Ein Kunde hat sich von einem Kreativen getrennt und möchte, dass der Designer die für ihn erstellten Arbeiten aus seinem Portfolio entfernt. Darf er das verlangen oder kann ich als Designer dagegen vorgehen?
Hinnerk, 38: Ich arbeite seit 14 Jahren selbstständig und habe nun ein Problem mit einem Kunden, der sich von mir getrennt hat und zu einer Agentur gehen will. Er verlangt, dass ich alle Projekte, die ich für ihn realisiert habe, von meiner Webseite werfe und nicht mehr für meine Eigenwerbung nutze. Ich war viel für diesen Kunden tätig und finde die Arbeiten echt okay, würde sie also gerne als Referenzen zeigen. Darf der Kunde mir das untersagen?
Christian Büning:
Lieber Hinnerk, ein ärgerliches Problem, das während einer guten Zusammenarbeit leider selten bedacht wird. Rechtlich haben Sie leider wenig Handhabe, da Sie als Designer nicht automatisch das Recht haben, Ihre Arbeiten in Ihrem Portfolio zu verwerten. Dieses Recht müssen Sie ausdrücklich vereinbaren (siehe auch § 31 UrHG).
Sie können das am einfachsten in Ihrer Rechnung festhalten, zum Beispiel mit der Formulierung: »Der Designer behält das uneingeschränkte Recht, die entstandenen Arbeiten in seinem Portfolio zeigen zu dürfen.«
Dafür ist es bei Ihnen leider zu spät. Versuchen Sie zunächst, herauszufinden, worum es Ihrem Auftraggeber geht. Möchte er einen sauberen Schnitt und »weiße Wände« für die neue Agentur? Oder ist er unzufrieden mit Ihrer Arbeit und möchte nicht in Zusammenhang mit Ihnen genannt werden?
Wenn Sie den Eindruck haben, dass es eigentlich nicht um Ihr Portfolio geht, haben Sie eine Chance auf eine gütliche Einigung. Sollte Ihr Auftraggeber den Kontakt verweigern oder weiter darauf beharren, dass Sie keine Arbeiten mehr zeigen, müssen Sie wohl oder übel in den sauren Apfel beißen und diese entfernen.
Wenden Sie sich unbedingt an Ihren direkten Ansprechpartner
Es bleibt Ihnen natürlich freigestellt, sie zu zeigen, ohne das dem Auftraggeber kenntlich werden zu lassen. Manche Motive lassen das durchaus zu, bei vielen ist das allerdings nicht einfach zu bewerkstelligen, da der Absender zumeist ein wesentlicher Bestandteil der Aussage ist.
Meine Empfehlung: Wenden Sie sich unbedingt an Ihren direkten Ansprechpartner. Finden Sie heraus, was den Wechsel verursacht hat und ob Sie Anteil daran haben. Erst wenn Sie hier erfolglos sind, sollten Sie sich mit der Bitte um eine Stellungnahme an den Inhaber oder Geschäftsführer wenden.
Viel Hoffnung will ich Ihnen nicht machen, aber manchmal kann man eine ramponierte Geschäftsbeziehung wieder glätten und neu beleben. Viel Erfolg.
Christian Büning
Präsident des Berufsverbandes der Deutschen Kommunikationsdesigner/
PAGE Kolumnist »Business Basics«
Christian Büning ist Inhaber des Büro Büning Informationsgestalter und Gründer des Werkstoff Verlags. Er ist Autor der BDG Gründerfibel und schreibt in der PAGE monatlich für Designunternehmer. Im BDG engagiert er sich für faire Märkte und professionelle Teilnehmer, seit 2011 in der Funktion als Präsident. Er ist leidenschaftlicher Fan von schematischen Zeichnungen und kann sich oft stundenlang nicht zwischen der Unit und der Droid Sans entscheiden. Christian Büning lebt und arbeitet in Münster – mit Fahrrad, natürlich.
Debatte: The Future of Design ++ Visual Trend: Cultural Cross-over ++ Für Kunden im Nahen Osten arbeiten ++ Top-Schriften für UI Design und Coding ++ Kundenbindung durch Erlebnisse: Innovationsprojekt für adidas ++ CD/CI: Vom PDF-Bericht zum kompletten Branding ++ EXTRA: Top 50: PAGE Ranking 2020