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New Work Tech: »Wir setzen auf Overcommunicating«

Bei Fielmann kann jedes Team selbst entscheiden, ob es weiterhin mobil arbeiten möchte. Wir fragten Stephanie Weber, Head of UX Design, welche Tools für die virtuelle Zusammenarbeit unverzichtbar geworden sind.

In dem Team von Stephanie Weber, Head of UX Design bei Fielmann, sind derzeit ein paar Kolleg:innen ein bis zwei Tage pro Woche im Büro, die anderen arbeiten remote. Das Team trifft sich gelegentlich gezielt vor Ort für Workshops und Meetings – oder auch einfach für ein gemeinsames Mittagessen.

Welche Hard- und Software nutzt ihr für Remote Work?
Stephanie Weber: Wir nutzen MacBook Pro Laptops und je nach Bedarf einen zweiten Bildschirm. Für die Kolleg:innen, die unsere Tools für die Niederlassungen weiterentwickeln, stellen wir zudem iPads, damit sie die Apps darauf testen können. In Sachen Software nutzen wir eine ganze Reihe von Programmen für unterschiedliche Aufgaben:

  • Microsoft 365 (Teams, Sharepoint, Yammer) für Dateiablage, kollaborative Zusammenarbeit, Videocalls und in Kanälen beziehungsweise verschiedenen Communities strukturierte Kommunikation.
  • Slack für teaminterne Kommunikation. Wir haben dort geschlossene Channels für Produktteams und die Arbeit an bestimmten Themen, sowie offene Channels, in denen wir unter anderem Inspirierendes und die neuesten Insights aus User Tests teilen.
  • Condens probieren wir gerade als neues Research Repository Tool aus. Es lässt sich leichter durchsuchen, hat ein Taggingsystem, eine automatische und relativ gute Transkription, und Insights können ohne Registrierung mit Stakeholdern geteilt werden.
  • Lookback, um Remote User Tests durchzuführen.
  • Miro für kollaboratives Zusammenarbeiten.
  • Sketch für UI Design in Kombination mit Abstract für die Versionierung und Übergabe ans Entwicklungsteam.
  • Figma testen wir gerade in einigen Projekten und evaluieren, ob wir künftig ganz von Sketch auf Figma umsteigen.
  • Protopie für einige Prototypen, da man dort auf native Hardware-Elemente wie Smartphone-Kameras zugreifen, und die Animationsmöglichkeiten sehr gut sind.
  • Confluence als Wissensdatenbank, Dokumentation und »Schaufenster« des UX Teams hin zu anderen Abteilungen innerhalb von Fielmann. Hier legen wir sowohl unsere UX Methoden ab als auch Auswertungen von User Tests, Rollendefinitionen, unser Mission Statement et cetera.
  • Jira für agiles Arbeiten in den Produktteams in Kombination mit Confluence.
  • Adobe Creative Cloud für Bildbearbeitung und Videoschnitt.
  • E-Mail nutzen wir für interne Newsletter (in Verbindung mit Mailjet) sowie Kommunikation und Terminplanung.

Was hat sich besonders bewährt, was eher nicht?
Für uns hat sich besonders Miro bewährt. Wir nutzen die digitalen Whiteboards für Workshops, zum Auswerten von User Tests, für Präsentationen und um Ziele festzuhalten, gemeinsam Informationen zu clustern oder auch einfach nur um Gedanken zu sortieren, sowie um unsere UX internen Ziele auf eine Timeline zu setzen, Team-Urlaube übersichtlich zu planen, Geburtstagsgrüße im Team visuell weiterzugeben – mit Miro geht einfach alles.

Nicht bewährt hat sich dagegen Jira für die Organisation und den Überblick unserer internen UX Themen. Wir nutzen das Tool weiterhin in unseren Produktteams in Kombination mit Confluence, um agile Arbeitsweisen zu ermöglichen. Aber für unsere internen und strategischen Themen im UX Team funktioniert Miro viel besser und schneller.

Wie findet ihr neue Tools und entscheidet, welche ihr ausprobieren wollt?
Es gibt ein paar unternehmensweite Konventionen (zum Beispiel Teams in Verbindung mit Sharepoint als Dateiablage und Kommunikationstool), aber für spezielle UX Bedarfe legen wir die Tools fest. Im UX Team können alle, die ein interessantes neues Tool entdeckt haben, dieses vorstellen und ausprobieren. Zuletzt haben wir Wonder.me als informelles Meetingtool getestet, weil die Breakout Rooms dort intuitiver funktionieren als bei Teams.

Wie organisiert ihr eure Arbeitsprozesse, wenn das Arbeiten immer flexibler wird?
Hauptsächlich durch eine Reihe an verpflichtenden sowie optionalen Teammeetings für den fachlichen, aber auch lockeren Austausch. Wir arbeiten nach einem hybriden Modell, in dem jeder UXler in einem oder mehreren Produktteams eingebettet ist und gleichzeitig im UX Team strategische Themen verantwortet. Das hat zur Folge, dass man Regeltermine sowohl in den Produktteams als auch im UX Team hat. Unter unserem UX Dach haben wir ein festes wöchentliches Austauschformat sowie ein User Research Weekly. Dazu kommen offene und optionale Formate, wie UX Community of Practice, Inspiration Friday oder UX Coffee.

Was sind die größten Herausforderungen bei Remote und Hybrid Work und wie geht ihr sie an?
Eine große Herausforderung sehe ich bei Kommunikation und Austausch. Es ist eine ständige Gratwanderung: Einerseits möchte man wissen, was gerade wo passiert, andererseits aber nicht den ganzen Tag in Meetings hängen. Bei einem so großen Unternehmen wie Fielmann gibt es viele Abteilungen, Informationen und Austauschformate. Jederzeit überall up-to-date zu bleiben ist schwierig bis unmöglich. Um dagegen anzugehen, sorgen wir in unserem Team für einen bestmöglichen Informationsaustausch, etwa indem wir aufgeschnappte Informationen in Slack teilen. Und wir setzen auf »Overcommunicating«: Wir teilen unsere UX Insights in verschiedenen Channels, Meetings, internen Newslettern und so weiter, um sicherzustellen, dass die Informationen auch wirklich alle erreichen, die sie benötigen. So steigern wir auch die UX Awareness im Konzern. Gleichzeitig blocken wir uns aber auch »Flow Times« im Kalender, um konzentriert an etwas zu arbeiten, und nutzen die Kalenderfreigabe, um leichter Termine zu vereinbaren.

Ein weiteres Problem sehe ich darin, dass der informelle, beiläufige Austausch unter Kollegin:innen fehlt, der wesentlich zum Teamgefühl beiträgt. Dem begegnen wir mit unseren offenen virtuellen UX Coffees, zu denen man sich einfach hinzuschalten kann, wenn man Zeit und Lust hat. Außerdem machen wir Remote Design Critiques, um effizient Feedback zu Konzepten und Designs einzuholen. Ganz wichtig ist dabei eine offene, wertschätzende Kultur. Das Team soll ein »Safe Space« sein, in dem man sich jederzeit anrufen, etwas besprechen oder auch um Hilfe bitten kann. Und in unseren zweiwöchentlichen Inspiration Fridays tauschen wir uns locker über interessante Talks, inspirierende Artikel oder Best Practices aus. Je nachdem, wie die Situation es zulässt, machen wir auch Offline-Teamevents, damit sich alle mal wiedersehen.

Eine ganz neue Herausforderung liegt darin, Miro-Boards wiederzufinden. Hier hilft es, Cover für die Boards zu gestalten, ihnen klare Namen zu geben und die Links zu verschiedenen Boards separat abzuspeichern. Wenn jemand noch eine andere gute Lösung dafür hat – gerne bei mir melden!

Welche neuen Skills braucht es, damit Remote Work funktioniert?
Im Remote Kontext ist man schneller abgelenkt – immer ploppt irgendwo eine Benachrichtigung auf. In virtuellen Meetings ist die Versuchung groß, nebenbei E-Mails zu bearbeiten oder Chatnachrichten zu lesen. Da fokussiert zu bleiben, benötigt Selbstdisziplin. Durch die Vermischung von Privatleben und Arbeit neigt man außerdem dazu, schnell mal auf dem Spielplatz Nachrichten übers Handy zu beantworten oder abends nochmal den Rechner aufzuklappen. Diese Möglichkeit ist Fluch und Segen zugleich. Wir können zwar alle unsere Zeit freier einteilen, aber müssen gleichzeitig gut auf uns aufpassen. Pausen und Feierabend sind wichtig! Wir haben im Team Kernarbeitszeiten, in denen Meetings stattfinden und alle erreichbar sind, aber wir kommunizieren auch klar und transparent, wenn wir mal nicht am Rechner sind.

Außerdem braucht es heutzutage mehr Experimentierfreude. Viele Gewohnheiten wurden über Nacht auf den Kopf gestellt. Wir müssen ständig neue Wege finden, Methoden und Prozesse verändern und anpassen. Wir haben zum Beispiel unser wöchentliches Teammeeting immer wieder anders strukturiert, weil sich die Bedürfnisse im Laufe der Zeit und in einem wachsenden Team geändert haben. Dafür braucht es den Mut, Dinge einfach mal auszuprobieren und eine gesunde Fehlerkultur – oder besser: eine Mutkultur!

Worauf sollte man achten, wenn man Remote Teams führt?
Ohne Vertrauen ging es noch nie und jetzt noch viel weniger. Auch Empathie ist noch wichtiger geworden. Ein offenes Ohr für die persönlichen Herausforderungen und Ängste der Menschen ist in der Pandemie essenziell. Es braucht mehr 1:1-Mitarbeitergespräche, um herauszufinden, wie man individuell unterstützen und fördern kann. Ebenso wichtig sind klare Ziele und die Kommunikation von Erwartungshaltungen sowie deren Abgleich. Ein deutlicher Fokus, Prioritäten und transparente Roadmaps helfen ebenfalls. Wenn sich um einen herum alles ändert und unsicherer wird, ist es umso wichtiger, in der Arbeit für eine gewissen Stabilität zu sorgen. Damit meine ich vor allem eine klare und transparente Kommunikation – auch von Themen, die noch nicht zu 100 Prozent definiert sind. Unsicherheiten zu kommunizieren ist wichtig und ehrlich.

Was sind für dich die Vorteile der digitalisierten Zusammenarbeit?
Im User Research vor allem, dass alle Beobachtungen, die wir auf Miro festhalten, gleich digitalisiert sind, was die Auswertung wesentlich vereinfacht. Außerdem kann man die Boards mit allen Interessierten sofort teilen. Und durch das Tool Lookback ist die Teilnahme an User Tests so einfach, dass mehr Kolleg:innen aus der Entwicklung und dem Produktmanagement die Tests mitverfolgen können und selbst sehen, wie Menschen Produkte oder Prototypen nutzen. Das hilft uns wiederum, das Verständnis für User Research zu erhöhen. Auch die Rekrutierung der Proband:innen ist viel einfacher, weil sie von überall teilnehmen können. Dasselbe gilt für Mitarbeiter:innen – wir können jetzt Talente einstellen, die nicht vor Ort wohnen.

Mir gefällt außerdem, dass man geteilte Links und andere Informationen leichter wiederfinden und nachvollziehen kann, weil alles digital verschickt, durchsuchbar und vor allem asynchron verfügbar ist. Durch Programme wie Figma und Miro können wir außerdem gleichzeitig in einem Dokument arbeiten und direkt aufeinander reagieren – auch wenn wir nicht am selben Ort sitzen. Dadurch sind wir beim kreativen Arbeiten schneller und effizienter geworden.

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