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Hätte ich das mal früher gewusst! Teil 7

Einige Fehler hätte man sich im Rückblick doch lieber gespart. Wir haben Kreative gefragt, welche Tipps sie ihrem jüngeren Ich geben würden.

Michael Reissinger

49, Geschäftsführer von DELI Creative Collective, Hamburg

Mit 20 … dass sich mein Berufsalltag so fundamental von meinem Grafikdesign­studium unterscheiden wird. Das Studium ermöglichte mir zwar den Raum, mich aus­zuprobieren und festzustellen, was ich nicht werden will beziehungsweise was ich nicht machen möchte. Es war aber keine wirkliche Vorbereitung auf die Anforderungen der Arbeitswelt. Retrospektiv betrachtet, mus­ste es das wahrscheinlich auch gar nicht – denn ein Studium sollte vor allem dazu da sein, spielerisch an die Dinge heranzugehen. Und zwar so viel wie möglich! Der Brot­erwerbsernst kommt hinterher und sowieso. Deshalb: Let’s play! Und wie bei allen Spie­len gilt auch hier – zusammen macht’s mehr Spaß! Also schnappt euch eure Kom­militonen und Mitbewohner, befreundete Musiker oder wen auch immer und macht gemeinsame Projekte!

Mit 30 … dass Scheitern nichts Schlim­mes, sondern eine Chance ist; dass im Leben vieles nicht linear passiert und man sich deshalb immer seine Flexibilität bewahren sollte. Mit 30 ist man schon ein paar Tage im – hoffentlich – angestrebten Businessumfeld unterwegs und hat seinen Platz in der kreativen Arbeitswelt gefunden – sei es in einer Agentur, einem Designbüro, einer Filmfirma oder in einem Animationsstudio. Man sollte sich aber trotzdem eine gewisse geistige Unruhe bewahren.

Ich wurde mit 30 Kreativdirektor und be­treute einige Zeit mit einem großen Team den Kunden IKEA. Alles war gut. Ich hatte eine Menge nationaler und internationaler Kreativpreise gewonnen, war Mitglied im ADC und im D&AD und auch in so einigen Awardjurys tätig. Ungefähr fünf Jahre später kam dann das Aus, die Agentur verlor den Kun­den und ich meinen Job. Nach so vielen Jahren in der Sicherheit des stetigen Aufstiegs war plötzlich der Berufsboden weg – und ich stand vor der Überlegung: »Soll ich so weitermachen wie bisher?« Ich entschloss mich, die mir bekannten Werbeagenturpfade zu verlassen und mit Mitte 30 noch einmal von vorne anzufangen.

So fand ich meine neue Berufung im Film. Zwei Jahre später gewann ich bei den Can­nes Lions einen Young Director Award und das Londoner Magazin »shots« zeigte mich in seinem New-Directors-Showreel.

Mein Fazit: Man sollte sich seiner Sache nie zu sicher sein, sich immer wieder hin­terfra­gen und auch mal den Sprung ins kalte Was­ser wagen. Und wenn dabei ein Nein herauskommt, wischt man die Tafel und fängt wieder von vorne an!

Mit 40 … dass man sich als Chef auf sein geschaffenes kreatives Umfeld und die Fähigkeiten seines Teams verlassen kann und muss. Loslassen ist kein Manko oder Zugeständnis, dass man alt und abgetakelt ist, sondern es ist die Möglichkeit, gemein­sam mit anderen etwas noch Größeres zu schaffen, als man es allein könnte. Die Per­sonen, mit denen man sich in einem/seinem Unternehmen umgibt, bringen nicht nur eine große persönliche Verantwortung mit, sie können in der Gemeinschaft auch mal Schwächen ausgleichen und die anderen in Down-Momenten sicher auffangen. Ich selbst wur­de mit Mitte 40 sehr krank und musste meinem Team sämtliche kreativen Befugnisse und Handlungsfreiheiten über­geben, um mich auf meinen Kampf ge­gen die Krankheit zu konzentrieren. Mit­t­lerwei­le ist diese seit einigen Jahren überwunden, und wir feiern in diesem Sommer unser 15-jähriges Firmenjubiläum. Zusam­men. Ein »Mitarbeiter« zu sein definiert sich eben auch dadurch, andere ans Ruder lassen zu können.

Mit 50 … würde ich gerne wissen, was noch für Aufgaben da draußen warten. Ich weiß, dass man sich viele Dinge selber suchen muss – niemand wartet auf einen und sagt: »Oh, guck mal, hier habe ich ein tolles, wahnsinnig gut bezahltes Projekt für dich!« Seit meinem ersten Praktikum mit 15 Jahren in einem kleinen Designstudio sind nun fast 33 Jahre vergangen, und ich kann sagen (eigentlich hat es Erich Kästner gesagt): »Es gibt nichts Gutes, außer man tut es.« Deshalb arbeite ich neben dem DELI Creative Collective nun an einem ersten eigenen Kurzfilm, der hoffentlich zu meinem nächsten runden Geburtstag Premiere feiert.

Hier finden Sie alle Beiträge aus dieser Serie.

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Kommentare zu diesem Artikel

  1. Yeah! 🙂 <3

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