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Moderne Fraktur-Schriften

Gebrochene Schriften sind wieder angesagt! Wir stellen moderne – teils kostenlose – Fraktur-Fonts und spannende aktuelle Anwendungen vor.

In Deutschland hatten Frakturschriften viele Jahrzehnte einen ganz schlechten Ruf. Das beginnt sich gerade zu ändern. Denn immer mehr junge Gestalter aus aller Welt zeigen sich fasziniert von gebrochenen Schriften, benutzen entweder alte Fonts oder entwerfen neue. 

Meist sind es geometrisch anmutende Alphabete wie bei der Fracture von Joël Maillot. »Ich mag kalligrafische Schriften, aber oft wenn ich Fraktur- und Gothic-Fonts sehe, wirken sie auf mich zu dekorativ, mittelalterlich, nicht lesbar und nicht modern genug, um sie in meiner Arbeit zu verwenden«, erklärt der Designer aus Südfrankreich.

Mit einem Kalligrafiefüller, dem Parallel-Pen von Pilot, machte er sich per Hand richtig amtlich an die Arbeit, wobei er ausschließlich mit Winkeln von 28 und 65 Grad arbeitete. Die fertige Schrift lässt sich kostenlos hier downloaden. 

 

Dass in Deutschland der Umgang mit den gebrochenen Schriften lange Zeit nicht so unbefangen war, hat seine Gründe. Von der Fraktur ist immer zuallererst die Rede, wenn es um Typografie in der Nazizeit geht. Letzeres ist auch Thema der aktuellen TypoStoria, unserer beliebten Serie zur Geschichte der Typografie, deren jüngste Folge in PAGE 09.2018 nachzulesen ist. 

Der Artikel zeigt, dass die von den Nationalsozialisten benutzten gebrochenen Schriften zwar oft durch allzu stramme Gradlinigkeit sehr aggresiv, aber andererseits auch durchaus modern daherkamen. Der Trend zur Vereinfachung der Antiqua, der in den zwanziger Jahren zur Entstehung wegweisender Grotesktschriften wie der Futura geführt hatte, schlug sich auch auf die Fraktur nieder.

Es entstanden sogenannte Fraktur-Grotesk-Schriften wie die Tannenberg, die etwa der in Berlin lebende Fotograf Peter Kaaden provokativ auf seiner Website einsetzt. Wir haben den Auftritt hier vorgestellt. 

Eben diese Fraktur-Grotesk ist es häufig, die heutige Gestalter so fasziniert und die sie in vielerlei Form abwandeln. Wir stellen in der Folge einige teils kostenlose aktuelle Fraktur-Fonts vor und zeigen zeitgemäße Anwendungen diversester gebrochenen Schriften.

 

Francesco Futterer gestaltete sein Fotozine »Whatever Happened Happened« mit einer Fraktur-Grotesk von 1936, der Werbedeutsch von Herbert Thannhäuser. Auch das Plakat für Austellung und Release des Posters nutzte die Schrift, die auf diversen Websites kostenlos bereitsteht.

 

 

Die Blak – eine »Neoclassical Blackletter«, wie der Berliner Designer Jan Weidemüller sie nennt – ist bei The Designers Foundry zu haben

 

 

Freefont aus dem Londoner Studio von Kutan Ural, wo er sich auch direkt downloaden lässt

 

 

Diplompräsentation von Dorota Hošovská aus Prag, die eines der Bücher von George R. R. Martinaus aus der Reihe »Games of Throne« visuell neu umsetzte. Mehr Bilder vom Projekt gibt es hier

 

 

Website eines Take-Away-Restaurants für chinesisches Essen in St. Louis, gestaltet von Skcrub.Studio

 

 

Der junge Illustrator und Designer Clemens Rothbauer aus Leipzig geht das Thema Fraktur mit bissigem Humor an

 

 

Fabian Nerstheimer, Absolvent der Bauhaus-Uni Weimar und jetzt in Frankfurt lebend, hat mit der Weimar Fraktur eine gut ausgebaute moderne gebrochene Schrift entwickelt, die mit 124 Glyphen alle gängigen Frakturligaturen und moderne Zeichen enthält – aber bisher nicht veröffentlicht wurde.

 

 

Typo in einem Film von Andre Bato über die britisch-chinesische Künstlerin Faye Wei Wei, zu sehen bei Nowness

 

 

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Kommentar zu diesem Artikel

  1. Geradezu ein Treppenwitz der Typographie-Geschichte ist es, dass, es war wohl 1941, Hitler die Verwendung der Fraktur verboten hatte. Die nachgeschobene Begründung war, sie wäre eine jüdische Entwicklung und wurde deshalb auch als Schwabacher Judenschrift geschmäht. Man darf nicht vergessen, dass Hitler ein Kind der Moderne war. Entgegen allen Deutschtümelei, mit denen auch die nationalen und rechtskonservativen bedient werden sollten, war der nationale Sozialismus – wie auch der internationalistische Sozialismus – der Moderne verbunden. Nimmt man allein die Hakenkreuzfahne, so hat man es doch mit einem für die Zeit sehr fortschrittlichen und prägnanten Design zu tun. Dieser modernistische Drang zeigte sich im Glauben an fortschrittliche Waffentechnik und in grausamster Konsequenz im industriellen Morden nicht nur in den KZten.
    Die Fraktur hat ein lange, glanzvolle Geschichte, von der u. a. grandiose Werke der Buchkunst erzählen. Und es freut, dass sie trotz des Missbrauchs (erst durch völkisch-nationalistische Bewegungen und in der Folge leider hauptsächlich durch Gestalter mit falscher ‘Zuweisung’) wiederentdeckt und -geschätzt wird.

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