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Die besten Tipps und Infos für Gestalter:innen, die in die Lehre wollen

Dozentenstellen, künstlerische Mitarbeit, Professuren: Es gibt viele Möglichkeiten, in der Designlehre aktiv zu werden. Wir haben nach­gefragt, was daran so reizvoll ist und wie der Weg für Kreative an die Hochschule aussehen kann

Hat viel Spaß mit Professur und Agenturführung: Betty Schimmelpfennig. Foto @kira_jacobi

Nach ein paar Jahren im Job fragen sich viele Gestalter:innen, was noch so geht. Manche von ihnen finden dann den Weg in die Designlehre. Zu Recht: Haben sie doch mit ihrem Erfahrungs­schatz aus der Praxis eini­ges, was sie an die nächste Generation wei­ter­ge­ben können! Dennoch zögern viele. »Ich wurde öfter gefragt, fühlte mich aber noch nicht bereit dazu«, erzählt etwa Designerin Katrin Oeding. Als sie eine An­frage von der Bauhaus-Universität Weimar bekam, war der Moment gekommen – und sie sagte zu.

Im Sommersemester 2022 übernahm Katrin Oeding im Masterstudiengang Visuelle Kommunikation den Kurs »Sustainable Food Branding«, in dem die Studieren­den ein Produkt samt Corporate Design und Pack­aging konzipierten und umsetzten. Eines der im Kurs ent­wickelten Produkte kommt laut Oeding sogar dem­nächst auf den Markt. Die Designerin hatte gro­ßen Spaß an dem Kurs, sie würde aber in Zukunft zusätzlich kompakte Workshops anbieten: »So würden sich alle konzentriert in einen Flow begeben und über mehrere Tage nur an einem einzigen Thema arbeiten – ohne Unterbrechung.«

Es gibt vielfältige Möglichkeiten, sich als Gestalterin oder Gestalter in die Designlehre einzubringen – sei es als Dozentin, künstlerischer Mitarbeiter, Bachelorarbeitsbetreuer oder Professorin, für ein oder mehrere Semester, für Blockseminare und Work­shops oder Summer Schools. Wichtig ist, dass man sich auf neue Themenbereiche und unterschied­liche Cha­raktere einlassen kann und bereit ist, immer weiter dazuzulernen. Ist das der Fall, kann einem das Unterrichten unheimlich viel geben – wertvollen Aus­tausch, neue Perspektiven, Inspiration und schlicht das gute Gefühl, jungen Menschen etwas mit auf den Weg zu geben. Dabei darf man allerdings den Aufwand nicht unterschätzen, den eine Lehrstelle mit sich bringt. »Du kannst deine Lehrstunden zwar pla­nen, doch es fließt sehr viel Zeit drum herum in die Betreuung der Studierenden, die Beantwortung von Fragen und weitere Hilfe­stel­lun­gen. Es braucht viel Vor- und Nachbearbeitung«, so Katrin Oeding über ihre Erfahrungen an der Bauhaus-Uni Weimar.

Wie Wege in die Designlehre aussehen können, wie sich das mit der praktischen Arbeit verbinden lässt sowie weitere Tipps lest ihr in unseren Interviews mit lehrenden Gestalter:innen.


Inhalt

»Die Lehre macht mir unheimlich viel Spaß«

Seit 2020 ist Betty Schimmelpfennig Professo­rin für Crossmediale Gestaltung an der Hochschu­le RheinMain in Wiesbaden. Bei der Kreativagentur Elastique, die sie 2005 mit ihrem Mann gründete, ist sie strategisch beratend in der Geschäftsführung tätig.

Wie kamst du zur Lehre?
Betty Schimmelpfennig: Das war Zufall. Als doppeltes Leh­rerkind war das nicht mein Plan (da geht’s um Abgrenzung) und mit unserer Agentur war und ist die Zeit immer gut gefüllt. 2015 bin ich an der Dualen Hochschule Baden-Württem­berg bei der Betreuung der Mediendesign-Bachelorarbei­ten eingesprungen und habe schnell gemerkt, wie viel Spaß mir das macht. Die Haltung und Arbeitsweise der DHBW haben mir sehr gut gefallen, die Betreuung mache ich bis heute. Es kamen weitere Lehraufträge dazu und schließlich habe ich beschlossen, mich für eine Professur zu bewerben.

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Welche Erfahrungen hast du mit dem Bewerbungsprozess gemacht?
Ich habe viel über mich selbst gelernt. Kommunikationsdesign ist ein weites Feld mit ganz unterschiedlichen Ausschrei­bungen. Man muss sich selbst definieren und seinen Platz fin­den. Die Stelle als Professorin für Crossmediale Gestaltung passt perfekt zu mir. Das Berufungsverfahren war ein zäher Prozess mit vielen Formalien – etwas aus der Zeit gefallen. 

Welche Art von Kursen bietest du an?

Mein Fokus liegt darauf, unterschiedliche Medien (technologisch) sinnvoll zu verknüpfen – unter einer starken Idee, einem relevanten Thema und verbunden mit einer eigenständigen und visuell starken Gestaltung. Bei der Konzep­tion der Kurse sowie der Aufgabenstellung integriere ich aktuelle Themen, Strömungen und Technologien oder auch mal die Teilnahme an einem Kreativ-Award. Im Master Crossmedia Spaces entwickle ich mit den Studierenden Immersive Media Environments. Außerdem gebe ich Portfoliokurse. Wichtig ist mir bei all dem, dass die Studierenden lernen, Entscheidungen zu treffen, auf den Punkt zu kommen und vor allem sich selbst zu helfen, auch im Team.

Was macht dir als Professorin am meisten Spaß?
Das freie Experimentieren und Ausprobieren unter dem schüt­zenden Dach der Hochschule. Und eigene Gedanken und Fragestellungen mit den Studierenden zu teilen und ge­meinsam weiterzudenken. Ich lerne selbst so viel dabei! Hier sehe ich gleichzeitig eine der größten Herausforderun­gen: sich beständig weiterzuentwickeln, immer wieder neu zu erfinden und jung zu bleiben im Kopf.

Wie teilst du deine Zeit auf?
Die Lehrtätigkeit lässt sich gut mit Familie vereinbaren, weil man sich vieles frei einteilen kann. Bei Elastique bin ich wei­terhin strategisch beratend in der Geschäftsführung tätig. Und im anstehenden Forschungssemester plane ich, beides zu verbinden, mal wieder tief in ein Projekt einzusteigen und operativ zu arbeiten, worauf ich mich sehr freue. Die Lehre nimmt bei mir einen großen Raum ein. Das ist meine Entscheidung, denn ich möchte mit den Studierenden und Kol­leg:innen eine gute, intensive und inspirierende Zeit haben.
Meine Lernkurve in den ersten drei Jahren hier an der Hoch­schule war recht steil. Es braucht Zeit, sich in den Kosmos Hochschule mit all seinen strategischen und organisatori­schen Finessen einzufinden. Daran muss man sich erst mal gewöhnen, wenn man die flexiblen Strukturen einer Agen­tur gewöhnt ist. Es hilft, gut strukturiert, organisiert und er­finderisch zu sein. Die Selbstverwaltung nimmt neben der Lehre einige Zeit in Anspruch und erfordert die eine oder andere kreative Lösung.

Was sind für dich die wichtigsten Skills in der Lehre?
Neugier, Offenheit, Flexibilität, Empathie, Zuhörenkönnen und Freude am gegenseitigen Lernen. Man muss Ruhe bewahren können, wenn mal was aus der Bahn läuft. Außerdem Teamfähigkeit, Selbstorganisation und gute kommunikative Skills.

Was rätst du Gestalter:innen, die in die Lehre wollen?
Fragt euch, ob das oben beschriebene Profil zu euch passt. Viele neigen dazu, die Lehrtätigkeit zu romantisieren oder sehen nur die langen Semesterferien. Das ist so natürlich nicht ganz richtig. Am besten probiert ihr euch erst mal über Lehraufträge aus. Die findet ihr zum Beispiel über euer Netz­werk oder indem ihr direkt mit Vorschlägen an Hochschulen herantretet. Wenn man sich später für eine Professur bewerben möchte, muss man ohnehin Lehrerfahrung nach­weisen können. Am besten schaut ihr euch vorher die Hochschule vor Ort an und sprecht mit Leuten, die dort arbeiten.

Wo siehst du Fachkräftebedarf in der Designlehre?
Unter anderem in dem Bereich der sogenannten Creative ­Technologies, also der Schnittstellenkompetenz zwischen technologischen und künstlerischen Aspekten. Hier hat die Hochschule derzeit eine Stelle ausgeschrieben, was mich besonders freut.

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»Für mich ist die Kombination aus Lehre und Praxis ­ideal«

Pascal Kress ist seit 2017 künstleri­scher Mitarbeiter der Klasse Hickmann am Institut für Transmediale Gestaltung der UdK Berlin. Daneben arbeitet er als selbstständiger Grafiker unter dem Namen The Floor Show.

Portrait Pascal Dress
Bild: Michael Bennett

Wie kamst du zur Lehre?
Pascal Kress: Nach meinem Studium der Visuellen Kommu­nikation an der HfG Offenbach war ich für verschiedene Gestaltungsbüros als Senior Designer tätig. Nach ein paar Jahren wollte ich meinen beruflichen Horizont erweitern. So kam es zu meinem ersten Buch »The Book of ABCs«. In dieser Zeit fragte mich Heike Selmer, Professorin an der weißensee kunsthochschule berlin, ob ich einen Workshop leiten wolle, in dem ich mit Modestudierenden ein Magazin über ihr Semesterprojekt konzipieren und umsetzen würde. So kam ich in die Lehre. An die UdK gelangte ich über einen Lehrauftrag für redaktionelle Gestaltung. Professor Fons Hickmann suchte eine Person, die mit Studierenden ein Buch zum zehnjährigen Bestehen der Klasse Hickmann konzipie­ren und gestalten würde. Später bewarb ich mich dann auf die Stelle als künstlerischer Mitarbeiter.

Welche Kurse bietest du an?
Jedes Semester stehen neue Themen im Fokus meiner Seminare, zum Beispiel Manifeste, Greenwashing oder politi­sche Kolumnen. Entweder gebe ich ein bestimmtes Medium vor oder ich lasse den Teilnehmenden freie Wahl. Da war schon alles dabei: Typedesign, Animationen, Wolldecken und Sitzbezüge für Motorroller. Dieses Sommersemester gebe ich ein Seminar über den Zusammenhang von KI, Gen­der und Queerness. Wir fragen uns, inwieweit die Generatoren die Deutungshoheit über das Bild haben, das wir uns heute von der Welt machen.

Was macht dir am meisten Spaß in der Lehre?
Ich setze in meinen Seminaren Themen, die in der Luft liegen und die mich selbst interessieren. Die Studierenden eignen sich diese Themen an und generieren daraus Arbeiten, die in ganz verschiedene Richtungen führen und meine ursprüng­lichen Ideen oft potenzieren. Dieser Austausch sowie die Ver­mittlung von Wissen gefallen mir am besten an der Lehre. Für mich ist die Kombination aus Lehre und Praxis ideal.

Wie teilst du deine Zeit auf?
An der UdK Berlin habe ich eine halbe Stelle. Während des Semesters ist es mehr Arbeit, in der vorlesungsfreien Zeit weniger. Die Verbindung mit der Praxis ist manchmal eine Herausforderung, denn man kann sich ja nicht immer aussuchen, wann Aufträge reinkommen. Manchmal kommt alles gleichzeitig – da muss man dann durch.

Worauf muss man sich einstellen als Designlehrender?
Die Zusammenarbeit mit Gruppen Studierender ist manchmal ein bisschen chaotisch, besonders zu Beginn eines Semesters. Viele Menschen haben zeitgleich ein Anliegen, Seminare verlaufen auch mal anders als geplant. Das muss man mögen, wenn man lehrt. Ich finde es auch wichtig, nicht nach meinem eigenen Geschmack Feedback zu geben, sondern zu überlegen, was für die jeweilige Person die passen­den nächsten Schritte sind.

Was rätst du Gestalter:innen, die in die Lehre wollen?
Da es keine Ausbildung für diesen Bereich gibt, ist es wohl das Beste, es einfach auszuprobieren. Ich hatte die Möglich­keit, am Berliner Zentrum für Hochschullehre didaktische Fortbildungen zu machen. Das hat mein Selbstverständnis als Lehrperson und meine Art der Kommunikation mit Studierenden sehr geprägt.

Wie wird sich die Designlehre deiner Meinung nach weiterentwickeln?
Ich vermute, dass das Infragestellen und Ausloten der eigenen Disziplin sowie die Kollaboration mit anderen Fächern im und außerhalb des Designs eine größere Rolle spielen wird. Aber Geschichte verläuft nicht linear, es kann also auch ganz anders kommen.

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»Man weiß nie, was einen erwartet, aber es ist immer lehrreich«

Lorraine Suxdorf unterrichtet nicht nur angehende Designer:innen an der Design Factory International in Hamburg, sondern auch Psy­chologie- und Medizinstudierende an der Medical School Hamburg in kreativem Denken.

Portrait Lorraine Suxdorf

Wie kamst du zur Lehre?
Lorraine Suxdorf: Ich habe am Central Saint Martins College of Art and Design in London studiert und in Hamburg in einer kleinen Agentur gearbeitet, wo ich von Produkt- über Packaging Design bis hin zu Illustration verschiedene Sachen gemacht habe. Irgendwann wurde ich aber immer unzufriedener mit der Arbeit und fragte mich, für wen ich eigentlich gestaltete. Nachdem ich Mutter geworden war, wollte ich nicht mehr zurück in den hektischen Designalltag und habe verschiedene Dinge ausprobiert, unter anderem habe ich eine Kunstschule für Kinder gegründet. Ich hatte das Bedürfnis, etwas von meinen Erfahrungen weiterzugeben. Dann lud mich eine befreundete Psychologieprofessorin von der Medical School Hamburg (MSH) ein, sie zu begleiten. Erst habe ich ihr assistiert und schließlich einen eigenen Kurs in Creative Thinking gegeben, erst für Psychologie- und mittlerweile auch für Medizinstudierende.

Wo und was lehrst du heute?
Ich lehre immer noch an der MSH, aber mittlerweile hauptsächlich an der Design Factory in Hamburg. Ich liebe diese Mischung! Ich unterrichte zum einen Creative Thinking, also das grundsätzliche Verständnis von kreativen Prozessen, und zum anderen Design Thinking, wo es mehr um den konkre­ten Gestaltungsprozess im Job geht. Mir ist es wichtig, eine Art kreative Kompetenz zu vermitteln. Dazu gehört zum Bei­spiel auch, mit Kritik umgehen zu können, ohne daran zu zerbrechen. Das ist eine wichtige Fähigkeit, die angehende Designer:innen lernen müssen. Als ausgebildeter systemi­scher Coach versuche ich, Aspekte der Persönlichkeitsentwicklung in meine Lehre einfließen zu lassen.

Was macht dir am meisten Spaß an der Lehre?
Ich lerne so viel von meinen Studierenden! An der Design Fac­tory habe ich bereits im ersten, dritten und sechsten Semes­ter unterrichtet: Da gibt es jeweils ganz andere Bedürfnisse. Man weiß nie, was einen erwartet, aber es ist ­immer lehrreich.

Arbeitest du noch als Designerin?
Ja, aber nicht in einer Agentur. Ich gestalte keine Produkte oder Packagings mehr, sondern Konzepte und Services. Zudem kuratiere ich Ausstellungen. Das ergänzt sich gut, weil allem dieselbe kreative Herangehensweise zugrunde liegt.

Was sind für dich die wichtigsten Skills in der Lehre?
Ich denke, das Verständnis von Lehre hat sich grundsätzlich gewandelt. Es geht nicht mehr um Monolog – wie noch in meiner Ausbildung –, sondern um Dialog und darum, gegenseitig voneinander zu lernen. Unsere Rolle als Lehrende besteht nicht mehr (nur) darin, Wissen und Informationen zu vermitteln. Das kann morgen schon überholt sein. Mir ist es wichtig, meinen Studierenden beizubringen, wie man Informationen verarbeitet und daraus etwas macht. Hierbei haben viele Menschen – vor allem jüngere – große Probleme.

Was rätst du Gestalter:innen, die in die Lehre wollen?
Als Lehrende muss man in der Lage sein, den kreativen Prozess zu reflektieren und zu vermitteln. Nur weil man gute Gestaltung macht, ist man noch lange keine gute Lehrerin. Und man muss flexibel sein. Ich habe zwar ein Curriculum, aber ich muss jeden Tag auf neue Entwicklungen reagieren können – und zur Not alle Vorbereitungen und Pläne über Bord werfen. Expect the unexpected!
Um lehren zu können, muss man übrigens nicht extrovertiert sein. Ich war als Kind extrem schüchtern – damals hätte wohl niemand gedacht, dass ich mal vor einer Klasse stehen würde! Wichtig ist, dass man bereit ist, immer weiter dazuzulernen. Studierende entlarven dich schnell, wenn du nur über Dinosaurierwissen verfügst.

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»Lebenslanges Lernen ist eine der wichtigsten Fähigkeiten, um erfolg­reich zu sein – auch in der Lehre«

Felix Hardmood Beck ist seit 2020 Professor an der MSD – Münster School of Design, davor arbeitete er fünf Jahre als Visiting Research Professor an der NYU Abu Dhabi. Neben seiner Lehrtätigkeit realisiert er als selbstständiger Design Director Projekte für Kunden aus Wirt­schaft und Kultur.

Portrait Felix Hardmood Beck

War es schon immer dein Wunsch, in die Designlehre zu gehen?
Felix Hardmood Beck: Alles begann mit zwei wundervollen Menschen, die mich sehr geprägt haben: dem Künstler und Architekt Zamp Kelp, in dessen Büro ich als Student gearbeitet habe, und meinem ehemaligen Professor und späte­ren Chef bei ART+COM Studios, Joachim Sauter. Beide leb­ten vor, wie man erfolgreich einen Lehrstuhl innehaben und parallel dazu mit dem eigenen Studio großartige Projekte durchführen kann.
Manches hat sich ergeben, manches habe ich bewusst her­beigeführt. Ich war zum Beispiel ganz wild auf eine Stelle als Tutor an der UdK Berlin. Hier sammelte ich erste Erfahrungen darin, Kommiliton:innen Fachwissen weiterzugeben, und bekam Einblick in Hochschulabläufe und Unterrichtsplanung. Über die Teilnahme an Designfestivals wurde ich an internationale Universitäten eingeladen und gab dort Vor­träge, Workshops und Blockseminare. So sammelte ich wei­tere Erfahrungen und füllte meinen Lebenslauf, was mir bei späteren Bewerbungen auf Professuren half.

Welche Kurse bietest du an?
Als Professor im Fachbereich Ingenieurswissenschaften an der New York University Abu Dhabi unterrichtete ich Kurse an der Schnittstelle von Design, Innovation und Technologie und befasste mich dort mit Themen wie nachhaltige Entwicklung, Klimawandel, Globalisierung und Ernährungssicherheit. Das war eine Zeit, die mich in meiner Sicht auf die Welt und auf notwendige Lösungen globaler Fragestellungen sehr geprägt hat.
An der Fachhochschule Münster unterrichte ich derzeit im ersten und zweiten Semester Grundlagen der Gestaltung. Ich muss die Studierenden unabhängig von ihrer Vorbildung in relativ kurzer Zeit auf den gleichen hohen Wissensstand in Medien-, Produkt- sowie Ausstellungsdesign bringen und sie auf verschiedene Spezialisierungen im Hauptstudium vor­bereiten. Außerdem habe ich eine Summer School initiiert, die von der Hochschule mit 50 000 Euro für die kommenden drei Jahre unterstützt wird.

Was ist für dich der größte Vorteil der Lehrtätigkeit?
Als Professor zu arbeiten ist mein absoluter Traumberuf. Man kann seine Zeit weitgehend selbst einteilen und sich inhaltlich meist sehr frei und eigenverantwortlich bewegen. Vor allem die Arbeit an Forschungsprojekten lässt viel Spielraum. In einem arbeite ich an der Entwicklung eines Wasser­filters, in einem anderen an der Ausbildung von Frau­en in traditionellen Handwerkskünsten vor Ort in Indien. Dabei lerne ich sehr viel – seien es neue Sichtweisen, Werkzeuge oder Technologien – und gebe dieses Wissen an meine Studierenden weiter.

Du bist Vollzeitprofessor und als Design Director selbstständig. Wie schaffst du das?
Runtergebrochen hat man als Professor die Möglichkeit, ­einen Tag pro Woche eigene Projekte oder Aufträge zu be­arbeiten. Das ist eine willkommene Abwechslung zur Lehre und zur Gremienarbeit während der Vorlesungszeit. Derzeit arbeite ich in unterschiedlichen Konstellationen an Aus­stel­lungsdesign- und Museumsprojekten. Weil sich diese teilweise über einen langen Zeitraum ziehen, kann ich gut pa­rallel zur Professur daran arbeiten.

Was sind aus deiner Sicht die wichtigsten Skills in der Lehre?
Neben herausragenden Kenntnissen und Erfahrungen im eigenen Tätigkeitsfeld sind meiner Meinung nach Technologiekompetenz, Kreativität und geistige Flexibilität notwendig. Ich denke, lebenslanges Lernen ist eine der wichtigsten Fähigkeiten, um heutzutage erfolgreich zu sein – auch in der Lehre. An der FH Münster gibt es für neu berufene Professor:innen übrigens eine großartige Betreuung während der sogenannten pädagogischen Eignungsphase. Hier bekommt man viel Input, wie man sein Wissen und die eigenen Fähigkeiten verständlich und zugänglich an die Studierenden vermittelt.

Was rätst du Gestalter:innen, die in die Lehre wechseln möchten?
Einfach machen. Zum Beispiel beim nächsten Tag der offenen Tür an der nächstgelegenen Hochschule vorbeigehen und Hallo sagen. Klein anfangen, dabeibleiben und einen langen Atem haben.

Wie wird sich die Designlehre deiner Meinung nach weiterentwickeln?
Ich denke, dass es in Zukunft neue mehrsprachige Stu­dien­gänge geben wird, die flexibel sowie modular aufgebaut sind. Und es wird immer wichtiger werden, Menschen mit un­ter­schied­lichen Hintergründen und Fachgebieten schon im Stu­dium zusammenzubringen, um gemeinsam an Fragestellun­gen zu arbeiten, zum Beispiel Studierende aus Design, Gesundheit und Informatik, die sich mit globalen Gesundheits­problemen auseinandersetzen. Hierfür braucht es Lehrende, die flexibel sind, über den eigenen Tellerrand blicken und für die interprofessionelles und interkulturel­les Arbeiten vollkommen normal ist.

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Die Interviews sind erschienen in PAGE 07.2023. Die komplette Ausgabe können Sie hier runterladen.

PAGE 07.2023

Packaging für junge D2C-Marken ++ Designlehre an der Hochschule ++ Type und UI Design fürs IoT ++ B2B Branding ++ ENGLISH SPECIAL House of Gül ++ New Work: Tools & Workflows ++ Making-of: iOS-App Heavy Mental ++ VR-Produktion bei BECC Agency ++ E-Commerce: Transparente Check-outs ++ Start in die Designlehre

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