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Das sind die ADC Talents 2022

Politisch, humorvoll und handwerklich herausragend – die Jury ist begeistert von den Ideen der kreativen Nachwuchs-Talente. Wir stellen euch die ausgezeichneten Arbeiten und das Juryfeedback vor.

Zwei Socken werden auf ungleicher höhe getragen, um auf Ungleichgewicht und er Berichterstattung für Sportlerinnen aufmerksam zu machen
Diese Kampagne von Jule Fuhrmann für die deutschen Olympia-Sportlerinnen gewann einen Grand Prix

Gespannt versammelten sich am Donnerstagabend das ADC Talent Award Publikum zum Public Viewing im Hamburger Bunker, oder vor Youtube. PAGE durfte den Award wieder als Sponsor unterstützen. In diesem Jahr begrüßten Jo Marie Farwick, Geschäftsführerin der Hamburger Agentur Überground und ADC Präsidiumsmitglied Prof. Richard Jung die Zuschauer:innen und verkündeten insgesamt drei Grands Prix und 17 mit goldenem Nagel prämierte Arbeiten.

Alle Bronze und Silber Projekte, sowie eine Shortlist findet ihr in der ADC Gallery oder der ADC App. Dort werden ab Freitagabend auch die Gewinner:innen der »großen« Awards geehrt. PAGE gratuliert allen Gewinner:innen herzlich – Ihr seid die Zukunft der Design-Branche und wir sind schon gespannt, was ihr als nächstes auf die Beine stellt!

»Mutige, eigenständige, progressive und unkonventionelle Ansätze, die relevante Fragestellungen thematisieren, die zur Partizipation aufrufen oder einfach und spielerisch unser Leben bereichern – exzellent gestaltet, über die Medien hinweg.«

sagt Betty Schimmelpfennig, Chairwoman für den ADC Talent Award 2022, mit der wir im Vorfeld im Interview über ihre Erwartungen an das ADC Festival sprachen.

Die Besten der Besten: Grand Prix

Grands Prix vergibt die Jury nur bei Arbeiten, die auf ganzer Linie begeistern. Dabei muss die Arbeit überraschen und überzeugen, aber auch eine bestimmte Absicht handwerklich und visuell exzellent umsetzen. Das gelang drei Einreichungen aus den Hochschulen und der Praxis.

Semesterarbeit Grand Prix: Der Film »Born Guilty«

Grand Prix in Film/Animation

Team von der Filmakademie Baden-Württemberg: Sinan Sevinç, Christopher Behrmann, Michael Hessenbruch, Felix Antretter, Stefanie Gödicke

In dem Film »Born Guilty« setzte sich das Team der Filmakademie Baden-Württemberg mit einer Story auseinander, die alle Studierenden gleichermaßen mitriss. Es geht um die wahre Geschichte von Howe Burton, einem schwarzen Teenager, der mit 16 Jahren zu Unrecht wegen Mordes angeklagt und verurteilt wurde.

Die NGO »Innocence Project« half ihm schließlich nach 19 Jahren Haft, freigesprochen zu werden. Der emotional geladene Werbefilm zeigt eindrücklich den den Kampf gegen Justizirrtümer und rassistische Vorurteile in Gerichtsverhandlungen. Vom Sounddesign bis zu mitreißenden Cuts stimmt bei diesem Film einfach alles.

Jurykommentar: »Die eine entscheidende Frage konnte die Jury nur mit „Nichts“ beantworten. Nämlich: „Was kann man an dieser Semesterarbeit noch besser machen?“ Idee, Kamera, Sound, Schnitt und Regie sind schon auf Nike Top Niveau und setzen Maßstäbe für alle kommenden Semesterarbeiten. Die Frage, die noch offen ist ›Was wird die/der Student:in dann erst als Abschlussarbeit abliefern?‹ Bravo!«

Bachelorarbeit Grand Prix: Schönes Schimmel-Sofa »Molda.«

Grand Prix in Experiment

Team von der DHBW Ravensburg: Marvin Stegmann und Maximilian Wölfl

Schimmel ist nicht unbedingt positiv besetzt. Genau genommen finden wir ihn meistens ziemlich ekelhaft. Doch Marvin Stegmann und Maximilian Wölfl fanden nach mehreren Experimenten mit der Substanz im WG-Kühlschrank, dass die flauschigen Schimmelpilze auch eine ästhetische Qualität besitzen.

Sie zeigen die Schönheit des Schimmels in ihrem online konfigurierbaren Sofa »Molda.« Es besteht aus einem Material, das aus landwirtschaftlichen Abfällen hergestellt wird und eine moderne, clean Oberfläche bietet. Der »Schimmel« kommt durch feines Fell hinzu, das durch seine kleinen Härchen und ungewöhnlichen Farben auf den Ersten Blick Ekel hervorruft.

Doch bei näherer Betrachtung wirkt das ganze Projekt schon ziemlich kuschelig und gar nicht mehr so komisch. Die beiden Absolventen machen verwandeln Ekel in Bewunderung für die ungewöhnlichen Luxus-Sofas.

Jurykommentar: »Ein schimmelndes Sofa, bei dem einfach alles stimmt: Die irre Idee, das stringente Konzept, der perfekte Look, die passende Sprache und sogar der phantastische Name. Noch nie war Schimmel so begehrlich.«

Praxisprojekt Grand Prix: Kampagne »#ShowUsEqual«

Grand Prix in Brand Experience

Gewinnerin von Kolle Rebbe für den Deutschen Olympischen Sportbund e.V.: Jule Fuhrmann

Bei den Olympischen Spielen 2020 waren mehr Frauen denn je vertreten – fast 50 Prozent. Trotzdem mangelt es in Deutschland an der Berichterstattung und infolge dessen auch an Sponsoring für die Sportlerinnen – rund 90 Prozent der Sponsorings sind den Männern vorbehalten. Jule Fuhrmann von Kolle Rebbe geht das Problem in einer genialen Kampagne für den Deutschen Olympischen Sportbund an.

Alles Begann mit offenen Briefen an deutsche Medienunternehmen, in denen die Athletinnen mit dem Hashtag ShowUsEqual eine gleichberechtigte Berichterstattung forderten. Parallel startete eine geniale Social Media Kampagne. Kernelement sind zwei Sportsocken die auf ungleicher Höhe getragen werden – eine weiß, eine gelb – welche Athletinnen und Influencer:innen jede auf ihre eigene Art in Szene setzen, um auf das Ungleichgewicht aufmerksam zu machen.

Das Aktions-Set ist mittlerweile lange ausverkauft. Doch die Kampagne sorgt nachhaltig dafür, dass Sportlerinnen mehr Medienrepäsentation erhalten. Jule Fuhrmann findet das großartig. Für sie zeigt das, was Designer*innen alles bewirken und verändern können.

Jurykommentar: »Die Aufklärungskampagne #ShowUsEqual schafft es mit einem ganz simplen und gerade deshalb so brillanten Visual über alle Kanäle hinweg zu informieren, aufzuklären und zu berühren. In seiner Einfachheit ein starkes Statement für ein so relevantes Thema.«

Diese Projekte haben Gold gewonnen

Semesterarbeit: Inconscie

Gold in Spatial Experience

Eine Ausstellung zum Unterbewusstsein, ganz in weiß gehalten

Team von der FHWS – Hochschule für angewandte Wissenschaften Würzburg-Schweinfurt: Jana Braun und Jan Scheffel

Jurykommentar: »Das Semesterprojekt INCONSCIE hat die Jury mit Gold bewertet, weil es mutig, risikobereit, und dennoch souverän eine Erkundung des eigenen Unterbewusstseins als ein aktuelles und authentisches Erlebnis gestaltet. Exponate, Grafik, Szenografie, filmische Einspielungen und die Narration ergeben ein konsistentes Ganzes. Eine mehr als beeindruckende Arbeit auf höchstem kreativem Niveau. Die Inszenierung lässt uns in uns hineinhören, uns grübeln und an die Macht unseres Unterbewusstseins spüren.«

Semesterarbeit: Stayn’Alive

Gold in Spatial Experience

Stan´Alive: Ausstellungsplakat in blau und Grüntönen

Team von der ham Trossingen, HTWG Konstanz, Universität Konstanz: 78 Studierende, 8 Professor:innen aus Architektur, Geschichte, Informatik, Kommunikationsdesign, Musikdesign 

Jurykommentar: »Staying Alive bietet ein extrem kongruentes Gesamterlebnis über alle Disziplinen, von der Dramaturgie, über die Kommunikation und diverse interaktive Exponate.
Die Auseinandersetzung mit diesem so aktuellen und relevanten Thema in einer involvierenden Didaktik führt die Besucher von der Historie und Forschung letztlich hinauf in ein Reallabor, das die tagesaktuellen Fragen und Stimmungen einfängt.

Wir sehen in dieser Arbeit ein extrem positives Beispiel der Kollaboration zwischen verschiedenen Hochschulen und Disziplinen, mit sehr gelungener Verzahnung inkl. moderner Technologien wie künstlicher Intelligenz. Besonders hervorheben möchten wir die hervorragende gesamt-kuratorische Leistung und die tiefe inhaltliche Auseinandersetzung mit dem virulenten Thema der Impfung, die dabei einen einfachen Perspektivwechsel und Zugang für alle Besucher ermöglicht.«

Semesterarbeit: Saulé

Gold in Innovative Technology

Rote Lichtbögen formen eine Säule

Team von der FHWS – Hochschule für angewandte Wissenschaften Würzburg-Schweinfurt: Johannes Neff

Jurykommentar: »Eine beeindruckende Installation, welche nicht nur durch sein eigenständiges und wirkungsvolles Design überzeugt, sondern auch durch seine Umsetzung, welche das Thema Licht & Sonneneruption perfekt erlebbar macht.«

Semesterarbeit: Fritzcola »Die wache Pfandboje«

Gold in Brand Experience und eine Auszeichnung in Spatial Experience

Zwei bei Nacht leuchtende Flaschen

Team von der HAWK Hildesheim: Maximilian Schmidt

Jurykommentar: »Nachwuchskreative tun sich oft schwer, einen guten Insight für ihre Idee zu erarbeiten. Hier ist genau das Gegenteil passiert. Die Macher haben einen überzeugenden Insight heraus gearbeitet und daraus eine überraschend einfache Produktidee für Fritz–Kola kreiert. Auch der Casefilm selbst kann mit den Profis mehr als mithalten. Bleibt zu hoffen, dass sich Fritz–Kola die Idee abguckt.«

Semesterarbeit: Knob

Gold in Graphic Design, Silber in User Experience und Bronze in Innovative Technology

Zwei Hände bedienen ein Midiboard, mit dem man gestalten kann

Team von der Fachhochschule Salzburg: Karen Kircher und Fabian Heller

Jurykommentar: »Physisch gewordene Gestaltungsfreude – spielerisch und endlich auch wieder zum anfassen. Knob kann das alles und zwar in perfekt. Interface, Ergebnis bis hin zum Logo, zeigt Knob wie viel Spaß Design machen kann/ soll/ muss.«

Abschlussarbeit: »576 Seiten alltäglicher Rassismus in Deutschland«

Gold in Editorial Design

Ein Pils Buch mit großer weißer Typografie auf dem Einband

Gewinnerin von der Hochschule Pforzheim: Julia Irma Lucie Fiedler

Jurykommentar: »Eines der großen gesellschaftlichen Themen unserer Zeit, in einer vollumfassenden Dokumentation und mit journalistischen wie literarischen Mitteln zusammengefasst: Aufrüttelnd und politisch, aktuell und relevant, persönlich geschrieben und gestaltet. Man wünscht es sich für jede Schule im Land.«

Abschlussarbeit: »Drowning in Nostalgia«

Gold in Photography/Illustration

Zwei Pullover, die sich umarmen

Gewinner von HTWG Konstanz: Florian Meissner

Jurykommentar: »Traum, Wirklichkeit und Erinnerungen, kraftvoll und flauschig zugleich, in einem sehr persönlichen Stil vermischt.«

Abschlussarbeit: »Ein Tag in Tuhula«

Gold in Photography/Illustration

Cover des Tuhula Illustrationsbuches

Gewinner von HTWG Konstanz: Robin Gerster

Jurykommentar: »Ein Tag in Tuhula hat uns sofort in den Bann gezogen. Crazy, lustig und dynamisch. Das sehr schöne Buch begeistert durch die phantasievollen, verrückten, witzigen und liebevollen schwarz-weiß Illustrationen. Eine Hommage an den Illustrator Woodring. Der wiederum erinnert an Hyronimus Bosch.

Kasimir und Emilio wandern durch eine verrückte Traumwelt, wobei jede der 18 Doppelseiten eine der gängigen Verschwörungstheorien aufgreift und durch Humor und Witz in einen neuen Kontext setzt und ad absurdum führt. Die hochwertigen schwarz-weiß Zeichnungen leben durch hohe Kontraste und feinlinierte Graustufen. Es hat Spaß gemacht, durch diese neue Welten zu wandern.«

Abschlussarbeit: »Jewels of the Sea«

Gold in Innovative Technology

Eine Kieselalge im Sternformat

Gewinner von der FHWS – Hochschule für angewandte Wissenschaften Würzburg-Schweinfurt: Maximilian Seeger

Jurykommentar: »Wir sind tief beeindruckt von dieser Arbeit, die Lebewesen in den Mittelpunkt stellt, mit denen viele von uns sicherlich nicht viel verbinden: Kieselalgen.
Die interaktive Installation vereint auf klare, bestechende und ästhetische Weise das analoge Erlebnis der Mikroskopie mit einer digitalen Ebene, die unterstützt von AI und generativer Gestaltung einen ganz neuen Blick auf diese Einzeller eröffnet. In Perfektion umgesetzte generative Gestaltung führt uns die Schönheit der Natur vor Augen, die berührungslose Bedienung ist intuitiv und macht Freude. Eine außergewöhnliche Abschlussarbeit!«

Abschlussarbeit: »Summe+x«

Gold in Graphic Design

regenbogenfarben schillernde Fomen vor dunklem Hintergrund

Team von der FHWS – Hochschule für angewandte Wissenschaften Würzburg-Schweinfurt: Deborah Schultheis, Lilli Schmelz

Jurykommentar: »Das Buch schafft auf über 400 Seiten ein experimentelles, kreatives Feuerwerk. Und jede neue Seite macht nochmal Lust auf mehr. Alle Sinne werden immer wieder aufs Neue angesprochen und herausgefordert. Alltagsgegenstände, Materialitäten, Formen und Farben werden überraschend inszeniert. Eine wahre Inspirationsexplosion!«

Abschlussarbeit: »Der Fraß – wenn Plastik von Heute auf Morgen verschwindet«

Zweimal Gold in Spatial Experience und Experiment

Eine Petrischale mit einem sich zersetzenden stück Plastik

Gewinner von der FHWS – Hochschule für angewandte Wissenschaften Würzburg-Schweinfurt: Markus Arena

Jurykommentar: »Die Ausstellung ›Der Fraß‹ bietet Besuchern einen eindrucksvollen Perspektivwechsel: Wie sähe eine Welt ohne Plastik aus? Mit einer fiktiven Retrospektive öffnet sie den Raum der Imagination – konzeptionell schlüssig, mit auf den Punkt reduziert eingesetzten Mitteln und in handwerklich herausragender Umsetzung.«

Praxis-Kampagne: »Dyslexia Unetided«

Gold in Copywriting, Bronze in Brand Experience und eine Auszeichnung für Editorialdesign

Dyslexia Unedited

Gewinner von Serviceplan: Kai West Schlosser für Stern

Jurykommentar: »Eine persönliche Schwäche wird zur Stärke eines unterhaltsamen Artikels. Und das, ohne dabei um Mitleid zu werben. Das nischige Problem Legasthenie wird mit vielen Anekdoten so dem breiten Stern Publikum zugänglich, schafft Awareness und arbeitet gegen Vorurteile. Ein Leseerlebnis, das für den Betrachter, passend zum Thema, fast beklemmend ist. Richtik tol.«

Praxis-Projekt: »The Influencers Taubenheim«

Gold und Silber In Spatial Experience 

Kultur ist ein Lebensmittel: Übersichtsseite mit Illustrationen der Ausstellung

Team von der Bremer Hochschule für Künste: Gordon Voquardson, Leonhard Leider, Ruben Balmain Lyon, Christine Claussen, Julia Paskeviciute, Zainab Zaher – Senatorin für Wirtschaft, Arbeit und Europa

Jurykommentar: »Und plötzlich, nach 18 Monate Pandemie-Stillstand, steht im Herzen von Bremen, 13 Wochen lang, ein grossartiges Instrument, das fröhlich und vielfältig bespielt wird. 300 Studierende zeigen ihre Arbeiten in einer durchlässigen und nachhaltigen Bünenarchitektur. Es ist das Gegenteil einer geschlossenen, exklusiven Kultureinrichtung: Es ist ein Manifest für lebendige Kultur und das Leben der Innenstadt. Wir wünschen viel Erfolg bei der Weiterentwicklung!«

 

Herzlichen Glückwunsch!

 

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