Gemeinsam mit Ladies, Wine & Design Hamburg stellen wir regelmäßig interessante kreative Frauen aus der Stadt vor. Freelancerin Lena Steinkühler verriet uns, wer ihr großes Vorbild ist und warum sie Frauen-Netzwerke so wichtig findet.
Lena Steinkühler hat ihren Schwerpunkt in Motion Design und 3D-Animation – einem Bereich, der immer noch stark männlich geprägt ist. Wirklich benachteiligt fühlt sie sich aber nicht. Als grundlegendes Manko in der weiblichen Herangehensweise an Karrierefragen sieht sie übersteigerte Selbstkritik.
Wie verlief dein Werdegang/Karriereweg bisher?
Mein Fachabitur habe ich damals mit einer gestaltungstechnischen Ausbildung im Bereich Grafikdesign verbunden. Anschließend habe ich an der FH Dortmund im Studiengang Visuelle Kommunikation meinen Bachelor of Arts gemacht und währenddessen schon ab und zu freiberuflich im Bereich Motion Design gearbeitet. Nach meinem Abschluss habe ich mich für ein halbes Jahr in dem Bereich selbstständig gemacht und schnell gemerkt, dass es mir noch sehr an Erfahrung fehlt. Deshalb habe ich mich schnell dazu entschlossen, die fehlende Praxiserfahrung in einer Festanstellung zu sammeln. Daraufhin hat es mich in den Norden gezogen. In Hamburg arbeitete ich dann dreieinhalb Jahre in dem Motiondesign-Studio »weareflink«, wo ich viel dazu lernen und mich weiterentwickeln konnte. Mitte 2017 habe ich mich bereit für eine Selbstständigkeit gefühlt und bin seitdem als Freelancerin unterwegs.
Hast du schon mal eine Situation im Job erlebt, in der du benachteiligt wurdest, weil du eine Frau bist?
Benachteiligung habe ich bislang noch nicht erfahren. Ab und zu habe ich aber den Eindruck, dass man sich als Frau gegenüber den männlichen Kollegen anfangs etwas mehr beweisen muss, um auf Augenhöhe mitzuspielen. Vielleicht liegt es daran, dass der Frauenanteil in dem Bereich 3D- und Motiondesign bisher noch recht gering ist. Alles in allem habe ich aber überwiegend positive Erfahrungen gemacht.
Woran liegt es deiner Meinung nach, dass es in der Kreativbranche so wenige Frauen in Führungspositionen gibt?
Zum Einen liegt dies vermutlich daran, dass die Kindererziehung noch sehr häufig Sache der Frau ist – das ist zumindest mein Eindruck. Dadurch können sich viele Frauen nicht vollständig ihrer Karriere widmen.
Aus Gesprächen mit weiblichen Kolleginnen habe ich zum Anderen den Eindruck, dass viele Frauen an sich zweifeln, ob sie für Führungspositionen geeignet sind. Frauen sind da leider oft etwas zu selbstkritisch mit sich.
Vielleicht liegt es außerdem daran, dass in vielen Köpfen (vor allem der älteren Generation) noch die klassische Rollenverteilung vorhanden ist, die dazu führt, dass Männer Schwierigkeiten damit haben, eine Frau als Vorgesetzte zu akzeptieren. Aber da kann ich jetzt auch nur mutmaßen.
Hättest du selbst Lust, irgendwann als Chefin ein Team zu leiten?
Zum jetzigen Zeitpunkt bin ich froh, nur für mich selber Verantwortung zu übernehmen und keine Personalverantwortung für ein ganzes Team zu haben. Ich möchte mich voll und ganz dem kreativen Prozess widmen und daher weniger mit Personalführung zu tun haben. Aber man weiß ja nie.
Welche Frauen haben deinen beruflichen Werdegang positiv beeinflusst und was hast du von ihnen gelernt?
Im Grunde war es meine Mutter, die mich damals bestärkt und begeistert hat, in die Kreativbranche einzutauchen. Auch sie hat Grafikdesign studiert und arbeitet nach wie vor in diesem Bereich. Daher bin ich schon früh mit der Designbranche in Kontakt gekommen. Und natürlich gab es im Studium Dozentinnen/Professorinnen und Kommilitoninnen, die mich positiv beeinflusst und bereichert haben. Ansonsten werde ich täglich von anderen Frauen der Branche inspiriert, etwa über Internetplattformen, Zeitschriften, etc.
Wie erlebst du den Zusammenhalt unter weiblichen Kreativen?
Den Zusammenhalt erlebe ich als sehr gut. Vor allem durch Netzwerke im Internet bilden sich Kollektive, in denen man sich gegenseitig unterstützt und bestärkt. Ich habe das Gefühl, dass Frauen da sehr gut zusammenhalten und sich austauschen.
Was hältst du von Frauennetzwerken wie Ladies Wine & Design?
Solche Frauennetzwerke sind natürlich super und sehr wichtig, denn sie ermutigen Frauen, sich offener und unverfälschter auszutauschen und sich gegenseitg in ihrer Arbeit zu bestärken. Insofern sind Netzwerke wie Ladies Wine & Design für die gesamte Branche von Vorteil und bewirken sicherlich einen weiter wachsenden Frauenanteil.
Was könnten Frauen sonst noch tun, um beruflich weiterzukommen?
Mut und Selbstvertrauen in die eigenen Fähigkeiten zu haben und vor allem das eigene Licht nicht unter den Scheffel zu stellen.
Ich habe es leider schon oft erlebt, dass Frauen mit ausgezeichneten Fähigkeiten viel zu stark an sich selbst zweifeln und sich dadurch leider selber im Weg stehen. Die Fähigkeit zur Selbstkritik sollte man sich auf jeden Fall behalten. Das darf aber nicht dazu führen, dass man sich selbst ausbremst.
Was würdest du Nachwuchsdesignerinnen diesbezüglich empfehlen?
Geht die Sache einfach an, entdeckt euren eigenen Stil und lasst euch nicht von eurem Weg abbringen. Es gibt natürlich immer mal wieder Dämpfer, aber die sollte man schlicht dazu nutzen, draus zu lernen.
Wie war es für dich, als selbstständige Designerin durchzustarten?
Auf jeden Fall aufregend. Natürlich hatte ich anfangs auch gewisse Zweifel, weil man auch ein paar betriebswirtschaftliche Kenntnisse braucht, aber letztlich ist auch das keine Zauberei. Wenn einem die Arbeit Spaß macht, wird einem vieles leichter fallen, als man denkt. Ich habe den Schritt nie bereut.
Wieso hast du dich gegen eine Festanstellung entschieden?
Weil ich für mich gemerkt habe, dass mir Selbstbestimmung sehr wichtig ist und weil ich durch die Freiberuflichkeit viele neue Leute kennenlerne. Außerdem kann ich an sehr abwechslungsreichen Projekten mitarbeiten. Zwar erfordert die Selbstständigkeit auch ein höheres Maß an Verantwortung, aber das macht es ja gerade auch interessant.
Wie würdest du deinen Stil beschreiben?
Mich reizt vor allem das Zusammenspiel von ungewöhnlichen Farbkombinationen in Verbindung mit haptischen Formen und Strukturen. Ich mag eine klare Bildsprache, die allerdings auch sehr detailreich in ihrer Umsetzung sein kann. Außerdem würde ich meinen Stil als positiv, farbenfroh und etwas verspielt bezeichnen.
Eine Auswahl von Lenas Arbeiten zeigt unsere Galerie:
Für welche Branchen arbeitest du hauptsächlich?
Hauptsächlich arbeite ich im Bereich Motiondesign und 3D-Animation, dabei geht es überwiegend um die konzeptionelle Entwicklung und Umsetzung von Werbefilmen, Filmvorspännen und bewegten Inhalten im Fernsehen oder Internet. Und in diesem Rahmen in ganz verschiedenen Branchen. Vielfach arbeite ich für den Automobilsektor, Lebensmittel-und Kosmetikunternehmen und auch Fernsehsender.
Machst du auch freie Projekte?
Auf jeden Fall und das ist mir auch sehr wichtig, um weiterhin Spaß an meiner Arbeit zu haben. Bei freien Projekten hat man die Möglichkeit, viel experimenteller und ganz ohne Grenzen/ Vorschriften an einem Projekt zu arbeiten.
Ladies, Wine & Design
ist ein internationales Frauennetzwerk, das von der Designerin Jessica Walsh ins Leben gerufen wurde (hier unser Interview mit ihr zum Thema Feminismus). Mittlerweile gibt es über 180 sogenannte Chapters in Städten auf der ganzen Welt – in Hamburg seit 2018. Die Gründerinnen Karolin Berndt und Anissa Carrington veranstalten regelmäßige Events zum Austauschen und Voneinander-Lernen. Auf dem Laufenden bleibt man über ihre Website oder ihre Facebook-Seite. Auf der Website haben die beiden außerdem eine Liste mit Kreativ-Ladies aus Hamburg angelegt, die stetig erweitert wird. Wir stellen in unserer Porträt-Reihe einige davon en detail vor.
Folge 1: Beate und Martha von Studio morgen
Folge 2: Illustratorin & Zeichnerin Barbara Lüdde
Folge 3: Designerin & Artdirektorin Ann Eckert
Folge 4: Illustratorin Lisa Tegtmeier
Noch mehr Netzwerke für Gestalterinnen haben wir hier gesammelt.