»Das Deutsche ist positiv besetzt in der amerikanischen Kreativszene«
Wie ergeht es deutschen Kreativen in den USA? Felix Richter und Alexander Nowak, Executive Creative Directors bei der New Yorker Agentur Droga5, berichten von ihren Erfahrungen.
Felix Richter und Alexander Nowak sind Executive Creative Directors bei der Werbeagentur Droga5 in New York. In die Stadt kamen sie vor etwa acht Jahren für ein Praktikum im Rahmen ihres Studiums an der Miami Ad School in Hamburg. Bei Droga5 sind sie seit 2011. Da sie insbesondere anfangs oft zu zweit aufgetreten sind, wurden sie von vielen »The Germans« genannt. Im Interview erzählen die beiden, was sie an New York und am amerikanischen Markt fasziniert.
Ihr seid seit 2009 in New York, habt mittlerweile sogar Greencards, und eine Rückkehr nach Deutschland ist erst mal nicht geplant. Was gefällt euch so gut an der Stadt?
Felix Richter: New York ist die einzige Stadt der Welt, von der man statistisch abgesichert behaupten kann, dass sie ein Melting Pot ist. Ein Beispiel ist Williamsburg: In Greenpoint leben sehr viele Polen, alle Geschäfte sind polnisch. Im Süden Williamsburgs ist dagegen eine riesige Enklave chassidischer Juden, man fühlt sich wie auf einer Zeitreise in die 1930er. Zwischendrin ist ein Hipster-Viertel. So viele verschiedene Kulturen auf engstem Raum, das ist einmalig, inspirierend und sorgt für eine besondere Energie.
Alexander Nowak: Die übergeordnete Kreativszene von Mode, Kunst, Musik bis Werbung ist so eng verbunden, dass sich alle mehr oder weniger kennen. Man kann sich mit Kreativen aus allen Bereichen unmittelbar auseinandersetzen, ist oft auf spannenden Eröffnungen und trifft interessante Leute. Das gibt es nirgendwo anders auf der Welt.
Richter: Es gibt auch businesslastige Fakten, die die USA spannend machen: Die Budgets sind viel größer, häufig sind es sogar globale Budgets, und sie werden leichter vergeben. Alles ist schneller. Man hat schneller Zugang zu den Entscheidern großer Unternehmen.
Wie würdet ihr euren Arbeitsalltag in New York beschreiben?
Richter: Mittlerweile haben wir zwischen 9 und 18 Uhr die ganze Zeit Meetings, danach ist man platt und geht in der Regel nach Hause. Etwas länger auszuarbeiten abends, das machen wir als Kreativdirektoren nicht mehr so sehr. Die ersten Jahre haben wir länger gearbeitet, jetzt kürzer und dafür intensiver. Ich arbeite momentan sehr viel für Google, Alexander für LVMH (Louis Vuitton Moët Hennessy).
Deutsch sprecht ihr nur miteinander oder wenn ihr in der Heimat anruft. Fühlt ihr euch schon wie Amerikaner?
Nowak: Man ist natürlich immer noch deutsch, nimmt aber auch positive amerikanische Eigenschaften an. Die Leute sind hier leichter zu begeistern, das haben wir schnell verstanden und uns mittlerweile auch angeeignet – eine positive Eigenschaft, wie wir finden. Wäre schön, das in Deutschland auch mehr zu sehen, besonders in Bezug auf Ideen und Kreativität. Anfangs wurden wir oft »The Germans« genannt, weil wir immer zu zweit aufgetreten sind. Wir teilen uns nach wie vor ein Büro, arbeiten aber mittlerweile meist für unterschiedliche Kunden. Einen kleinen deutschen Akzent haben wir immer noch, was aber nicht schlecht ist. Das Deutsche ist auf jeden Fall positiv besetzt in der amerikanischen Kreativszene.
Wie es deutschen Kreativen geht, die für den Job in die USA gegangen sind, beleuchten wir in PAGE 03.2018. In der Ausgabe, die hier im Shop erhältlich ist, sind Erfahrungsberichte und Interviews zu lesen – unter anderem mit einem Designer bei Instagram im Silicon Valley, Freelancern in New York oder einer Kreativdirektorin in Los Angeles. Außerdem gibt es Tipps zur Vorbereitung auf einen eigenen USA-Aufenthalt. Visums-Tipps haben wir hier zusammengestellt.
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