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Die besten Tools zur Fontverwaltung

Tools fürs Font-Management bringen Ordnung ins Schriftenchaos. Neben den Klassikern FontExplorer X Pro und Suitcase Fusion gibt es mit RightFont oder FontBase schlanke, agile Tools für designaffine Anwender.

Fontverwaltung

Auf der Beliebtheitsskala von Kreativen kommt Font-Management gleich nach der Buchhaltung. Oft fehlen Zeit und Lust, sich die Funktionen der diver­sen Schriftverwaltungstools im Detail anzuschauen und zu vergleichen, um sich dann für eines zu entscheiden. So bleiben viele einfach bei Apples mitgelieferter Schriftsammlung. Dagegen ist auch nichts einzuwenden, allerdings sollte man wissen, dass FontExplorer, Suitcase und Co heute weit mehr können als bloß Ordnung halten. Sie liefern genaue ­Informationen über die Ausstattung eines Fonts ­(Ligaturen, Kapitälchen, Ziffernvarianten et cetera), zeigen ähnliche Schriften und Kombinationen an oder ermöglichen es, Webfonts in einer beliebigen Website auszuprobieren.

Eine der wichtigsten Funktionen, die alle Programme beherrschen, ist die temporäre Aktivierung von Fonts. Indem man nur diejenigen aktiviert, die man aktuell benötigt, beziehungsweise andere deaktiviert, vermeidet man, das Betriebssystem zu ver­stopfen. Meist umfassen die Schriftverwaltungen auch Plug-ins für gängige Programme wie InDesign, Photoshop oder Illustrator. Fehlt beim Öffnen eines Dokuments ein Font, fragt das Plug-in beim Font-Manager nach, der die Schrift – sofern vorhanden – automatisch zur Verfügung stellt.

Fontverwaltung: Mehrfunktionen mit echter Relevanz

Suitcase Fusion und FontExplorer X Pro gehören zu den Urgesteinen des Font-Managements. Was nicht bedeutet, dass sie in der Entwicklung stehen geblieben wären, außerdem haben sie deutlich mehr Funk­tionen als RightFont oder FontBase, die sich vor allem an designaffine Nutzer richten. Trotzdem stellen diese schlanken, agilen Tools eine ernst zu nehmende Konkurrenz für die Big Player dar. Diese soll­ten also darauf achten, dass ihre Mehrfunktio­nen echte Relevanz für Kreative haben. Zum Beispiel indem sie vermehrt auf KI setzen. Wie wäre es mit Algorithmen, die über die eigene Schriftbib­liothek hinausgehen und lernen, welche Fonts ich häufig anwende, um mir dann Neuerscheinungen in dieser Richtung vorzuschlagen? Wer als Designer mit vielen verschiedenen Kunden zu tun hat, muss nach wie vor von Hand Gruppen oder Bibliotheken bilden, um diese sauber voneinander zu trennen. Noch ist da keine Intelligenz in Sicht, die einem das abnimmt. In Zeiten von Gesichtserkennung und selbstfahrenden Autos sollte da doch etwas möglich sein!

Font-Management-Tools und ihre Eigenschaften

FontExplorer X Pro 7: Mit künstlicher Intelligenz

  • Hersteller: Monotype
  • System: Mac und Windows (Letzteres wurde schon sehr lange nicht mehr aktualisiert)
  • Sprache: Deutsch
  • Preis (circa): 109 Euro
    www.fontexplorerx.com

Die größte Neuerung der aktuellen Ver­sion 7 ist die sogenannte Discovery Engine. Der KI-basierte Algorithmus sucht ähnli­che Typen, liefert Ideen für Kombinationen und klas­sifiziert die installierten Schriften. Wählt man eine aus und klickt im Vorschaufenster auf »Ähnlich«, wer­den sofort alle Fonts in der Bibliothek angezeigt, die ihr ähneln. Wer unsicher ist, welche Schriften sich gut mischen lassen, erhält mit einem Klick auf »Kombination« diverse Vorschläge. Natürlich wissen die meisten Designer auch ohne FontExplorer über gelungene Paarungen Bescheid, doch befinden sich oft so viele Schriften auf ihrem Rechner, dass sie gar nicht alle im Kopf haben können und mit der Unterstützung möglicherweise auf ganz neue Kombinationen kommen.

Wirklich praktisch ist die Webseitenvorschau. Bei Klick auf das Symbol oben rechts im FontExplorer-Programmfenster öffnet sich die »Web Preview«. Dort gibt man eine beliebige URL ein und kann sich dann auf der Website die Textblöcke in jedem seiner aktivierten Fonts anzeigen lassen. Gut versteckt hat Monotype die »Character Toolbox«, die sich nur über das »Ablage«-Menü aufrufen lässt. Hier gibt es zum Beispiel Informationen zu Tinten- und Papierverbrauch einer Type – für eine einmalige Anwendung sicher nicht so essenziell, für die Auswahl einer Haus­schrift oder oft eingesetzter Fonts aber durchaus ein Entscheidungskriterium in puncto Nachhaltigkeit.

Auch auf die gut 2000 kostenlosen Google Fonts kann man zugreifen, allerdings muss man dazu erst die Software SkyFonts herunterladen und installieren. Über diese lassen sich auch Schriften bei den zu Monotype gehörenden Foundries kaufen. FontExplorer X Pro ist nach wie vor als Stand-alone-App­likation erhältlich, man muss also kein Abo abschließen. Das wird dem ein oder anderen Nutzer mög­licherweise wichtiger sein als das nach wie vor ­etwas altbacken aussehende Interface.

Fontverwaltung Fontexplorer
Mit der »Web Preview« lassen sich in FontExplorer X Pro 7 Schriften in Websites testen. Hier die PAGE-Seite mit Ingeborg statt mit Mark

Enterprise Font Solution und Universal Type Server: Die großen Lösungen

Die cloudbasierte Enterprise Font Solution von Monotype ergänzt die Servervariante von FontExplorer. Über ein Subskriptionsmodell bietet sie Zu­griff auf rund 14 000 Fonts und damit alle Schrift­familien, an denen Monotype die Rechte hat. Die Nutzung der Desktop-Fonts ist enthalten, Anwendungen für Web oder App muss man hinzubuchen. Darüber hinaus können Unternehmen in der Enterprise Font Solution jetzt auch ihre eigenen Schrif­ten hochladen. Bei Extensis heißt die Serverlösung Uni­versal Type Server und ist eine lokale, keine cloudbasierte Applikation.

Beide Systeme sind ab zehn Usern sinnvoll und bieten auch Unterstützung bei der Verwaltung von Schriftlizenzen. Das spart Geld, weil man nichts doppelt kauft, und rechtlich auf der sicheren Seite ist.

Suitcase Fusion: Unterstützung der Creative Cloud 2020

Extensis ist mit ihrer Schriftverwaltung mittlerweile bei Version 21.0.1 angelangt, verzichtet aber auf diese Angabe. Die Software heißt einfach nur Suitcase Fusion. Neu ist vor allem die Umstellung aufs Abomodell. Als Grund nannte Extensis, dass man so schneller die jeweili­gen Plug-ins bereitstellen könne, wenn es etwa Up­dates der Creative-Cloud-Tools gibt. Die Dokumentenverfolgung ist inzwischen nicht mehr nur für ­Adobe After Effects, Illustrator, InDesign und Photo­shop möglich, sondern auch für Affinity Designer, Photo und Publisher sowie Sketch. Das heißt, der Anwender kann zum Beispiel eine InDesign-Datei auf Suitcase Fusion ziehen und so erfahren, welche Fonts sie enthält.

Über den Button »QuickMatch« schlägt die Software ähnliche Schriften aus der Bibliothek vor. Aller­dings nicht nur aus den selbst installierten Fonts, sondern sie sucht – wenn gewünscht – auch unter den 2986 Google Fonts. Auf die hat man nämlich ­automatisch, also ohne Installation eines zusätzlichen Programms, Zugriff. Ausgefeilt ist die Suchfunktionalität von Suitcase Fusion, vor allem die »Erweiterte Suche« (erreichbar über »Bearbeiten«, »Zeichensätze suchen«). Hier lassen sich Schriften nach einer beliebigen Kombination von Attributen wie Name, Hersteller, Tags, Schnitt, Klassifikation und Version ausfindig machen. Einmal als »Smart Search« gespeichert, ist es möglich, sich die Fonts, die diesen Suchkriterien entsprechen, immer wieder anzeigen zu lassen.

Zur eindeutigen Identifizierung von Schriften ver­wendet Extensis die von dem Unternehmen patentierte Font-Sense-Technologie. Fügt man eine weitere Schrift zu Suitcase Fusion hinzu, sammelt das Tool alle mög­lichen Informationen wie Name, Version oder Klassifikation und bildet daraus eine zehn­stellige Zahl, die Font-Sense-ID. Beim Öffnen eines Dokuments, das diese Schrift nutzt, schaut Suitcase Fu­sion nicht nach deren PostScript-Namen, sondern nach der Font-Sense-ID. So lassen sich Konflikte durch die Verwendung unterschiedlicher Typen mit demselben Namen vermeiden, etwa einer Futura von Adobe und einer von Monotype.

Das User Interface von Suitcase Fusion wirkt moderner und ein wenig aufgeräumter als das von Font-Explorer X Pro, ein Manko ist allerdings die feh­len­de Webseitenvorschau.

Fontverwaltung Suitcase
Suitcase Fusion sucht über den Button »QuickMatch« ähnliche Schriften aus der Bibliothek – der eigenen oder auf Wunsch auch unter 2986 Google Fonts

FontBase: Basisversion kostenlos

  • Hersteller: Fontba.se
  • System: Mac, Windows, Linux
  • Sprache: Englisch
  • Preis (circa): Basisversion kostenlos, FontBase Awesome 3 Dollar pro Monat, knapp 30 Dollar im Jahr oder einmalig 180 Dollar
    www.fontbase.se

Das Tool ist sehr intuitiv: einfach per Drag-­and-drop neue Ordner mit Fonts installieren, als Favoriten markieren oder zu einer neuen Kollektion hinzufügen. Der Zugriff auf Google Fonts funktioniert automatisch. Der Blindtext (»The quick brown fox«) lässt sich unkompliziert verändern, ebenso die Schriftgröße. Die Fonts kann man mit Vorder- und Hintergrund­farben versehen.

Hin und wieder wird ein Fenster mit der Aufforde­rung eingeblendet, auf das kostenpflichtige FontBase Awe­some upzugraden, das unter anderem Zugriff auf die »Super Search« bietet. Mit dieser lassen sich Schriften nach x-Höhe, Kontrast, Proportion und Strichstärke suchen. Außerdem werden Fonts automatisch für Photoshop-, Illustrator- und InDesign-Dokumente aktiviert und alle vorhandenen Glyphen eines Fonts angezeigt, nicht nur die aus dem Basic-Latin-Zeichensatz. Auch in der Bezahlvariante unter­stützt die Software nur OpenType- und TrueType-Fonts, also keine Webformate. FontBase ist ein über­sichtliches, einfaches Tool für alle, die einfach ihre Schriften sortieren möchten.

Fontverwaltung Fontbase
Der Blindtext in FontBase lässt sich ganz einfach anpassen

RightFont: Schlank und schick

RightFont konzentriert sich auf die grund­legende Aufgabe einer Schriftverwaltung – Fonts zu organisieren. Das Programmfens­ter zeigt alle verfügbaren Typen an, mit Klick auf den Button »AA« kann man zwischen einer »List«-, »Card«- oder »Grid«-Darstellung wählen. Die Schrift­größe lässt sich einstellen, der Blindtext frei wählen. Neben der Suche anhand des Namens bietet das Programm bei Klick auf die Lupe eine Reihe von Filterfunktio­nen: Klassifikation, Laufweite, Status (aktiviert oder deaktiviert), Sprache oder Format, darunter auch WOFF und WOFF2. Ein weiteres schönes Feature: RightFont stellt unter einem eigenen Menüpunkt 24 frei nutzbare Icon-Fonts bereit, sodass man bei der Suche nach einem bestimmten Symbol nicht die gesamte Bibliothek durchforsten muss, sondern schnell fündig wird. Die automatische Schriftaktivierung mit allen gängigen Programmen funktioniert ebenso wie die Synchronisation über iCloud, Google Drive oder Dropbox.

Fontverwaltung RightFont
Bei Klick auf die Lupe bietet RightFont diverse Filterfunktionen, um nach Schriften zu suchen

Mit welchen Font-Management-Tools Kreative arbeiten

Fontverwaltung Veerle Pieters

Endlich angekommen

Ich habe schon viele Tools ausprobiert. Angefangen mit MasterJuggler, gefolgt von Suitcase Fusion. Dann bin ich zu FontAgent Pro gewechselt, weil ich bei Suitcase Fusion für jedes Update bezahlen musste. Vor vier Jahren schließlich trennte ich mich auch davon, da es immer sehr lange gedauert hat, bis sie auf das aktuelle Betriebssystem updateten. Jetzt bin ich bei RightFont gelandet und sehr zufrieden. Die Software nutzt
stets das neuste macOS und ist dadurch sehr schnell – auch mit einer riesigen Schrift­bibliothek. Gut gefällt mir vor allem die Synchronisation über alle Devices und die automatische Aktivierung der Fonts in den Programmen, die ich nutze.
Veerle Pieters, Designerin, Illustratorin und Blogautorin, Deinze, Belgien
https://duoh.com
https://veerle.duoh.com

Fontverwaltung Thomas Dyzak

Auf der sicheren Seite

Schon seit mehr als zehn Jahren arbeiten wir mit Universal Type Server von Extensis, weil es bei unseren rund hundert Nutzern den zentralen Zugriff auf die Schriften und das Lizenz­management organisiert. Mir gefällt vor allem die einfache Handhabung und Verteilung der Fonts, sodass alle im Team effektiv arbeiten können. Und dank der Lizenzverwaltung ist die Rechtssicherheit immer gewährleistet.
Thomas Dzyak, IT-Support bei Nonfood Werbeagentur, Hamburg
www.nonfood.de

Fontverwaltung Jens Windolf

Zur Ordnung gezwungen

Ich habe eine Zeit lang Suitcase Fusion genutzt, aber es gab immer wieder Probleme mit dem Font-Management-Core. In der Folge musste ich irgend­welche Daten im System löschen und die Software neu starten beziehungsweise manchmal komplett neu installieren. FontBase ist sehr schlank und wirkt sich kaum auf die Performance aus. Super finde ich, dass das Programm auf mein individuelles Ordner-Verzeichnis zurück­greift, in dem ich sehr frei eigene Kategorien und Strukturen aufsetzen kann. Das zwingt mich zur Ordnung. Die vorhandenen Features reichen mir völlig, denn es geht mir vor allem darum, nicht benötigte Schriften zu deaktivieren. Leider wird man nach einem Neustart immer ausgeloggt. Ich habe dazu die Entwickler schon einmal kontaktiert, immerhin kennen sie das Problem. Vielleicht tut sich da noch was.
Jens Windolf, Designer, Hamburg
https://jenswindolf.de

Fontverwaltung Sebastian Jopen

 

Große Auswahl für Kunden

Als Spezialist für Web-to-Print-Anwen­dungen spielen Schriften auf unseren Portalen eine große Rolle für gute Gestaltung. Die meisten Anbieter arbeiten hier mit Freefonts, um die Herausforderungen der Lizenzierung zu umgehen. Wir haben uns für die Enterprise Font Solution entschieden und können nun auf die gesamte Schriftbibliothek von Monotype zugreifen, um eine kuratierte Auswahl für unsere Nutzer zu treffen. Die Fonts lassen sich analysieren und testen, niemand muss die Katze im Sack kaufen. Wenn ich einen Wunsch frei hätte: Bei aktuellen Handlettering-Fonts ist die Auswahl noch eher eingeschränkt. Hier hoffe ich auf eine baldige Erweiterung.
Sebastian Jopen, Geschäftsführer von intomedia, München
www.intomedia.de

Fontverwaltung Patrick Sommer

 

Es geht auch ohne

Auf meinem MacBook nutze ich gar keine Font-Management-Software. Ich lege die Schriften jeweils in InDesigns »Fonts«-Ordner (Programme › Adobe InDesign › Fonts). Bei ver­schiedenen Varianten einer Schrift oder einer neuen Version kann ich so leicht sicherstellen, dass InDesign die gewünschte Version der Schrift verwendet. Damit die Performance von InDesign erhalten bleibt, sollte man nur die aktuell benötigten Schriften in diesem Ordner ablegen, das heißt, die Anzahl der dort befindlichen Fonts möglichst gering halten.
Patrick Marc Sommer, Designer und Buchautor, Berlin
www.typoint.com

Tipp: Lesen Sie als PAGE+ Kunde die ganze Ausgabe als PDF. Am besten gleich runterladen!

PDF-Download: PAGE 9.2020

Zeit für Ideen! 10 Themen, 10 Visionen ++ Behavioural Design ++ Selfmarketingtool Freefonts ++ Design & Wirtschaft nach Corona ++ Außergewöhnliche Agenturen ++ Making-of: Chatbot für lexoffice ++ Nachhaltiges Packaging ++ Tutorial: UX Design mit Figma ++ Ratgeber: Font-Management-Tools

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