Fotografie aus China
C
hina-Fotos europäischer Fotografen sieht man zuhauf. Der Bildband »Contemporary Chinese Photography« bietet eine andere Sicht der Dinge.
Der unglaubliche Umbruch, den China zur Zeit vollzieht, fasziniert natürlich Fotografen aus aller Welt. Ergebnisse sind zum Beispiel das Buch »Yangtze – The Long River« des berühmten britischen Werbefotografen Nadav Kander, der gerade ebenfalls bei Hatje Cantz erschienene Band »China« von Mathias Braschler und Monika Fischer, die auf einer 30.000 Kilometer langen Fahrt durch China jeden Tag ein Porträt aufnahmen, oder die brandneue Fotoserie »Nail Houses« des Hamburger Fotografen Peter Bialobrzeski.
Doch erst, wenn man in den opulenten Fotoband »Contemporary Chinese Photography« schaut, erkennt man, dass die Außenperspektive eben doch bis zu einem gewissen Punkt kühl-beobachtend bleibt. Die von Gu Zheng zusammengetragene Publikation stellt rund 50 aktuelle Fotografen vor – und bei ihnen ist keine Euphorie über den Aufbruch in die Moderne zu spüren, sondern oft große Melancholie, ja Schmerz. Nicht nur die dramtischen städtebaulichen Veränderungen werden thematisiert, auch die innere Zerrissenheit zwischen Tradition und Moderne. Wie es zum Beispiel Hong Lei mit der oben gezeigten Arbeit »Based on Li Anzhong’s Autumn Chrysanthemums and Quail (Song Dynasty)« tut, die an klassische chinesische Malerei anknüpft.
Erschienen ist der Band bei ypi Press, einem in Großbritannien beheimateten Kooperationspartner der staatlichen China Youth Press aus Peking, bei dem übrigens auch regelmäßig Designbücher erscheinen. Distributor in Deutschland ist Gingko Press.
»Uprooted« heißt eine Fotoserie, in der Yang Yi mit einer Art Aquariumsstädten den umstrittenen Drei-Schluchten-Staudamm thematisiert, für den ganze Landstriche unter Wasser gesetzt wurden
»Wall House No.2« von 2007: Fotografin Xing Danwen stellt die Frage nach der schwierigen Identitätsfindung im neuen China
Zhang Xiao, China Coastline No.2, 2009
Bilder aus dem Nachtleben: Miao Jiaxin, Sleepwalking, Shanghai 2005
»Chinese Landscape – Birds and Snow in the Cold Dusk«: Erst ganz aus der Nähe erkennt man, dass die ästhetischen Landschaften von Yao Lu aus Bauschutt bestehen, zwischen denen verlorene Menschen umherirren
Das chinesisch-japanische Künstlerpaar Rong Rong und Inri hat die Zerstörung des Hauses dokumentiert, in dem es acht Jahre lebte und Eltern wurde
»Imagine: What If All Chinese Had Blonde Hair?« fragte Shi Yong 1999
In Szenen, die an Filmstills erinnern, befasst sich die Pekinger Fotografin Liu Lijie mit der neuen chinesischen Frau
Dong Wengshengs Bilder – wie hier »Yidam« von 2008 – entstehen auf Basis sorgfältig kreierter Arrangements ganz ohne digitale Effekte
Gu Zheng
Contemporary Chinese Photography
Size: 286mm × 286mm
ISBN: 978-0-9562880-6-6
Pages: 336
Illustrations: 300
Binding: Hardcover with full-colour jacket
Cypi Press
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