Kommando Otl Aicher
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lympische Sommerspiele 1972: In einem interessanten Buch bringt Alexander Negrelli Typografie und Politik zusammen.
Das Projekt entstand während eines Stipendiums an der Jan van Eyck Akademie in Maastrich. Dort verfolgte der Berliner Typograf und Grafikdesigner Alexander Negrelli, seit jeher ein großer Fan der Arbeit von Otl Aicher (1922-1991) und vor allem der Identität, die dieser für die lympischen Sommerspiele 1972 in München entwarf, die Idee, das Gestaltungsbild der Olympiade mit den historischen Ereignissen in einen Gesamtzusammenhang zu stellen.
»Die Gestalter haben Aichers wegweisende Identität zitiert und kopiert, die Historiker die tragischen politischen Ereignisse und die tödliche Geiselnahme analysiert, aber nie hat jemand die beiden Komponenten zusammengebracht«, erklärt Negrelli sein Projekt.
Dabei sei Aicher selbst tief in einem politischen Zusammenhang gebettet, sei es seine Beziehung zu den Geschwistern Scholl oder die Ansätze der Hochschule für Gestaltung Ulm und seine Arbeit hatte immer auch eine politische Dimension.
Dennoch gewagt, Aichers Gestaltungsbild und die Geiselnahme zusammenzubringen. Doch Negrelli sagt, dass es beide sehr visuelle Ereignisse waren. Auf der einen Seite Aichers Erscheinungsbild und seine Piktogramme, auf der anderen Seite das Bild der Terroristen mit der Strumpfmaske auf dem Kopf, das sehr effizient war und sich tief in das Gedächtnis eingeschrieben hat.
Das Buch »Kommando Otl Aicher« verfolgt diese Thesen auf 264 Seiten und in über 20 Kapiteln, die sich Olympia selbst widmen, Otl Aicher und der Hochschule für Gestaltung Ulm, dem tragischen 5. September, der Lufthansa, Palästina und den politischen Hintergründen, dem Erscheinungsbild insgesamt, Waldi, der Spirale, dem Kunstprogramm und der Adaption.
Ein riesiger Fundus an Information und dazu gibt es Interviews, auch mit Zeitzeugen, von denen Alexander Negrelli sagt, dass bei den Gesprächen die Betroffenheit über die Ereignisse immer noch durchschien. Otl Aicher selbst hat sich nie direkt zu den tragischen Vorfällen geäußert, man sagt aber, er habe sich verändert, erzählt Negrelli – und die Erfahrung des wiederkehrenden Scheiterns ist ebenfalls ein Thema des Buches: die Hinrichtung der Geschwister Scholl, die internen Konflikte an der HfG Ulm und schließlich deren Schließung, die Tötung der israelischen Sportler und das schwer vermittelbare Konzept seiner umschrittenen Schrift rotis.
Finanziert durch Crowdfunding ist die Grundauflage des Buches mittlerweile gesichert. Wer das Projekt unterstützen möchte und sich selbst ein Exemplar sichern, kann dies hier tun.
Update: Ab sofort kann man das Buch hier bestellen!
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