Mental Health: »Input von außen hilft gegen die eigene Gedankenendlosschleife«
Wir sprachen mit Freelance Grafikdesignerin Ann Eckert über Druck im Job und nötige Auszeiten – wobei sie den Begriff »Auszeit« problematisch findet
der jeweiligen Situation die stressauslösenden Faktoren sind. Die kann man zwar nicht immer ändern, aber das Bewusstsein hilft dabei, die Phase durchzustehen oder die richtigen Stellschrauben zu finden.
Während der Pandemie ist mir aufgefallen, wie wichtig soziale Kontakte und Austausch für mich sind. Als Soloselbstständige, die eigentlich ein Teammensch ist, muss ich mir mein »Team« aus meinem Umfeld selbst zusammenstellen. Je heterogener, desto besser. Input von außen hilft gegen die eigene Gedanken-Endlosschleife. Außerdem versuche ich meine Arbeit – so gern ich sie auch mache – öfter als eben das zu sehen: einen Job, der nicht mein ganzes Leben sein und/oder beeinflussen sollte.
Deshalb besetze ich weniger Freizeit mit Businessthemen und ziehe der x-ten Designkonferenz ein Abendessen mit Freunden vor.
Last but not least: Gespräche mit einer Therapeutin oder einem Therapeuten oder ein privates oder berufliches Coaching können sehr viel bewirken.
Wie findest du Ausgleich zur Arbeit?
»Ausgleich« ist ein sehr bezeichnender Begriff unseres kapitalistischen Systems. Er klingt so, als wäre da dieser massive Klotz Arbeit und dann ein bisschen Freizeit nebenbei. Genauso ist es leider auch für die meisten Menschen – aber das ist ja nicht erstrebenswert. Den Ausgleich nebenher können sich noch nicht mal alle leisten. Unsere Gesellschaft wäre deutlich gesünder und vermutlich auch effizienter, wenn wir weniger Belastung durch die Arbeit verspüren würden. Um mich selbst zu schützen, versuche ich immer kritisch zu hinterfragen, welcher Druck einer Situation angemessen ist. In den allermeisten Fällen muss in unserer Branche nämlich nie irgendwas übers Wochenende passieren oder in der zwölften Version durchexerziert werden. Ich möchte nicht mehr so arbeiten und wünsche mir, dass Agenturen diesbezüglich auch ihre Mitarbeitenden schützen.
Zurück zum »Ausgleich«: Ich habe ein paar Hobbys, die ziemlich weit weg sind von meinem Beruf. Ich singe in einer Band, was mich in eine andere Rolle schlüpfen lässt und mich persönlich sowie im Team fordert – und es macht echt viel Spaß! Außerdem habe ich mit meinem Partner ein kleines Segelboot, das viel Aufmerksamkeit erfordert, dafür aber die besten Urlaube garantiert. Ich bin gedanklich immer sofort an Bord, sobald ich das Boot betrete. Es gibt einfach zu viel zu beachten, zu tun und zu sehen, um an Grafikdesign zu denken.

Ratgeber: Mental Health
In unserem Ratgeber gehen wir der Frage nach, wie Kreative im schönsten Beruf der Welt – und einem der stressigsten – ihre Balance halten oder wiederfinden und wie Agenturen sie als Arbeitgeber dabei unterstützen können.
Dieser Artikel ist zuerst in PAGE 3.2023 als Teil unserer Titelgeschichte »Kopf hoch! Mit neuer Leichtigkeit ans Werk« erschienen.



