Allrounder Familie wächst
Die Schriftfamilie Allrounder ist bereits eine weit verzweigte Sippe. Typedesigner Moritz Kleinsorge aber legt nochmal nach.
Sie ist das Flaggschiff der Foundry Identity Letters aus Kempen. Seit 2019 sammeln sich unter dem Allrounder-Banner Schriften, die besonders gut miteinander harmonieren und dadurch vielfältige Kombinationen auch in komplexen Layouts erlauben. Zunächst waren Allrounder Antiqua, Allrounder Grotesk und Allrounder Monument erschienen, vor allem die Antiqua und die Grotesk erneuerte Moritz Kleinsorge jetzt von Grund auf.
Insbesondere für den Editorial-Design-Bereich wurde eine Anpassung der fetten Schnitte der Grotesk gewünscht – ins noch dunklere und Schlagkräftige hinein.
Jede Menge neuer Features
Damit standen nicht nur die Gewichtsverteilung und die Kurvenqualität der Grotesk auf dem Prüfstand: Für eine aufeinander abgestimmte Schriftsippe wie die Allrounder bedeutete dies eine Anpassung der Zeichnung auch der anderen Subfamilien. So wurden alle Schnitte sämtlicher Familien durchgängig etwas dunkler und alle Glyphen erhielten ein subtiles Bézier-Facelifting. Auch Zurichtung und Spationierung erneuerte Moritz Kleinsorge für alle Fonts.
Bewegten sich diese grundsätzlichen Änderungen noch auf der Ebene von Wartung und Instandhaltung, so kamen zugleich auch eine Menge neuer Features hinzu, die die Allrounder-Schriften vielseitiger machen. Die Kursive der Antiqua etwa, zeichnete Kleinsorge komplett neu, sie wartet nun mit einem aufrechteren und deutlich beruhigten Schriftbild auf, die dem Namen Allrounder gerechter wird als die vorige, eher expressive Variante.
Die Unterfamilie Allrounder Grotesk bekam zwei neue Mitglieder: die schmale Condensed und die noch schmalere Compressed.
Das Ende der Ein-Skelett-Politik
Die Fonts von Moritz Kleinsorge beschreiten dabei einen anderen Weg als die meisten anderen Superfamilien. Statt Grotesk, Antiqua und die anderen Allrounder-Ableger auf einem gemeinsamen Skelett aufzubauen, bedient Kleinsorge sich für jedes Familienmitglied der Konstruktionsprinzipien einer anderen Epoche oder Stilrichtung, sodass die Basis stets eigenständig ist. Angepasst und aufeinander abgestimmt sind dagegen die Metrik und die Textur: Alle Schriften weisen die gleiche x-Höhe und die gleiche Versalhöhe sowie Kegelgröße auf. Gleiche Fettegrade sorgen für den gleichen Grauwert auf der Seite, auch in unterschiedlichen Schriften.
Mehrwert für Buchdesign, UI/UX und Branding
Der Vorteil liegt auf der Hand: Mehrsprachige gedruckte Werke lassen sich in unterschiedlichen Allrounder-Schriften mehrspaltig setzen, ohne dass eine der Spalten visuell herausgehoben wird. Links, Anmerkungen und anderes können in Apps und Webseiten durch einen anderen Schriftschnitt funktionell gekennzeichnet werden, ohne den ruhigen Texteindruck zu stören. Und die mühelose Kombinationsmöglichkeit von Schriften aus unterschiedlichen Genres ist für Branding- und Packaging-Projekte kostensparend und attraktiv.
Noch mehr Familienmitglieder
Die Superfamilie soll noch drei weitere Mitglieder bekommen: im Frühjahr Allrounder Didone und wohl im Herbst Allrounder Baroque. Sieerweitern den Formenkanon der Schriftsippe um zwei weitere Epochen, die insbesondere in den Bereichen Fashion, Kultur, Buchgestaltung und Corporate Identity auf Zuspruch stoßen dürften – von dort kamen die entscheidenden Anregungen für diese Designs. Bereits erschienen ist die dicktengleiche Allrounder Mono. Sie stellen wir hier in Kürze in einem gesonderten Artikel vor.
Wie geht es weiter?
»Erst einmal muss ich mich erholen. Eine Schrift zu zeichnen ist für mich nach wie vor eine anspruchsvolle Aufgabe, aber die Textur und Gewichte von gleich einem halben Dutzend davon untereinander auszubalancieren hat ordentlich Nerven gekostet,« sagt Moritz Kleinsorge. »Als nächstes steht der letzte Schliff für Allrounder Didone an. Mittelfristig verlangt dann Allrounder Baroque noch nach einigem an Liebe, damit auch sie bald erscheinen kann.«
Auf lange Sicht möchte der Typedesigner die Sippe um einige expressivere Varianten erweitern – die aber trotzdem noch in die Metrik des Gesamtsystems passen. Ist das ein Widerspruch zum ›neutralen‹ Image der Superfamilie? »Das werden wir sehen. Und irgendwann, da will ich die alten Italics der Antiqua noch einmal neu zeichnen und in einem Stylistic Set wieder mit der Antiqua vereinen. Aber dafür habe ich definitiv noch keinen Zeitplan.«
Etwas andere TypeSamples
Neben den »normalen« Typesamples gestaltete Moritz Kleinsorges Kollege Johannes López Ayala vom Gestaltungsbüro Tipogris noch welche der besonderen Art. Er erstellte mit DALL·E verschiedene Visualisierungen des Pangrams »the quick brown fox jumps over the lazy dog«, die sich an den Epochen der Schrift orientieren. Beispielsweise ein Gemälde des Pangrams von Raffael zur Renaissance Antiqua, von Camuccini für die Didone. Die Samples gibt es auch gedruckt, beim Kauf einer der Allrounder Schriften bekommt man sie gratis dazu, solange der Vorrat reicht und sofern der Betrag 79 Euro übersteigt.
Und zum Start der neuen Allrounder bietet Identity Letters einen um 50 Prozent reduzierten Einführungspreis, der bis einschließlich 15. März 2024 gilt.
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