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»Viele Designleistungen werden nicht abgerechnet und bleiben deshalb unsichtbar«

Wie man als Designer zu einem ernst zu nehmenden Berater wird – und auch entsprechend bezahlt wird, verrät BDG-Präsidiumsmitglied Christian Büning im Interview.

Foto: © Andre W. Sobott, www.aw-sobott.de

Christian Büning ist Kommunikationsdesig­ner und betreibt das Büro Büning in Oberwesel. Zudem ist er Präsidiumsmitglied des Berufsverbands der Deutschen Kommunikationsdesig­ner (BDG). In dieser Funktion setzt er sich für faire Märkte und professionelle Teilnehmer ein. Hier gibt er Tipps, wie selbstständige Designer ernst zu nehmende Berater werden und wie sie das am Ende abrechnen.

Wie steht es um die Wertschätzung von Design durch die Auftraggeber?
Christian Büning: Das hängt vom Designbegriff ab: Versteht man darunter die Gestaltung von Visitenkarten und Broschüren, nimmt die Wertschätzung ab. Diese Tätigkeiten sind immer weniger wert, weil die Werkzeuge dafür heute für jeden zu haben und bedienbar sind. Versteht man unter Design, neuartige Lösun­gen zu konzipieren und diverse Handlungsfäden zusammenzufüh­ren, dann steigt die Wertschätzung. Gestalter sind sehr gut da­rin, Silodenken zu überwinden. Das wird immer wichtiger.

Können das auch Freelancer, oder ist das nur was für große Agenturen?
Natürlich spiegelt die Größe der Agentur meist die der Auftrag­geber wider. Eine One-Man-Show hat andere Kunden als eine Agentur mit dreißig Mitarbeitern. Aber im Großen und Gan­zen sind die Prozesse immer die gleichen – sei es bei kleinen und mittelständischen Unternehmen oder Konzernen.

Wie kommt man in die Beraterrolle?
Es fängt schon bei der Frage an, wann der Kunde einen hinzuzieht. Wenn man angefragt wird, um fertige Entwürfe umzusetzen, hat man keine Chance mehr umzulenken. Dann kann man höchstens anmerken, dass der Kunde einen das nächste Mal doch bitte früher einbeziehen möge. Mit etwas Glück tut er das. Bekommt man eine noch relativ grobe Anfrage, etwa für eine Kataloggestaltung, hat man schon mehr Spielraum und kann nachhaken: Was wollen Sie damit erreichen? Haben Sie eventuell schon über andere Lösungen nachgedacht? Wie fügt sich das ins Gesamtgefüge ein? Dann hat man als Designer die Möglichkeit, einzugreifen und vielleicht bessere Vorschläge zu machen.

 

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Wie überzeugt man den Kunden, wenn dies dann teurer wird als der ursprüngliche Auftrag?
Das erfordert viel Fingerspitzengefühl. Am bes­ten erklärt man seinen Ansatz nachvollzieh­bar. Man kann darauf aufmerksam machen, dass das ei­gent­liche Problem woanders liegt, etwa bei ei­nem unübersichtlichen Produkt­sortiment oder einem Widerspruch im Markenversprechen. Da­für benötigt man natürlich Erfah­rung und Branchenkenntnis sowie Interesse daran, wie Wirtschaft funktioniert. Und man muss wissen, welche Pro­bleme die Unternehmen gerade beschäftigen.

Wie schlägt sich das in den Honoraren nieder?
Das ist ein ganz wesentlicher Punkt, den wir beim BDG mit unserem neuen Kalkulationsmodell BASE angehen. Der Kommu­nikationswissenschaftler Harold Lasswell definierte Kommunikation nach den fünf W: Wer sagt was wie zu wem und wozu? Designer arbeiten in all diesen Bereichen: »Wer« betrifft die Identität, »was« ist das Storytelling, »wie« die Anmutung, »zu wem« die Zielgruppe, und »wozu« bezeichnet die Kommunika­tionsziele. Das Problem ist, dass wir bislang nur fürs »wie« bezahlt werden. Bisher ging das ganz gut, weil wir zusätzliche Leistungen wie Beratung auf die Gestaltung anrechnen konnten. Reine Gestaltung wird aber immer schlechter bezahlt, weil sie meist nur noch von kurzer Dauer ist. Deshalb müssen wir umstellen und sichtbar machen, was Designer alles leisten.

Und wie?
Indem wir diese Leistungen im Angebot festhalten. Bisher neigen viele Designer dazu, Lücken zu schließen, ohne sie extra zu berechnen. Das fängt schon dabei an, die Vorlage für ein Anzei­genmotiv aus dem Word-Dokument zu nehmen, sie scharf zu zeichnen, die Farben anzupassen und sie als TIFF-Datei zu spei­chern. Oder man holt die fehlende Zielgruppendefinition nach oder entwirft einen vorläufigen Styleguide. Viele Designleis­tun­gen werden nicht abgerechnet und bleiben deshalb unsichtbar.

Das BASE-Modell hilft Designern, die nicht sichtbaren Anteile ihrer Arbeit zu kommunizieren – und in Rechnung zu stellen

Das BASE-Kalkulationsmodell

Die Leistung ist nicht die Gestaltung, sondern der Prozess. Wie Designer dies in ihrer Kalkulation abbilden können.

Im Prinzip ist Kommunikationsdesign die Sum­me aus dem Finden einer Lösung und deren Umsetzung als Design. Auftraggeber haben allerdings oft nur das zu erstellende Werk vor Augen. Das liegt auch an dem Umstand, dass Gestalter ih­re Dienstleistung vom Weg bis zum Werk nicht immer deutlich be­nennen. Diese Lücke will der BDG mit dem BASE-Modell schließen. Mit ihm können Designer ihre Projekte nach­vollzieh­bar planen und kalkulieren – und das so flexibel, dass jeder seine ei­gene Arbeitsweise abbilden kann. Als Grundlage des BASE-Modells dient Ha­rold Lasswells Kom­munika­tions­mo­dell mit seinen fünf W: Wer sagt was wem wie und wozu? Danach gliedert der BDG alle Leistungen auf, die für ein gelungenes Designprojekt notwendig werden können.

Der BDG bietet also keine Preis­lis­ten an, sondern gibt Orientierungshil­fe für die Umsetzung von Projek­ten. »Wenn etwa ein Mittelständler sei­ne Ziele nicht definiert hat, ist es sinnvoll, diese Ziele zu definieren, bevor man eine Kampagne startet. Die Kalkulation richtet sich dann genau nach dem Bedarf und hilft beiden Seiten, die Kosten transparent zu halten«, erklärt BDG-Präsidiumsmitglied Chris­tian Büning. Das BASE-Modell ergänzt den Stundensatzkalkulator des BDG, mit dem Designer auf Basis ihrer persönlichen Lebenshaltungskosten ihren Mindestsatz berechnen können. Es ist ab Mai unter www.bdg.de erhältlich (für BDG-Mitglieder kostenfrei).

Illustrationen: Jacob Economou (grafisch modifziert von PAGE)

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Kommentare zu diesem Artikel

  1. Sehr treffend formuliert und visualisiert, danke dafür!

  2. Danke Christian. In dem Zusammenhang finde ich es gut und richtig, dass der Begriff Kommunikationsdesign immer geläufiger wird. Design wird zumindest in Deutschland immer noch schnell mit “schön umsetzen” übersetzt.

  3. Ja,… leider hat Christian Recht. »Viele Designleistungen werden nicht abgerechnet und bleiben deshalb unsichtbar«. Ich selbst schreibe zwar auch schon Positionen in mein Angebot, die auf dem ersten Blick nicht sichtbar sind, aber dennoch nicht alle. Aber warum mache ich es nicht? Ich nehme an, es ist der Aufwand, der dann – manchmal – in keiner Relation zur Anfrage steht. Dabei muss man sich einfach mal einen Master anlegen und kann daraus die Positionen ziehen. Memo an mich: machen! 😉

  4. Super Artikel, vielen Dank!

  5. Christian, du sagst es! Sehr schön, Sichtbarmachen der diversen Leistungen ist der Schlüssel zu mehr Handlungsfähigkeit. Vielen Dank für den inspirierenden Artikel.

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