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Interview mit Antonio de Luca, Head of Art bei JWT Germany

Antonio de Luca unterstützt seit Juni die Network-Agentur JWT Germany als Head of Art. Als »Auge der Agentur« leitet er standortübergreifend die visuelle Kommunikation und das Design. Interessant: Seine Wurzeln liegen eigentlich im Editorial Design. Wir sprachen mit ihm über seine neue Aufgabe.

Antonio de Luca unterstützt seit Juni die Network-Agentur JWT Germany als Head of Art. Als »Auge der Agentur« leitet er standortübergreifend die visuelle Kommunikation und das Design. Interessant: Seine Wurzeln liegen eigentlich im Editorial Design.

Der Kanadier mit italienischen Wurzeln leitet gemeinsam mit CCO Till Hohmann die Kreation der deutschen JWT-Gruppe von Hamburg aus. Die Position des Head of Art wurde neu geschaffen, um projektbezogen die kreative Qualität zu fördern. Mit De Lucas Erfahrung im Editorial Design im Rücken (u.a. als Art Director »Weekend Post«, Kreativdirektor »The Walruss«), will JWT ab sofort auch Aufgaben aus den Bereichen werbliche Literatur, Corporate Publishing und Annual Reports wahrnehmen.

Sein eigenes Designbüro in Berlin unterhält de Luca weiterhin. Zudem leitet er die Organisation Self Publish, Be Happy und kuratiert die Illustrationen-Wanderausstellung 100 Show. Warum JWT die Position des Head of Art geschaffen hat, Hohmann sich für Antonio de Luca entschieden hat und wie die Zusammenarbeit genau aussieht erfahren Sie in unserem Interview.

PAGE: Herr de Luca, Was bringt Sie nach Deutschland?

Antonio de Luca: Als gebürtiger Kanadier habe ich 2009 bereits ein Jahr in München gelebt und an der Akademie der Bildenden Künste in Nürnberg gelehrt. Danach bin ich zunächst nach Kanada zurückgekehrt und anschließend nach Amsterdam gezogen, um bei Wieden + Kennedy zu arbeiten. Es hat mich überrascht, wie sehr ich Deutschland während dieser Zeit vermisst habe. Als ich den Anruf von JWT bekam, dachte ich: Das ist genau das richtige Angebot und meine Chance wieder nach Deutschland zurück zu kehren. Es scheint mir, dass die Menschen in diesem Land nicht wissen, wie viele Chancen sie hier haben. Deutschland ist 20 Jahre nach der Wiedervereinigung noch immer auf der Suche nach der eigenen Identität. Das ist ähnlich wie in Kanada: Einem Einwandererland, das gerade mal 150 Jahre existiert. Für meinen Beruf ist das sehr spannend.

Was reizt Sie an JWT?

De Luca: JWT Germany ist eine der größten Agenturen Deutschlands und Teil eines international höchst angesehenen Netzwerks. Somit hat JWT die benötigte Expertise und das Know-how, um für ihre Kunden erfolgreiche und gezielte Kommunikationsstrategien zu entwickeln. Ich freue mich, Teil eines so kreativen und internationalen Teams zu sein.

Und warum fiel die Wahl auf Antonio de Luca, Herr Hohmann?

Till Hohmann: Heutzutage dreht sich alles um Content. Ich bin der festen Überzeugung, dass die Zukunft von Marken nicht darin besteht, die neuesten Technologien, Prozesse und Channel zu bedienen – sondern darin, Inhalte zu schaffen. Unternehmen, die bislang nur Waschmittel oder Schokoriegel hergestellt haben, müssen jetzt Content produzieren und in den Dialog mit Konsumenten treten. JWT versteht, wie man Inhalte produziert – mit Antonio und seinem Editorial Background haben wir nun einen Experten, der diese Inhalte so in Szene setzt, dass sie von der Zielgruppe richtig und effektvoll wahrgenommen werden.

Wie ist die Zusammenarbeit organisiert?

Hohmann: Antonio ist ein Kreativer mit Sitz in Berlin, er lehrt an der Universität in Genf und verfolgt nach wie vor seine eigenen Projekte. Gleichzeitig hat er eine einzigartige und wichtige Rolle in dieser Agentur. Antonio arbeitet an Projekten deutschlandübergreifend. Sprich: an allen Standorten – dort, wo er gebraucht wird. Wir fordern nicht, dass er 100% seiner Zeit in Hamburg verbringt. Ein solches Modell wäre einfach nicht mehr zeitgemäß. JWT versteht es Kreative mit zeitgemäßen Strukturen für sich zu gewinnen. Viele dieser Top Angestellten lassen sich nämlich nicht mehr mit klassischen Anstellungsverträgen begeistern. Letztlich geht es um den Ausgleich von Input und Output: Wenn man Kreative von ihrem Input abschneidet, leidet auch ihr Output. Als Agentur bin ich außerdem interessiert an der Verbindung zu Publishing, Editorial, Fotografie und Hochschulen – es wäre fatal, wenn man die kappen würde.

De Luca: Till schlägt ein Projekt vor, von dem er denkt, dass ich etwas dazu beitragen kann. Manchmal reicht schon eine halbe Stunde mit einem Art Director, um ihm neue Blickwinkel aufzuzeigen – ein andermal kann es Wochen dauern. Das hängt ganz von dem Projekt ab. Bei Editorial Design geht es darum, gute Ideen zu destillieren. Werbung ist dagegen in letzter Zeit immer komplizierter geworden – viele junge Kreative verlieren sich im Wirrwarr von Kanälen und Kampagnen-Komponenten. Manchmal ist es besser, sich auf die eine zentrale Idee zu konzentrieren. Dabei möchte ich mich konstruktiv und gewinnbringend für die Agentur und ihre Kunden einbringen.

Was waren die Gründe dafür, diese Position zu schaffen?

Hohmann: Agenturen stehen heute unter einem wahnsinnigen Druck. Das alte Geschäftsmodell wankt, neue Technologien verändern das Werbegeschäft. Die Folge: Weniger Leute in den Büros und weniger Freiheit und Zeit, Dinge zu entwickeln. Viele Aufgaben sind heute sehr funktional, Kreative müssen effizient arbeiten. Dabei bleibt die Inspiration auf der Strecke. Es ist aber wissenschaftlich erwiesen, dass gerade der Abstand zu unmittelbaren Problemen dabei hilft, auf die richtige Lösung zu kommen. Aber angesichts des allzeit herrschenden Zeitdrucks können wir uns diesen Abstand heutzutage kaum noch leisten. Deshalb brauchen wir Menschen innerhalb und außerhalb der Agentur, die als Inkubator für Ideen fungieren und viele Beziehungen zur kreativen Szene haben. Antonio hat viele Freiheiten und ist dadurch weniger mit Regeln, Kategoriendenken und Effizienzdruck behaftet als unsere Kreative. Damit hat er den Freiraum wichtige Impulse in den Arbeitsprozess zu geben. Er soll ihnen helfen, ihr kreatives Potential zu entfalten, sie inspirieren und motivieren.

De Luca: Bei JWT arbeiten bereits ausgezeichnete Kreative. Es geht darum mit kleinen Vorschlägen und Anregungen die Designer ein eingefahrenes Problem neu sehen und denken zu lassen – und so zu neuen Lösungen zu gelangen. Es ist wichtig, dass ich eine Beziehung zu den Designern aufbaue. Wenn ich so 1 bis 2% beitragen kann, bin ich zufrieden – denn der Unterschied zwischen gut und erstklassig ist meistens nur ein feiner.

Und woher nehmen Sie Ihre Inspiration?

De Luca: Vieles ergibt sich durch das Herumreisen. Es ist ähnlich wie beim Sprachenlernen: Du umgibst dich mit Muttersprachlern und unbewusst nimmst du immer mehr auf, bis du plötzlich ihre Sprache beherrschst. Es geht auch viel ums Sammeln, wobei ich den persönlichen Kontakt vorziehe. Ich habe weder einen Facebook- noch einen Pinterest-Account und ich lese auch keine Blogs. Es gibt so unendlich viele Bilder und Inspiration im Internet – aber vieles davon ist einfach nicht gut oder nur teilweise ausgearbeitet. Ich treffe mich lieber mit Kreativen und spreche mit ihnen über ihre Arbeit. Durch die Wanderausstellung 100$ Show, die ich kuratiere, habe ich sehr viele Kontakte unter Illustratoren gesammelt. Die kann ich jederzeit anrufen, wenn sie sich für ein Projekt eignen.

Ihr Tipp für Nachwuchs-Kreative?

De Luca: No Rules! Es gibt keine Regeln. Sobald ihr eure eigene Stimme gefunden habt, macht euer Ding. Aber postet nicht alles sofort im Internet!

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