Lust auf komplex?
Na, dann ist PAGE 06.2020 genau das richtige für Sie.
Was waren wir doch für Einfaltspinsel: Erinnern Sie sich? Auf den Aufklebern der Re:publica 19, die unter dem Motto »tl;dr« (Internet-Sprech für »Too long; didn’t read«) lief, war noch zu lesen: »Das ist mir zu unterkomplex«. Selbst bei uns Designern erfreuten sich die Sticker großer Beliebtheit. Das allerdings weniger, weil wir uns mit dem Spruch das Etikett eines schlichten Geistes anpappen konnten (ja, auch Designer neigen bisweilen zu Selbstironie, und ohne Konkretisierung ist der Begriff »unterkomplex« nun mal nichts anderes als eine leere Worthülse), son-dern vielmehr deshalb, weil wir die Herausforderung suchten: Je komplexer, desto besser! Dinge zu hinterfragen, einfach, verständlich und handhabbar zu machen, das liebten wir. Doch nur allzu oft verfielen wir dabei dem Minimalismus, gleichwohl gerade er es war, der alles nur noch viel komplizierter machte: den Entwurf sowie die Wahrnehmung. Weniger ist mehr!
Genau, denn einerseits hatte natürlich auch damals Minimalismus mit Einfachheit nur sehr wenig zu tun. – Schon allein das Wort verweist auf etwas ganz anderes, nämlich darauf, dass eigentlich mehr da sein könnte. Das Einfache zeigt dagegen, was da ist. – Andererseits wäre es bei der immer verworreneren Gemengelage des digitalen Wandels aber auch schlichtweg vermessen gewesen, zu glauben, dass wir die Komplexität durch unser Zutun lösen könnten. Wir fügten ihr lediglich weitere Facetten hinzu.
Heute ist vieles anders, wir leben in einer anderen Welt: Ein Virus beschleunigt den Transformationsprozess und führt zu einer geradezu disruptiven »Neuorganisation der Konnektome, die unsere Welt zusammenhalten und in die Zukunft tragen«, prognostiziert Trendforscher Matthias Horx in seiner Regnose (siehe »Die Welt nach Corona«). »Autonomie und Abhängigkeit, Öffnung und Schließung, werden neu ausbalanciert. Dadurch kann die Welt komplexer, zugleich aber auch stabiler werden« … Widersprüchliches wohin man schaut?
Okay, das Kürzel »tl;dr« wird ebenso wie ein Editorial auch dafür eingesetzt, einen Sachverhalt neben einem ausführlichen Text kompakt darzustellen, und schließlich will der Mensch naturgemäß auch nichts von Komplexität hören, er greift lieber auf Einfaches zurück – fassen wir die Inhalte dieser Schwerpunktausgabe also erst mal möglichst simpel zusammen:
tl;dr
Digitalisierung, Globalisierung, Pandemie, Kultur – alles hängt mit allem zusammen. Darum nähern wir uns der ambivalenten Frage, wie wir Designer diese unbegreifliche Komplexität annehmen und ihr dennoch mit Gestaltungsanspruch begegnen können, in dieser PAGE auch gleich von mehreren Seiten. – Eine paradoxe Synthese? Unser Metier! Mehr denn je!
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