Plastiktüten ins Museum! Zwei tolle Ausstellungen zeigen Tragetaschen mit kultigen Designs ab 1960.
Wissen Sie, wer die erste deutsche Plastiktüte auf den Markt brachte und wie sie aussah?
Die Geschichtsschreiber dieses schnöden und mittlerweile übelst in Verruf geratenen Alltags- und Wegwerfgegenstands berichten, es sei anno 1961 gewesen, als das Kaufhaus Horten in Neuss die erste Plastiktüte in Umlauf brachte. Ihr Design war damals absolut auf der Höhe der Zeit: Es war inspiriert durch die Fassadenelemente, die der bekannte Designer Egon Eiermann für die Horten-Kaufhäuser entworfen hatte. Die sogenannten Horten-Kacheln waren ebenso wichtiger Bestandteil der Erscheinungsbildes der Einkaufskette wie das Logo – beides zusammen verband sich auf der Plastiktüte zur perfekten Werbebotschaft in zeitgemäßer Optik.
Grafische Plastiktüten
Überhaupt zeigten die Plastiktüten als Inbegriff modernen Konsums aus heutiger Sicht erstaunlich häufig grafische Motive, die an die abstrakte Malerei der Zeit erinnerten. So auch die oben gezeigte Tragetasche, die der Künstler und Grafikdesigner Anton Stankowski um 1970 für REWE entwarf. Vierzig solcher gestalterisch herausragender Tüten sind von 13. März bis 28. Juni in einer Ausstellung in Berlin zu sehen, und zwar in der Kunstbibliothek am Kunstforum.
Die Exponate – ja, hier verdienen die vielgeschmähten Kunststofftüten diesen Namen! – stammen aus der »Cool Collection Berlin« von Tobias Sadecki. Mit rund 15000 Tüten aus 17 Ländern und 7 Jahrzehnten eine der größten Kollektion Deutschlands.
Noch eine Plastiktüten-Ausstellung im Süden
Schon im letzten Jahr startete das Landesmuseum Württemberg eine Ausstellung zum Thema. Sie läuft noch bis 3. JuliimMuseum der Alltagskultur in Schloss Waldenbuch bei Stuttgart. Das Museum hatte zwei Sammlungen mit insgesamt rund 50000 Tüten aus der Zeit von 1968 bis 2010 als Schenkung erhalten.
Es lohnt sich sogar, die Ausstellung »Adieu Plastiktüte« mehrmals zu besuchen! Wegen der Fülle der Ausstellungsstücke werden diese alle paar Wochen ausgewechselt, zum Beispiel am 10. März, 31. März, 28. April, 26. Mai und 16. Juni. Entsprechend vielseitig und unterhaltsam ist die Auswahl. Hier einige »Meisterwerke« aus der Schau.
Das Plastiktüten-Verbot kommt
Plastiktüten treten eben immer massenhaft auf … Doch damit wird auch in Deutschland bald Schluss sein. Am 6. November 2019 hat das Bundeskabinett schon einen entsprechenden Beschluss getroffen. Damit er zum Gesetz wird, muss der Beschluss noch Bundestag und Bundesrat passieren. Alle Infos dazu gibt es direkt beim Umweltministerium.
Vernünftigerweise sollen auch die sogenannten Bioplastik-Tüten verboten werden, weil sie als Augenwischerei gelten. Erstens ist das Recycling oft schwierig, zweitens ist die Gewinnung der Rohstoffe häufig mit pestizidverseuchten Monokulturen verbunden.
Der Kabinettsbeschluss sieht vor, Verstöße mit Bußgeld von bis zu 100 000 Euro zu bestrafen.
Nur die Hemdchen-Tüten bleiben erlaubt (das sind die, die zusammengelegt mit ihren Griffen wie Unterhemden aussehen). Man findet sie meist am Gemüsestand, immerhin drei Milliarden werden im Jahr in Deutschland verbraucht. Da hilft bloß, eigene Beutel mitzubringen.
Die Rolle von Gestaltern zum Thema Plastikmüll zielt dabei heute natürlich eine ganz andere Richtung –siehe dazu den Artikel Die besten Kampagnen gegen Plastikmüll.