Highlights des Designs der Fifties und Sixties: Klassik-Plattencover von Alex Steinweiss, Alvin Lustig, Erik Nitsche, Rudolph de Harak und anderen.
Wie sieht eigentlich das aktuelle Design für klassische Musik aus und wie könnte man es besser machen? Fragen, denen wir in einem großen Artikel in PAGE 3.2021 nachgehen. Und hier lohnt sich ein Blick in die Zeit, als die vielleicht besten Designs für Klassikalben entstanden.
Als Erfinder des modernen Plattencovers gilt bekanntlich Alex Steinweiss – er soll 1940 erstmals auf die Idee gekommen sein, Schallplatten nicht länger in schmuckloses Papier, sondern in bunt gestaltete Hüllen zu stecken. Eine genialer Marketing-Coup: sein Arbeitgeber, die Firma Columbia Records, vervielfachte die Umsätze in kürzester Zeit um sagenhafte 800 Prozent.
Der damals 23jährige Art-direktor entwarf in der Folge Tausende von Coverdesigns – auch für zahlreiche Klassikplatten. Sein verspielt-illustrativer, gelegentlich folkloristisch angehauchter Stil blieb bis in die 1960er Jahre hinein Inspiration für viele andere Gestalter und etablierte sich als typischer Look fürs Packaging von klassischer Musik.
Alles zu bestaunen im wunderbaren Bildband »Alex Steinweiss. The Inventor of the Modern Album Cover« aus dem Taschen Verlag. Auch die hier gezeigten Bilder stammen aus dem Buch, das inzwischen nicht nur in der XXL-Variante mit signiertem Siebdruck, sondern auch in einer preiswerten 15-Euro-Ausgabe vorliegt.
Von obigem Beethoven-Cover ließ sich übrigens sogar George Hardie vom Designstudio Hipgnosis 1973 fürs Design des Pink-Floyd-Albums »The Dark Side of the Moon« inspirieren – und kreierte eine Ikone.
Modernistisches Design der Fifties und Sixties und klassische Musik
Andere äusserst renommierte Gestalter der Zeit widmeten sich damals ebenfalls der Klassik. Darunter der auch als Buchcoverdesigner bekannte Alvin Lustig, der für die Klassik eher eine abstrakte visuelle Sprache wählte (tragischerweise starb Lustig auf dem Höhepunkt seiner kreativen Arbeit mit nur 40 Jahren an Diabetes, die ihn zuvor hatte erblinden lassen).
Ein Anhänger der Abstraktion, wenn es um klassische Musik ging, war auch der aus Lausanne stammende Grafiker Erik Nitsche, der viele Jahre jeweils in den USA, München und Paris lebte. Er gestaltete legendäre geometrische Cover für die Platten von Decca, einem der damals wichtigsten Klassik-Labels.
Für Westminster Records wiederum war Rudolph de Harak aktiv. Rund fünfzig Cover entstanden in seinem 1958 gegründeten New Yorker Studio – mal schwarzweiß, mal leuchtend bunt und abstrakt.
Die Gestalter des Modernismus der Fifties und Sixties haben heute wieder viele Fans. Einer davon ist Designer und Illustrator Javier Garcia aus San Francisco, der eine tolle Sammlung klassischer Platten aus den 1950er Jahren besitzt. Seine modernistischen Schätze (nicht nur Schallplatten!) präsentierte er auf einem Blog und seit Neuestem auf dem sehenswerten Instagram-Account @javiergdesign. Als Fingerübung gestaltete er sogar einige fiktive Cover:
Zu Entdeckungen lädt auch der Blog Symphonie Fantastique von Jive Time Records ein, einem Shop für Vintage-Vinylscheiben in Seattle. Wer hinter dem Instagram-Account vintage.classical.vinyl steckt, wissen wir nicht, aber der Besuch lohnt sich ebenfalls.
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