PAGE online

Der andere Notruf: Serviceplan gegen die Opioid-Krise

Alle sechs Minuten stirbt in den USA ein Mensch an einer Überdosis Opiate. Um einen Ausweg aus dieser Katastrophe zu finden, hat Serviceplan Innovation eine Kampagne gestartet, die mit einer ungewöhnlichen Notruf-Nummer Hilfe bieten möchte.

Familienväter, junge Studierende, Hausfrauen, Mütter, Sportler:innen, Mechaniker oder Professor:innen: Jeden trifft die Anhängigkeit von Opiaten, die amerikanische Pharma-Unternehmen wie das der Sackler Familie reich gemacht haben und so vielen den Tod bringen.

Alle sechs Minuten stirbt in den USA ein Mensch an einer Überdosis Opiate oder an den Mitteln, die als Ersatz für die stark abhängig machenden Medikamente auf dem Schwarzmarkt besorgt werden.

Bilder von Großeltern mit den Enkeln auf dem Autorücksitz, die nach einer Überdosis wiederbelebt werden, gingen um die Welt, Süchtige campieren in den Metropolen und es wird geschätzt, dass mehr als 2.1 Millionen Menschen von dieser Sucht betroffen sind.

Kampagne, die zum Anrufen auffordert

Ein Verbund aus Nichtregierungs-Organisation wie P.A.I.N., der Künstlerin Nan Goldin, Gesundheitsexpert:innen, Aktivist:innen, Mediapartner und Fotograf:innen, versucht jetzt, mit einer Hilfs-Hotline Betroffenen einen Weg aus der Sucht zu bieten.

855-HOW-TO-QUIT heißt die Nummer und sie ist einfach zu wählen, da man das in den USA auch nach Buchstaben machen kann. Und verfügt zudem über ganz besondere Durchwahlnummern. Nämlich durch die Codes, die auf den Tabletten aufgedruckt sind.

OP für Oxycodon, IP33 für Codein oder C für Fentanyl, als Durchwahl bedeutet das OP wird als 67 gewählt, IP33 als 4733, C als 2.

Gerade wenn man eine Pille in der Hand hält und überlegt, sie zu nehmen, kann man die Durchwahl lesen und wählen und wird direkt mit jemanden verbunden, der genau von demselben Medikament abhängig war, aber es geschafft, die Sucht zu überwinden.

Wie Bianca, eine Tänzerin, die für ihre Knieprobleme eines der Schmerzmittel verschrieben bekommen hat und sich danach »besser als gut« gefühlt hat, weil das Medikament nicht nur den Schmerz in ihrem Knie, sondern auch jede Angst genommen hat. Meditation hat ihr geholfen, sich wieder selbst zu spüren und die Sucht zu überwinden.

Oder Juan, der nach einer Operation in einer Klinik einen medikamentengestützten Entzug gemacht hat. »Ich muss den Leuten dort ein großes Lob aussprechen, denn sie haben mich nie verurteilt, sondern kümmerten sich einfach um mich.«

Oder bei der Durchwahl zu Oxycodon ist dort eine junge Frau. »Ich bin Emily, und so habe ich mit Oxy aufgehört«, heißt es da. »(…) Jede Woche nahm ich ein paar Milligramm weniger, bis der Entzug einsetzte. Es ist nicht leicht, aber man kann sich mit Ibuprofen schützen, mit Vitaminen, Wasser, Essen, Sie wissen schon, mit einem Wellness-Paket.«

30 Pillen, 30 Wege aus der Sucht

Die Hotline ist von 30 Menschen besetzt, die einen demografischen Querschnitt bilden. Sie erzählen von ihrer Sucht und davon, wie sie es geschafft haben, aufzuhören und jede dieser 30 Geschichten wurde von Experten mit wichtigen medizinischen Informationen versehen.

»Die Unterstützung durch Menschen, die ähnliches durchgemacht haben, erhöht die Genesung um mindestens 26 Prozent«, sagt Erika Ball, Gründerin und Direktorin der Hilfsorganisation We Are Those People. »Diese Verbindung hilft, sich verstanden zu fühlen und Empfindungen wie Einsamkeit und Isolation zu bekämpfen, die häufig Auslöser für einen Rückfall oder fortgesetzten Konsum sind.«

Gleichzeitig bietet die Hotline Informationen zu den einzelnen Pillen, ist Notruf und verbindet mit der SAMHSA National Helpline, die konkrete Behandlungsmöglichkeiten vermittelt.

Die Hotline ist in allen 50 Bundesstaaten und rund um die Uhr verfügbar. Am Anfang ist sie live, später wird sie in eine interaktive Anwendung umgewandelt.

Maßgeschneiderte Standorte

Die Kampagne zu dieser einzigartigen Initiative stammt von Serviceplan Innovation. Und sie konzentriert sich ganz auf die Pillen selbst. Auf Billboards und Plakaten zeigt sie die einzelnen Tabletten als Durchwahl, lässt sie in Social Media in Bewegung geraten, integriert sie in die Typografie.

Die landesweiten Plakate und anderen Out-of-Home-Medien werden pro-bono vom OOH-Medienunternehmen Talon verwaltet.

Auf Datenauswertungen basierend, sind die Plakate und Billboards bei Apotheken, Drogerien und an bekannten Hotspots platziert und auch auf die verschiedenen Städte zugeschnitten. In Philadelphia zum Beispiel werden mehr Anzeigen zu Fentanyl und Oxycodon gezeigt, während im Bundesstaat Washington Hydrocodon-Pillen im Vordergrund stehen. Print-, TV- und digitale Platzierungen tauchen neben pharmazeutischen Anzeigen auf. Darüber hinaus werden Aktivisten und NGOs die Kampagne in den sozialen Medien weiter ausbauen.

Die Initiative 855-How-To-Quit wurde von Serviceplan Innovation gemeinsam mit zahlreichen Partnern entwickelt. Das Beratungsunternehmen Anzen Health gehört ebenso dazu wie die NGOs We Are Those People und PAIN, das Designunternehmen Raw Materials, das Münchner Designstudio Kimera, das gleichzeitig auch eine Schriftgießerei ist. Dazu kommen die Audioproduktion DaHouse, die Production JOJX, die Medienagentur Mediaplus und die OOH-Agentur Talon.

Produkt: PAGE 1.2019
PAGE 1.2019
Social Design ++ UX/UI Design für Kids ++ Less Design ++ Intelligente Schrift ++ Ratgeber: Papier ++ UX Design: Modal Screens ++ Plötzlich Chef

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.

Das könnte dich auch interessieren