Immer mehr junge Designer operieren mit »mobilen Geschäftsangaben«, geben nicht mehr als eine Handynummer und Webadresse an. Andreas Maxbauer, Referent bei der Allianz Deutscher Designer (AGD), erklärt, warum das billig wirkt und schlecht für die Akquise ist – und auch, warum man unbedingt ein Geschäftskonto haben sollte.
Ich stelle seit zwei Jahren beim Kontakt mit jungen, gerade selbstständig gewordenen Designerinnen und Designern einen stark zunehmenden Trend fest, der mich beunruhigt. Es geht um das Senden von Signalen die zwar von moderner Mobilität künden, aber auch zu unerfreulichen Mutmaßungen über die wirtschaftliche Stabilität der Designer anregen. Es geht um die Art von Kontakt-, Kommunikations- und Bankdaten, die bei einem Kunden einen falschen Eindruck erwecken können.
Mobile Kontaktdaten
Eine Erfahrung die der weit überwiegende Teil der selbstständigen Designer im Laufe seines Berufslebens gemacht hat, ist die Eröffnung des eigenen Betriebes. Sie unterschrieben den Mietvertrag und hängten das eigene Firmenschild an die Eingangstür. Hier scheint sich etwas zu ändern, die modernen Kollegen launchen stattdessen eine eigene Website oder ihre Firmenseite auf Facebook und sind ansonsten mobil. Demnach sind auch die Kontaktangaben mobil: Dann werden lediglich eine Mobiltelefonnummer und eine Webmail-Adresse genannt; ein Unternehmensname oder eine Firmenadresse fehlen oft.
Falls jemand eine Kundschaft hat, die auf ein eher virtuell anmutendes Designbüro steht, ist das OK. In der Mehrzahl sind das aber eher Auftraggeber die überwiegend Projekte vergeben oder freie Mitarbeiter suchen – solvente Stammkunden sind erfahrungsgemäß weniger darunter. Unternehmen und Institutionen arbeiten eben lieber mit anderen Unternehmen zusammen, insofern ist es klug, der Erwartungshaltung entsprechend sichtbar zu sein. Wer ein neues Designbüro für eine dauerhafte Betreuung sucht, wird sich schwerlich von »billigen« Kontaktangaben beeindrucken lassen, die er eher von seinen eigenen Kindern kennt.
Warum Neukunden lieber mit Unternehmen zusammenarbeiten
Dazu, ob man seinem Büro einen echten Firmennamen gibt, kann man stehen wie man will, zumal die meisten selbstständigen Designer ohnehin durch ihre Persönlichkeit wirkende Einzelkämpfer sind. Wer gänzlich auf einen Unternehmensnamen verzichten möchte, sollte bedenken dass es einem Neukunden auch dann leichter fällt mit einem »Unternehmen« zusammenzuarbeiten, wenn er weiß, dass es nur vom Inhaber selbst geführt wird. Es fühlt sich einfach »geschäftlicher« oder »institutioneller« an und daher mehr nach »von gleich zu gleich«. Als Firmenname wird daher meistens die Kombination von Name und beschreibendem Aspekt à la »Erika Mustermann Kommunikationsdesign« gewählt.
Einerseits signalisiert eine Mobilnummer die ständige telefonische Erreichbarkeit, andererseits wirft sie auch die Frage auf, wer denn die Vertretung bei Krankheit oder im Urlaub übernimmt. Zudem ist nicht jeder ein Fan von Mobiltelefonen und fragt sich eventuell aus eigenem Erleben, ob seine Designerin Berufliches und Privates nicht trennen kann. Zudem scheint es mit der wirklichen Erreichbarkeit nicht so weit her zu sein: Etwa die Hälfte meiner Anrufe landet im Off, sehr häufig gibt es statt einer aufnahmebereiten Mailbox nur die Ansage, dass ich es später noch einmal probieren möge. Ein Anrufer der sein Anliegen loswerden möchte fühlt sich vermutlich düpiert, und wird es kein zweites oder drittes Mal mehr versuchen.
Die Vorteile eines Festnetzanschlusses
Nahezu alle Kunden haben Festnetzanschlüsse (die übrigens den Vorteil haben, dass man Orte und Telefonnummern meistens schneller zuordnen kann), daher ist es nicht unklug, ebenfalls die gleichem Kommunikationskanäle zu nutzen. Wer also als echtes Unternehmen auf dem Markt erkennbar sein will und zugleich Wert auf die mobile Erreichbarkeit legt, kann es ja mal mit einer lang erprobten Technik, der Anrufweiterschaltung probieren. Und seine Mobilnummer zusätzlich auf die Visitenkarte drucken. Doch, ja, die gibt es noch und sie sind im allgemeinen Geschäftsleben weiterhin üblich und werden es bleiben.
Apropos Kommunikationskanäle: Die meisten Kunden haben mindestens zwei E-Mailadressen, eine geschäftliche und eine private, wobei die zweite oft eine Webmail-Adresse ist. Welchen Eindruck sollen sie von einer Designerin oder einem Designer haben, der lediglich eine »private« E-Mailadresse nennt? Und genau das nimmt derzeit stark zu. Auch hier entsteht der Eindruck, dass Privates und Berufliches nicht mehr getrennt werden. Zudem haben Webmail-Adressen noch einen weiteren symbolischen Nachteil: Sie sind kostenfrei oder sehr billig. Wer sich erkennbar solcher billigen Mittel bedient, wird Schwierigkeiten bekommen, seine höheren Angebote zu begründen, denn das passt stilistisch nicht zusammen.
Eine eigene Domain gibt dem Kunden also eher die Sicherheit, mit einer echten Firma zusammenzuarbeiten. Und wer den Bedarf verspürt seine E-Mails auch in der S-Bahn beantworten zu müssen, kann das mit seinem Mobilgerät auch bei einer eigenen Domain tun. Auch diese Technik ist erprobt, ein großer Teil der Kunden wendet sie an.
Von der Wichtigkeit eines Geschäftskontos
Ganz hakelig wird es wenn problematische Kontoverbindungen genannt werden. Immer häufiger bekomme ich Kontodaten zu Banken genannt, die gar keine Geschäftskonten führen. Abgesehen davon, dass den Kontoinhabern Ungemach mit ihrem Bankinstitut droht wenn es etwas merkt (und das wird es), stellt sich für den Kunden wieder die Frage nach der Trennung von Geschäft und Privatem. Nur, dass er hier noch weniger dazu neigen wird, den »mobilen Designer« ernst zu nehmen: Wer kein Geschäftskonto hat, hat eben auch kein Geschäft. Oder aber der Kunde denkt, dass sein Gestalter lediglich nebenberuflich tätig ist und daher kein Geschäftskonto eröffnet hat.
Designer, die fast ausschließlich mit mobilen Geschäftsangaben operieren, werden in der klassischen Wirtschaft mehr Schwierigkeiten haben eine vernünftige Vergütung zu erzielen. Denn ihre Kunden werden (oder müssen) annehmen, dass es kein richtiges Designbüro gibt.
Wenn der Eindruck entsteht, dass eine Designerin oder ein Designer nicht an die Zukunft ihres eigenen Designbüros glauben und es deshalb nicht »institutionalisieren« – wie soll es dann der Kunde tun? Und um Vertrauen geht es bei allen Geschäftsvorgängen: Wer sich als Kunde nicht sicher sein kann, dass seine Investition zu einem angemessenen Gegenwert führt, wird versuchen sein Risiko durch eine geringere Vergütung zu senken. Oder er wird selbst mobil und sucht sich stattdessen lieber ein festes Designbüro.
Alle AGD-Kolumnen finden Sie hier.