Community-Building, Storytelling, Purpose: Erfolgreiche Marken, egal, ob klein oder groß, stehen in engem Austausch mit ihren Kundinnen und Kunden. Direct-to-Consumer heißt dieser Trend, der für Kreative jede Menge Chancen und Herausforderungen bereithält. Wir beleuchten die neue Rolle der Agenturen und stellen gelungene Konzepte und Strategien vor
Es erinnert ein wenig an die Geschichte von David und Goliath: Kleine Marken, die oft nur ein einziges Produkt anbieten, erobern den Markt. Direct Brands nennt man sie, nicht nur, weil sie ohne Zwischenhändler auskommen, sondern weil sie so direkt an ihrer Community sind, mit ihr in regem Austausch stehen. Oft sind es Herzensprojekte – das merkt man nicht nur den Produkten an, sondern auch dem Storytelling und der sorgfältigen Gestaltung des Brandings und Packagings. Die meisten dieser D2C-Marken verkaufen vor allem über den eigenen Onlineshop, manche zusätzlich über Kooperationspartner oder eigene Läden im stationären Handel. Dabei sind Direct Brands längst keine Exoten mehr, die Plattform Direct-Brands.de listet über alle Branchen hinweg knapp 3000 auf, Tendenz steigend.
Reich werden ist nicht das erklärte Ziel dieser New Brands Owners – sie wollen etwas tun, von dem sie überzeugt sind. »Erfolgreiche D2C-Konzepte fußen auf einem Produkt mit überzeugender Qualität, aus dem heraus die Marke aufgebaut wird, einer starken Community und dem bedingungslosen Bekenntnis zur Interaktion«, sagt Benjamin Bunte, Geschäftsführer der Hamburger Agentur pilot (siehe Interview). Damit macht Bunte klar, dass D2C viel mehr ist, als Waren direkt zu verkaufen. Es ist eine Geschäftsphilosophie, die sich an den Konsumentinnen und Konsumenten, ihren individuellen Wünschen und Kaufgewohnheiten orientiert und sie in die Weiterentwicklung des Produkts oder Services einbezieht.
Werteorientierung statt Gewinnmaximierung
Schon seit 2015, als D2C den meisten noch kein Begriff war, gibt es einhorn. Die Marke hat sich mit ihren Produkten – Kondome aus Kautschuk und Periodenartikel – eine feste Fangemeinde erarbeitet, auch weil nicht Gewinnmaximierung, sondern Fairstainability im Vordergrund steht. 50 Prozent der Erlöse reinvestiert einhorn in soziale und nachhaltige Projekte. »Wir wollen eine möglichst intensive Beziehung mit unserer Community aufbauen, statt auf schnelle Reichweite zu setzen«, sagt der fürs Marketing verantwortliche Markus Wörner. »Offenheit und Ehrlichkeit sind uns dabei sehr wichtig. Wir trauen uns, zu experimentieren, und lassen die Menschen an unserer Reise teilhaben.«
Von Anfang an waren die Produkte nicht nur über den einhorn-Onlineshop beziehbar, sondern auch im stationären Handel vertreten. Begonnen hat dies mit Bio-, kleineren Lifestyle- oder veganen Läden. Relativ schnell kamen dann die ersten großen Supermärkte und schließlich Drogerien hinzu. Zur Beliebtheit tragen die bunten Packagings bei, die Illustrationen stammen von Sandra Bayer, die bei dem Unternehmen angestellt war, bevor sie sich 2020 selbstständig machte. »Die Arbeit mit dem einhorn-Designteam bietet viel kreative Freiheit bei einem hohen Qualitätsanspruch und sehr vielfältigen Aufgaben«, so die Designerin. Die Illustrationen sind so divers wie die Fans der Marke, außerdem zeigen sie Haltung, treffen den Zeitgeist und tragen so wesentlich zum Community-Building bei.
D2C-Brands: Gemeinsame Weiterentwicklung
Auf den Verkauf über den Onlineshop beschränkt sich dagegen No Coffee. Die 2020 gegründete Marke bietet nur mit Wasser entkoffeinierten Biokaffee – gut für den Geschmack. »Mit dem Onlinevertrieb haben wir den Raum, die Story von No Coffee zu erklären«, sagt Mitgründer Andreas Kühn. »Unsere teils radikalen Ansätze wären im stationären Handel ohne größere Bekanntheit nur schwer vermittelbar.« Naming, Branding und Packaging entstanden komplett inhouse – für D2C-Brands nicht ungewöhnlich, Herzensprojekte gibt man eben nur ungern aus der Hand. Außerdem verstehe man dadurch besser, wie Kund:innen die Marke wahrnähmen. So könne man sie immer weiter schärfen.
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