Code eröffnet in den Händen von Designer:innen ganz neue Möglichkeiten. Wir begleiten den ukrainischen Freelance Art Director und Creative-Coding-Autodidakten Anatolii Babii bei seinem Einstieg in die Coding-Szene – und beim Programmieren seines ersten Kreativ-Tools
Mit Code gestalten Anatolii Babii programmierte den RITM-Wellengenerator als Tool für Kreative und Laien, die auch ohne Code generatives Design produzieren wollen. Am besten läuft die Anwendung auf dem Desktop – Babii arbeitet aber schon an einer schlankeren Mobile-Variante.
Anatolii Babiis Liebe zum Design begann schon in den frühen 1990ern, als er seinen ersten eigenen Computer bekam – eine selbst gebaute Konstruktion aus klobiger Tastatur, flimmerndem Röhrenbildschirm und einem Kassettenlaufwerk. Die Ästhetik der Games aus dieser Zeit fasziniert ihn bis heute, genauso wie die Möglichkeit, »aus dem Nichts« mittels Grafikdesign und Code ganze interaktive Welten zu erschaffen. Seit Beginn des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine lebt Babii in der bulgarischen Stadt Warna. Er arbeitet dort als Freelance-Grafikdesigner, unterstützt Agenturen und Unternehmen – und bringt sich selbst Creative Coding bei.
Babiis Karriere begann als Stock-Illustrator – Creative Coding entdeckte er erst 2020 in einem Designkollektiv aus codeinteressierten Freelancer:innen, das den Pattern-Generator Normform mit Unterstützung eines professionellen Developers entwickelte. Leider löste sich die Gruppe auf und hinterließ lediglich eine Reihe an wundervollen grafischen Artworks. In seinem nächsten Projekt ging Anatolii Babii einen Schritt weiter und entwarf den RITM Generator – ein Grafiktool, mit dem man Wave-Animationen erzeugen und exportieren kann. Das Interface Design und die Programmierung des RITM Generators und dessen Bedienflächen übernahm Babii selbst.
Dabei lernte er nicht nur mittels der JavaScript-basierten Open-Source-Library p5.js (mehr dazu unter »Coding-Ressourcen für den Einstieg«, siehe Seite 82) die Grundlagen des Creative Coding, sondern erkundete auch die stark vernetzte Coding-Community. Heute empfiehlt Babii Designerinnen und Designern, den Sprung in den Code zu wagen, und macht Anfänger:innen Mut. »Beim Programmieren kann einen die Informationsmenge schnell einschüchtern. Dabei ist alles, was man braucht, Interesse, ein wenig Geduld und Zeit zum Üben. Dann kann Code Kreativen ganz neue Welten eröffnen – auch ohne Vorkenntnisse.«
PROJEKTRITM Generator DESIGNERAnatolii Babii, Kiew, Ukraine, und Warna, Bulgarien TOOLS OpenProcessing-Webeditor, JavaScript, HTML, CSS, p5.js, Simplex-Noise-Algorithmus ZEITRAUM August bis Dezember 2022
Warum eigene Tools programmieren?
Für Anatolii Babii lagen die Vorteile grundlegender Coding-Kenntnisse auf der Hand: Von besonderen Effekten im Webdesign bis hin zu generierten Animationen und Grafiken gibt Code Kreativen neue Ausdrucksformen an die Hand oder erleichtert Prozesse – wie beispielsweise das automatisierte Animieren mit selbst programmierten After-Effects-Expressions. Babii interessierte am Programmieren aber vor allem die Möglichkeit, eigene Gestaltungstools zu schaffen, die über die Grenzen der bestehenden Programme hinausgehen und auf spezifische Tasks zugeschnitten sind.
Der von Babii entwickelte RITM Generator lässt sich durch ein eigenes Interface, eingebettet in seine Website, auch von anderen Kreativen nutzen. Er ist öffentlich zugänglich und erstellt Grafiken und Animationen, die man als WebM-, GIF-, PNG- oder JPEG- Dateien herunterladen kann. Als Grundlage für das Tool wählte Babii einen Simplex-Noise-Algorithmus. Dieser generiert innerhalb eines vordefinierten Felds zufällig animierte Partikel, die Babii durch zusätzliche Funktionen wie übereinanderliegende Wellen aussehen lässt.
Was wäre, wenn wir generative Kunst nach unseren Vorstellungen anpassen könnten, um sie anschließend als Assets weiterzuverwenden? Hier sieht man, welche Wirkung bereits die Einstellung der Wellenqualität auf die Designs in Anatolii Babiis RITM Generator hat
