Warum Netzwerken eine Pflicht für alle Selbstständigen ist und wie man es erfolgreich macht, erklärt Andreas Maxbauer.
Fragen wir Kolleginnen und Kollegen, wie sie zu ihren Aufträgen kommen, weisen sie in der Regel zuerst auf Empfehlungen oder auf Kontakte in ihren Netzwerken hin. Umgekehrt ist es oft ebenso: Wer einen guten Designer sucht, horcht sich oft in seinem Bekanntenkreis oder in seinen Netzwerken um. Es geht dabei um gute Erfahrungen und auch um Risikominderung, denn wer weiß als Laie schon zu beurteilen, was »gut« ist.
Sicher, man kann auf den Websites der Designer (hoffentlich) sehen, ob einem die gezeigten Arbeiten zusagen, aber es nicht möglich zu erkennen, wie die Zusammenarbeit und der finanzielle Rahmen waren. An dieser Stelle hilft »Vitamin B« weiter, da es hier bereits Erfahrungen gab, von denen der Suchende profitieren kann.
Die meisten neuen Kundenkontakte und die daraus hoffentlich resultierenden Aufträge kommen also über Beziehungen zustande, die oft in Netzwerken entstanden sind. Schon deshalb ist Netzwerken eine Pflicht für alle Selbstständigen, denn es dient der Kontaktpflege, dem Sich-unter-Beweis-Stellen und vor allem der eigenen Fortentwicklung auf einem besonders interessanten Feld. Was allerdings sehr wenig Sinn macht ist, mit dem Netzwerken lediglich deswegen zu beginnen, um viele lukrative Aufträge an Land zu ziehen.
Wie man Netzwerken sollte
Schließlich funktionieren Netzwerke in der Regel über den gegenseitigen Austausch an Informationen und gemeinschaftlichen Aktionen zu einem gemeinsamen Thema. Zudem ist es meist so, dass man als Mitglied mit seiner Zeit, seinem Tun und Mitmachen erst der Allgemeinheit etwas gibt, bevor man von ihr etwas empfängt. Kurz: Wer mit leeren Taschen kommt, wird auch mit leeren Taschen gehen. Deshalb sollten sich Interessenten, bevor sie sich in ein Netzwerk begeben, fragen, was sie dort tun möchten und womit sie das Netzwerk durch ihre Kenntnisse, Kontakte oder auch durch ihr bloßes Engagement weiterbringen würden. Es geht dabei immer um das Netzwerk an sich und nicht um kalkulierbare Vorteile von Neumitgliedern – wer mit der Grundhaltung »Was bringt mir das?« kommt, bleibt besser gleich fern, denn die Antwort lautet »Nichts«.
Wer in einem Netzwerk auch thematisch Anfänger ist, hat hier vermutlich weniger zu bieten, was aber kein Hinderungsgrund für einen Beitritt sein sollte, denn der Zweck ist ja das Wachsen an sich. Dann hilft man am Anfang eben bloß mit und Einsatzgebiete als Designer finden sich oft von selbst. Zudem haben Netzwerke genug »alte Hasen«, die sich gerne austauschen und Erfahrungen weitergeben – der »Rang« und die Erfahrung der »Neuen« sind dabei nicht so entscheidend.
Der Sinn eines Netzwerkes ist das Austauschen, das Mitmachen, Lernen und Wachsen auf einem persönlich interessanten Gebiet. Das gelingt leichter, wenn man sich ohne Angst um seine Pfründe öffnet, wenn man kommunikativ ist, wenn man Spaß an der Materie hat und wenn man relativ regelmäßig teilnimmt, einfach weil sich die Themen in Netzwerken oft etwas langsamer entwickeln. Ein für sich werben und akquirieren wird hier zumeist als sehr störend und missbräuchlich empfunden. Trotzdem kommen die Tipps für lukrative Aufträge oft aus den eigenen Netzwerken, es lässt sich aber nicht steuern. Meistens hat man sich über zwei oder drei Jahre lang durch Aktionen – vielleicht auch gestalterische – »bewiesen« und hat zuverlässig wie kontinuierlich mitgewirkt. Man hat also ein Vertrauen erworben, das sich auszahlt, indem man von Mitgliedern wegen eines Auftrags angefragt oder guten Gefühls an Dritte empfohlen wird.
Welche Netzwerke gibt es?
Werfen wir einen Blick auf die Arten von Netzwerken, wobei wir zuerst zwischen »formal« und »informell« unterscheiden. Formale Netzwerke sind in der Regel größer und weisen eine Struktur, eine Satzung o.ä. Regularien sowie eine Kontinuität in ihren Aktivitäten auf. Sie haben durch diese Institutionalisierung mehr Gewicht in fachlichen und öffentlichen Belangen.
Informelle Netzwerke hingegen entstehen oft eher spontan durch ein gemeinsames Interesse unter Gleichrangigen und sind eher kleinere homogene Gruppen. Oft fehlen hier feste Strukturen und Anführer, die das Netzwerk prägen, so dass ein Bündnis, wenn es nicht gut läuft, auch zu Selbsthilfegruppe mutieren kann oder an hoher Fluktuation leidet. Dafür arbeiten informelle Netzwerke meist intensiver, manchmal eher spontan und lebendig an ihren Themen und Aktionen.
Bei der Art der Netzwerke fallen uns zunächst die fachlich motivierten ein, z.B. die Berufs- und Designerverbände, die schon durch die gemeinsame Profession eine Art von Heimat bilden. Hier gibt es ein sehr breites Spektrum, ich vermute, dass es in Deutschland über dreißig formale Netzwerke gibt, die für Designerinnen und Designer interessant sein können. Hinzu kommen sehr viele informelle Netzwerke, die vom Typostammtisch bis zum Designerfrühstück reichen. Sie dienen im Wesentlichen dem fachlichen und berufswirtschaftlichen Erfahrungsaustausch und weniger der gemeinsamen Aktion. Interessant können übrigens noch die Netzwerke an der fachlichen Peripherie sein, z.B. die Verbände der Druckindustrie, der Produktioner, der PR-Fachleute etc.
Auch unsere Kunden haben übrigens ihre fachlichen Netzwerke. Wer sich als Designer auf eine bestimmte Branche spezialisiert und eine gute Expertise erworben hat, hat sollte sich durchaus einmal in den entsprechenden Netzwerken umsehen. In ihnen könnte er weitere spannende Kontakte knüpfen oder über sein Wirken und seine Wahrnehmung als Designer in dieser speziellen Branche berichten.
Es gibt unendlich viele Businessnetzwerke, besonders auf lokaler Ebene –, was ganz gut dazu passt, dass Designer oft ebenfalls regional tätig sind. Meistens sind das Unternehmervereine und -stammtische, deren Vorteil ist, dass ihre Mitglieder vor Ort auch anderweitig gut vernetzt sind oder gar einen eigenen Draht in die Behörden und Verwaltungen haben. Fast überall gibt es lokale Netzwerke für Jungunternehmer oder Frauen-Businessnetzwerke, die gut geeignet sind, um rasch Kontakte zu knüpfen, da ein gemeinsamer Status schnell und gut verbindet. Zu beachten ist bei diesen Netzwerken mitunter, dass der geschäftliche Zweck nicht zu sehr ins Hintertreffen gerät, weil es manchmal arg kuschelig werden kann. Wer aus akquisitorischem Antrieb heraus Networking betreiben möchte, fällt hier zumindest nicht gleich auf.
Eine in diesem Punkt sehr direkte Ansprache pflegen die lokal recht verbreiteten Empfehlungsnetzwerke wie das Business Network International (BNI), in denen jede Branche nur einmal vertreten ist, und wo jedes Mitglied für die Anderen mitwirbt. Das geschieht in einer recht strammen Struktur, ist nicht ganz billig und etwas unbequem; aber ich hörte in meinem Bekanntenkreis niemanden, der seine zeitweilige Teilnahme wirtschaftlich bereut hätte.
Ehrenamtliche Netzwerke wie politische Organisationen, Hilfsorganisationen, kulturelle Vereine, Kirchen, Round Tables etc. haben zumindest einen Vorteil: »Man gehört zu den Guten«, was schon für das eigene Gefühl sehr angenehm ist. Zum Anderen zeichnen sich diese Organisationen oft durch regelmäßige Aktionen aus, was wiederum ein Engagement als Designer und eine Medienöffentlichkeit ermöglichen kann. Zudem sind viele Mitglieder untereinander, und wie bei den Businessnetzwerken, auch nach außen hervorragend vernetzt. Manche Einrichtungen wie die ehrwürdigen Lions Clubs oder Rotarier haben eigene Organisationen für jüngere Mitglieder; es gibt ein ähnlich gelagertes, reines Frauennetzwerk, die Soroptimisten.
Die meisten von uns sind in privaten Netzwerken einfach dadurch unterwegs, dass wir soziale Wesen sind. Wir sind über die Nachbarschaft, den Sport, die Schule der Kinder, unsere Hobbys und Interessen mit anderen vernetzt. Es ist leicht, in Kontakt zu kommen und sich mit anderen über Gott und die Welt auszutauschen, wobei auch der Beruf ein Thema sein kann. Dass es aus solchen Netzwerken direkt zu Aufträgen kommt ist nicht sehr wahrscheinlich, dafür sind sie auch nicht gedacht. Aber die Personen, mit denen man regelmäßiger zu tun hat, haben auch wieder ihre Kontakte und das macht es interessant.
Am spannendsten sind natürlich die Netzwerke, die wir mit unseren Kunden im Laufe der Zusammenarbeit auf- und ausbauen sowie pflegen. Das Thema Networking mit Kunden hatten wir schon vor einiger Zeit, hier der Artikel dazu.
Das Netzwerken in den diversen Social-Media-Kanälen wird demnächst ein eigenes Thema in dieser Kolumne sein, aber soviel vorweg: Am wirksamsten sind diese, wenn die Kontakte nicht nur digital, sondern auch durch persönliche Begegnungen gepflegt werden. Die körperliche Präsenz, Gestik und Mimik sowie der Klang der Stimme gesellen sich als für uns sprechende Kommunikationskanäle hinzu.
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