. Zunächst geht es nur um mög­lichst viele Ideen, um Masse, nicht um Qualität oder Individualität. Auf Ideen von anderen aufzubauen, ist dabei ausdrücklich erlaubt und erwünscht.

Hier präsentieren wir unter anderem verschiedene Sketching-Apps, Bücher und Methoden, die bei der Ideenfindung helfen können.

Kreativitätstechniken & Übungen: Buchtipp für den Agenturalltag

Kreativtools Buchtipp Kribbeln im Kopf

Kreativitätstechniken für den Agenturalltag, unzählige Tipps und inspirierende Übungen finden Sie in Mario Prickens »Kribbeln im Kopf«, das inzwischen zu den Standard­werken in der Kreativbranche zählt.
Mario Pricken und Christine Klell: Kribbeln im Kopf. Mainz (Hermann Schmidt) 2001, 269 Seiten, ISBN 978-3874397117, gratis downloadbar unter www.mariopricken.com/dein-kribbeln-im-kopf

 

 

 

Sketching-Apps
Als Ideationswerkzeuge bieten sich neben Stift und Papier verschiedene Sketching-Apps für iPad und Grafikstift an. Mit Forge kann man scribbeln sowie Notizen, eigene Bilder und Konzepte digital ordnen und synthetisieren. Concepts beruht auf Vektormanipulation, sodass sich jeder Strich sofort anpassen lässt. Gravity Sketch eignet sich, um schnell 3D-Modelle anzufertigen. Diese lassen sich zum Aus­drucken von 3D-Prototypen als OBJ-­Datei speichern. Außerdem ist Gravity Sketch auf die Verwendung mit verschiedenen Virtual- beziehungsweise Mixed-Reality-Systemen wie Oculus, Vive und Windows ausgerichtet.
www.buildwithforge.com
https://concepts.app
www.gravitysketch.com

Kreativtools Sketching Apps

JustSketchMe
Das Sketching-Tool zum Zeichnen und Skizzieren richtet sich an alle, die sich mit dem menschlichen Körpern beschäftigen, also etwa Modedesigner, Comic-Zeichner oder Spieleentwickler. In der App lässt sich das Verhalten von Körpern und ihre Bewegungen in verschiedenen Posen und Beleuchtung erkunden.

Brainwriting, Mindmapping und Ideen-Pingpong
Es gibt leise und laute Techniken, um in kurzer Zeit neue Ideen zu generieren. Brainwriting und Mindmapping geschehen eher leise im Wechsel von Einzel- und Gruppenarbeit – lauter sind dagegen Brainstorming und Ideen-Pingpong, Tech­niken, die Krea­tivcoach Mario Pricken empfiehlt. Dabei geht es darum, Ideen auszutauschen und im Dialog wei­ter­zu­ent­wickeln – bestenfalls, bis ein Zustand einsetzt, der einer »kreativen Trance gleicht«. Pricken und De­signerin Chris­tine Klell kreierten zu diesem Zweck das Kartenset »Creative Sessions – 96 x Krib­beln im Kopf«. Zufällig gezogene Brainstorming­karten sollen Denk­an­stöße ge­ben und Denkblockaden lösen.
Mario Pricken und Christine Klell: Creative Sessions – 96 x Kribbeln im Kopf. Kreativitäts- und Denktools für Kreative aus den Creative Industries. 2018, Mainz (Hermann Schmidt), 96 Karten und ein 20-seitiges Booklet
https://typografie.de/produkt/kribbeln-im-kopf-creative-sessions

Kreativtools Creative Sessions

Marvel Design Thinking Workshop Kit
Erfahrung oder Tätigkeit spielen keine Rolle. Marvel verspricht den Nutzern dieses Workshop-Kits, dass sie nach der Lektüre ihren eigenen Design Thinking Workshop leiten könnten. Die elfseitige Einleitung und 35 Seiten Booklet zum Ausdrucken bekommt man bei Hinterlassen seiner E-Mail-Adresse bei Marvel.

Dazu bietet der Comicverlag die Design and Prototype App an, mit der sich auf Papier entworfene Designs per Foto schnell digitalisieren und weiter bearbeiten lassen. Weiter unten beschreiben wir außerdem die Methode und Hilfsmittel des Trickfilm-Genies Walt Disney.

Kreativtools Marvel Design Thinking Workshop

 

Thinkertoys
Das Handbuch mit Creative Thinking Techniken stammt von Michael Michalko, einem renommierten Kreativitätsexperten und Autor verschiedener Bestseller. Die optische Täuschung in der Einleitung zum Buch macht Spaß!

Buchtipp: kreative Strategien und Grundhaltungen

Kreativtools Nea Machina

Der ganzheitliche Gestaltungsansatz von Thomas und Martin Poschauko vereint Kopf, Bauch, Hand und Computer. Ihr Buch »Nea Machina« beruht auf den über 1000 gestalterischen Arbeiten der Zwillinge, die anschaulich selbst genutzte kreative Strategien und Grundhaltungen beschreiben.
Thomas und Martin Poschauko:Nea Machina. Die Kreativmaschine. Next Edition. Mainz (Hermann Schmidt) 2013, 200 Seiten, ISBN 9783874399111
www.poschauko.de/neamachina

 

 

 

 

Testen & Optimieren von Ideen

Für ein erfolgreiches Produkt reichen schöne Ideen alleine nicht – sie müssen in der Realität funktionieren. Um Ideen zu hinterfragen und weiterzuentwickeln, gibt es sehr effektive und gleichzeitig unterhaltsame Werkzeuge. Hier sind Flexibilität und Improvisation gefragt, um gewohnte Denkweisen aufzugeben und neue Per­spektiven einzunehmen.

Disrupt Cards
Als Parodie auf die Tech-Start-up-Welt von drei Freunden entwickelt, geben die Disrupt Cards Denkimpulse und helfen beim Realitätscheck neuer Ideen. Das Kartenset funktioniert wie ein humorvolles Bullshit-Bingo, in dem man zuerst eine Fragenkarte und dann mehrere Antwortkarten zieht. Das physische Disrupt-Cards-Set verkaufen die Macher seit 2018 nicht mehr. Dafür stellen sie ein PDF zum kostenlosen Download bereit, das Kreative ausdrucken und zu einem Kartenstapel zurechtschneiden können.
https://disrupt.cards

The Tarot Cards of Tech
Anhand von Fragen, die wie beim klassischen Tarot einen Blick in die Zukunft eröffnen, sollen die Tarot Cards of Tech uns helfen, bekannte Lösungen weiterzudenken und neu zu verwenden – gleichzeitig soll ein Abgleich mit der Realität stattfinden. Ausführlich erklären wir das Set auf Seite 33.
http://tarotcardsoftech.artefactgroup.com

 

 

 

 

Don’t/Do This Cards
Das Kartenspiel von Donald Roos und Anne de Bruijn nutzt das Prinzip der Kopfstandtechnik von Kreativitätsfor­scher Edward de Bono. Um kreatives Den­ken anzuregen, dreht man Aufgabenstellungen einfach um, also: »Seien Sie ein Anarchist« und hinterfragen Sie alle Regeln und Methoden. Lautet das nächste Briefing: »Gestalten sie ein Lo­go«, dann fragen Sie erstmal: »Was ist ein Logo und was ist keines?« So finden Sie ganz bestimmt ein kreatives Schlupfloch, das Sie auf neue Ideen zu außergewöhnlichem Design bringt.
https://todont.co

IdeenSedCards
Mit der IdeenSedCard von Innovationscoach Benno van Aerssen lassen sich Produktideen auf ihre Markttauglichkeit tes­ten. Wie schätzen andere das Businesspo­tenzial ein? Einfach A3-Blatt ausdrucken, Titelzeile und Beschreibungsfeld ausfüllen, das Blatt kopieren und an »Tester« ver­teilen. Fünf »Charakterisierungsdisplays«, in die man einen Zeiger hineinmalt, ein Diagramm für das strategische Potenzial, eine Zeitskala für die Realisierungsdauer und ein schriftlich auszufüllendes Feld für »Ver­mutete Hindernisse und limitierende Faktoren« ermöglichen eine in­dividuelle wie detaillierte Bewertung.
www.ideenfindung.de/IdeenSedCard.html

Walt-Disney-Rollenspiel
Eine charmante Methode, um die Um­setzbarkeit von Ideen zu prüfen und ge­wohn­te Verhaltens- und Denk­mus­ter auf­zu­bre­chen, ist das Rollenspiel des NLP-Trainers Robert B. Dilts nach Walt Disney: Ein Träumer, ein Realist und ein Kritiker betrachten und diskutieren ein Problem aus ihrer spezifischen Perspektive. Idealerweise tauschen die Teilnehmer nach einer Runde ihre Rollen. Angeblich beherr­schte Walt Disney selbst alle drei Rollen per­fekt, und für jede Rolle soll er in seiner Firma einen eigenen Raum geschaffen haben: Der Raum des Träumers war groß, hell, bunt sowie mit Bildern und Slogans geschmückt. Der Realist hatte ein Zimmer mit großem Zeichentisch und allen erdenklichen Hilfsmitteln, um die Träume zu realisieren. Der Kri­tiker musste in einem kleinen, engen Zimmer die Entwürfe des Realisten be­urteilen und bewerten. Um das Disney-­Rollenspiel auszuprobieren, ge­nügen aber auch drei unterschiedliche Sitzgelegenheiten jeweils in einer Ecke des Raumes – etwa ein bequemer Couchsessel für den Träumer, ein har­ter Holz­stuhl für den Realisten und ein sachli­cher Bürostuhl für den Kritiker.
www.hussted.dk/bibliotek/DisneyPaper.pdf

Buchtipp: Kreativmethoden und Denkwerkzeuge

Ebenfalls inzwischen ein Bestseller, bietet das Buch von Trainer und Berater Florian Rustler einen einfachen und visuell ansprechenden Überblick über Kreativmethoden und Denkwerkzeuge.
Florian Rustler: Denkwerkzeuge der Kreativität und Innovation: Das kleine Handbuch der Innovationsmethoden. Zürich (Midas Verlag) 2019, 9. Auflage, 304 Seiten, ISBN 978-3907100813  
www.florian-rustler.de/buecher

 

 

 

 

 

The Three Levels of Idea Validation
Nicht nur die Empathiephase wird im Prozess oft vernachlässigt, auch denken viele Designer oft zu früh, sie hätten eine Idee gründlich genug validiert. Es gibt verschiedene Ebenen der Ideenvalidierung, die man kennen sollte. In seinem Medium-Artikel stellt UX Designer Nikolaj Bomann Mertz drei einfache Ebenen vor und erklärt, wie man sie im Designprozess einsetzen kann. Only 3 min read – trotzdem ein kleiner Spoiler:

1. Sagen, etwas zu tun    

2. Es tun

3. Es weiter tun

Weitere Artikel rund um das Thema Ideen und Kreativität findet ihr in der PAGE 07.2019, die ihr als PAGE+-Abonnent kostenlos downloaden könnt.

PDF-Download: PAGE 7.2019

Kreativität: Freiheit versus Regel ++ Ideation: Methoden & Tools für Designer ++ Ideen für die Schublade – hurra! ++ Webdesign: Flexible Layouts mit CSS Grid ++ Karriere: Jobvermittlung für Kreative ++ Ethik & Design: Chance & Pflicht für Gestalter

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