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Siebert-Kolumne: Hybride Konferenzen müssen inklusiv sein

Wer nach dem Meeting nicht mit zur Bürokaffeemaschine gehen kann, ist abgehängt, findet unser Kolumnist Jürgen Siebert

Siebert Hybrides Arbeiten
© Karin Kraemer, www.karin-kraemer.net

Auch wenn mehr und mehr Menschen in die Büros zurückkehren: Kaum ein Unternehmen wird 100 Prozent der Arbeitszeit in seine Räumlichkeiten zurückholen. Woran vor Corona Heer­scharen von Consultants gescheitert sind, hat die Pandemie im ­Zeitraffer erle­digt: Die deutsche Wirtschaft ist digital und dy­namisch geworden.

Vor allem IT-Firmen, Start-ups und Agenturen haben in den vergangenen Monaten hybride Arbeitsmodelle aufgebaut, einen Mix aus Bürotagen und Homeoffice. Der Geist des mobilen Arbeitens wird sich nicht mehr in seine Flasche zurückziehen. ­Damit steht auch fest, dass es weiterhin viele Besprechungen geben wird, bei denen sich nicht alle Teilnehmenden am selben Ort aufhalten.

Rein digitale Meetings über Zoom, Skype oder Teams sind zur Selbstverständlichkeit geworden und werfen allenfalls technische Schwierigkeiten auf. Mit 100-prozentigen Präsenzmeetings sind wir sowieso seit Jahrzehnten vertraut. Das akute Problem ist die Mischung aus beidem, also hybride Konferenzen: ein Teil der Kolleg:innen sitzt am Tisch, der andere Teil zu Hause oder an weit entfernten Orten.

Solche Besprechungen funktionieren ganz passabel auf der Ebene sachlicher Abstimmungen, sozial stellen sie ein Problem dar. Wer im Anschluss nicht mit zur Bürokaffeemaschine gehen kann, ist abgehängt. Denn in solchen Momenten wird Politik gemacht, Aufgaben werden verteilt – und das zuvor Besprochene relativiert. Leider nur von der Hälfte des Teams.

Nicht ohne Grund haben die Personalabteilungen größerer Unternehmen Schulungen für virtuelles Führen und hybride Treffen zur Chefsache erklärt. »Wenn ein Meeting hybrid stattfindet, dann muss es inklusiv sein. Kein Beschäftigter darf mit seinem Anliegen hinten runterfallen, weil er virtuell dabei ist«, sagt die Personalmanagerin des Mineralölkonzerns BP im »Spiegel«-Interview. Auch der technische Ablauf solcher Besprechungen wird heiß diskutiert. Die heute verwendete Videotechnik ist für hy­bride Meetings nur bedingt tauglich. Die Kommunikation zwischen denen vor Ort ist enger als die mit den Zugeschalteten, die in ihrer Remote-Blase verharren. »Es darf keine Teilnehmer zweiter Klasse geben«, sagt Christian Vogt, verantwortlich für die Arbeitsplatztransformation bei der deutschen Niederlassung von Cisco. Sein Unternehmen erweitert gerade die B2B-Konferenzsoftware Webex mit einer Technologie namens Hologram, die entfernte Personen in Lebensgröße auf eine Glasscheibe am Konferenztisch projiziert. Auf diese Weise bekommen digital Teilnehmende – zumindest technisch – einen physischen Platz im Besprechungsraum.

Google hat während der Pandemie das Project Starline für virtuelle Begegnungen entwickelt. Man sitzt in speziellen Kabinen, wird von 3D-Kameras gefilmt und das übergroße Display gegenüber zeigt ebenfalls ein dreidimensionales Bild. Das Erlebnis soll »überwältigend« sein, wie eine Testteilnehmerin es kürzlich auf der Google I/O beschrieb: »Ich habe mich gefühlt, als wäre ich dabei gewesen.« Sowohl Hologram als auch Starline sind noch im frühen Entwicklungsstadium. Wir müssen also noch ein paar Jahre improvisieren, um hybride Meetings so inklusiv wie möglich zu gestalten.

Fünf goldene Regeln helfen den Moderator:innen dabei, virtuelle Besprechungen so effizient und angenehm wie möglich zu machen:

1. Check-in: Alle abholen und das Team einstimmen, maximal eine Minute.
2. Teilnehmende in die Pflicht nehmen, damit sie nicht in die Beobachter:innenrolle schlüpfen.
3. Aufgaben stellen, um keine TEAM-Haltung entstehen zu lassen (Toll, Ein, Anderer Macht’s).
4. Länge der Konferenz und der Monologe begrenzen: Weniger ist mehr!
5. Alle fünf Minuten ein kleines Fazit ziehen: Haken dran!

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