Ein fein linierter Buchladen, knallblauer Hafer oder Cannabis High Culture: Zum 70. Mal hat der Type Directors Club New York seine Auszeichnungen verliehen, 203 waren es in diesem Jahr – und hier unser Best-of im Kommunikationsdesign.
Es ist eine Jubiläumsausgabe des Type Directors Club New York. Zum 70. Mal verlieh er seine begehrten Auszeichnungen für Typographic Excellence und das in Communication Design, in Lettering und Type Design.
Viele Awards gingen in den asiatischen Raum, gleich fünf an die New York Times – und insgesamt elf an Deutschland.
Darunter das Erscheinungsbild von Neue Gestaltung für einen Buchladen in Berlin-Mitte, der sich schlicht about nennt – und um wechselnde Themen kreist. New Gossip ist neulich auf Unwissen gefolgt, aber genauso kann man natürlich auch jedes andere Buch dort bestellen.
Und sich gleichzeitig über die wunderbare, fein linierte und variable Gestaltung freuen, die das wechselnde Programm spiegelt, aber durch die handgeschriebene Europa Grotesk klar definiert ist und ganz wie Bücher selbst, alles miteinander verbindet, Gemeinschaft schafft und einen durch das Wortlogo, das gleich den gesamten Eingang umkreist, in eine andere Welt führt.
Musikalische Buchstaben und Kuheuter
Ganz so wie das typografische Leitsystem, das von dem buero uebele für das Musikzentrum Baden-Würrtemberg entwickelt wurde (hier auf PAGE online) und das Gebäude zum Klingen bringt.
Und wann kommt es schon mal vor, dass die Gestaltung einer Milchflasche ausgezeichnet wird?
Für die Laiterie urbaine de Québec, die Urban Creamery of Quebec, hat das ebenfalls dort ansässige kleine Designstudio Criterium, das auch eine eigene Galerie betreibt, eine wiederverwendbare Glasflasche gestaltet, die wunderbar schlicht wirkt – und gleichzeitig zurück in die Geschichte und hinaus auf die Kuhweide führt.
In sattem Grün bedruckt, zitiert sie das Grafikdesign aus einer Zeit, als gläserne Milchflaschen noch weit verbreitet waren. Und das reduziert eine Schrift, eine Schriftgröße und Schnitt und verweist mit lustigen Punkten auf der Flasche auf die vier Zitzen des Kuheuters.
Andere Welten
Ausgezeichnet wurde ebenfalls die 21. Ausgabe des Fukt magazine for drawing, das 1999 in Norwegen gegründet wurde, zwei Jahre später nach Berlin umzog – und seit 2006 unter der Artdirektion von Ariane Spanier steht.
Einmal jährlich und ganz ohne Werbung erscheint es, dreht es sich ganz ums Zeichnen und führte in der preisgekrönten Ausgabe #21, dem The Unknown Issue, ins Unbekannte, mit dem es auch im Editorial Design spielt, mit dem nicht unwissenden, dem unerforschten und verschwommenen.
Wofür Cannabis abseits von stilisierten Hanfblättern und grellen Riesenbongs stehen kann, zeigt hingegen Base Design in ihrem Branding des House of Cannabis, kurz auch THC NYC, einem Space in New York, der sich auf fünf Etagen, in Ausstellungen und Erlebnisräumen der High Culture widmet.
Die ikonischen Fenster des Hauses mit seinen Rundbögen verwandeln sich in der Identity in ein Portal in eine andere Welt, in dem Farbverläufe schimmern, Rauch aufsteigt, Pflanzen leuchten und Menschen lachen und es heißt »Weed Belong Together«.
Farbstark
50% Toy heißt das Unternehmen, für das indigo Design aus Macao ein Erscheinungsbild entwickelt hat, das Chinesisch und Englisch zusammenbringt und zeigt, was das Besondere an dem Brand ist.
Denn der legt nicht nur Wert auf das Spielen, sondern auch auf die Originalität seiner Toys und darauf, sie mit Kunst und Kreativität zu verbinden, mit Illustration und Grafikdesign.
In satten Farbkombinationen und mit Formen, die von Verbindungen und von östlicher und westlicher Kultur erzählen, leuchtet der junge Brand.
Farbstark ist auch das ausgezeichnete Packaging des Studio So Creative aus Shanghai, das für die Biermarke Peiping Machine zum Chinesischen Neujahr ein Design entwickelte, das wie Feuerwerkskörper zündet – und auch die Identity von Landor Paris für Myom aus London, einer Milchalternative aus Hafer, die nicht nur Kühen das Leid erspart, sondern der Umwelt auch zu viel Packaging.
Und so flexibel wie das Produkt, das mit Wasser angereichert wird, ist auch die Typografie, die sich in die unterschiedlichen Größen verwandeln kann,das fließt, zum Muster wird oder schwungvoll expandiert.
Tanzen und morphen
In Bewegung ist auch das Logo für Dansekampen, einem norwegischen Tanzwettbewerb für Menschen mit kognitiven Beeinträchtigungen.
Die Agentur Try aus Oslo hat dafür die Versalen D und K zu einem Icon zusammengebracht, das verschiedene Tanzbewegungen spiegelt.
Auf eine andere Art schlägt die Identity von Candour Wellen und verändert ebenfalls ihre Formen. Die britische Weinmarke, die statt auf Glasverpackungen, die für über 50 Prozent der Treibhausgasemissionen von Wein verantwortlich sind, auf Dosen setzt, wurde mit einem Branding des Stockholmer Studio Bedow versehen.
Offen und aufrichtig bedeutet der Name Candour und diesem Anspruch folgt auch die Identity, die nicht nur auf die Tagline »Honestly Delicious Wine« setzt, sondern ganz auf ein Wortlogo, das den jeweiligen Wein selbst porträtiert.
Fruchtigkeit, Säuregehalt und Körper, die Wein beschreiben, setzt die Wortmarke in ihrer Typografie um, und zwar in runderen Ecken, in feinen oder eben breiteren Linien oder mit einem kräftigeren Strich! Es lohnt sich also genau hinzuschauen.