Was tun, wenn der neue Chef sagt, dass man als »fester Freier« zu teuer ist und er sich andere Angebote einholen wird.
Dominik, 44: Seit fast zwanzig Jahren arbeite ich für einen größeren Kunden. Als Student habe ich dort als Freelancer begonnen und nach und nach immer größere Projekte übernommen. Jetzt ist der Geschäftsführer in den Ruhestand gegangen. Den neuen kannte ich nicht persönlich, aber er hat mir unmissverständlich zu verstehen gegeben, dass ich zu teuer bin und sie weitere Angebote einholen werden. Mit diesem Kunden mache ich mehr als 80 Prozent meiner Einnahmen. Wie soll ich mich verhalten?
Christian Büning:
Lieber Dominik, Personalentscheidungen sind ein äußerst beliebtes Mittel für neue Geschäftsführer, um sich bemerkbar zu machen. Ihre bisher geleistete gute Arbeit steht auf einmal im Licht alter Loyalitäten und scheint nur noch wenig wert zu sein. Sie haben recht komfortabel als »fester Freier« gearbeitet. Manchmal ähnelt so ein Vertrauensverhältnis einem Angestelltenverhältnis und wird daher von den Arbeitsagenturen nicht selten auf eine Scheinselbstständigkeit abgeklopft.
Sie hatten durch diese Konstellation den Vorteil des geringen unternehmerischen Risikos und erzielten ein relativ festes Einkommen. Ihr Auftraggeber hatte den Vorteil eines zuverlässigen Partners, der die internen Strukturen gut kennt und keine Sozialversicherungen kostet. Jetzt wird die Ungleichheit dieser Vorteile in Ihrer Abhängigkeit deutlich sichtbar – das Unternehmen kann einfacher auf Sie verzichten als Sie auf das Unternehmen verzichten können.
Akut sollten Sie dem neuen Geschäftsführer deutliche und brauchbare Perspektiven für die weitere Zusammenarbeit erkennen lassen. Ihre Kenntnisse der internen Abläufe und Zuständigkeiten sind wertvoll und sparen Zeit, können allerdings ebenso als Hinderungsgrund für Innovationen gesehen werden. Machen Sie deutlich, dass Sie frischen Wind mitbringen können.
Mein Tipp: Bringen Sie ruhig auch eigene Projektideen mit. Auf lange Sicht sollten Sie unbedingt die Anzahl Ihrer Auftraggeber erhöhen, um solche Abhängigkeiten zu vermeiden. Lassen Sie sich nicht in einen Preiskampf ziehen, sondern präsentieren Sie dem neuen Kopf an der Spitze deutlich Ihre Stärken. Ein Rennen um das günstigste Angebot können Sie nicht gewinnen. Ein Rennen, bei dem es um Qualität und Erfahrung geht, schon viel eher. Lassen Sie sich nicht ins Bockshorn jagen: Auch der neue Geschäftsführer ist – allem Neuanfang zum Trotz – an einem reibungslosen Ablauf interessiert.
Christian Büning
Präsident des Berufsverbandes der Deutschen Kommunikationsdesigner/
PAGE Kolumnist »Business Basics«
Christian Büning ist Inhaber des Büro Büning Informationsgestalter und Gründer des Werkstoff Verlags. Er ist Autor der BDG Gründerfibel und schreibt in der PAGE monatlich für Designunternehmer. Im BDG engagiert er sich für faire Märkte und professionelle Teilnehmer, seit 2011 in der Funktion als Präsident. Er ist leidenschaftlicher Fan von schematischen Zeichnungen und kann sich oft stundenlang nicht zwischen der Unit und der Droid Sans entscheiden. Christian Büning lebt und arbeitet in Münster – mit Fahrrad, natürlich.