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»Alle haben Bock, wieder Dinge zu gestalten«

Über ein Jahr leben wir jetzt mit Corona. Wir haben uns bei selbstständigen Kreativen und Designstudios umgehört, wie es ihnen ergangen ist. Unter anderem bei den Freelancerinnen Anissa Carrington und Karo Berndt.

Anissa Carrington, Freelance-Designerin, und Karo Berndt, Freelance-Artdirektorin, Gründerinnen von Ladies, Wine & Design Hamburg
Anissa Carrington, Freelance-Designerin, und Karo Berndt, Freelance-Artdirektorin, Gründerinnen von Ladies, Wine & Design Hamburg

Anissa Carrington ist Freelance-Designerin, Karo Berndt arbeitet als Freelance-Artdirektorin. Zusammen haben sie das Hamburger Chapter von Ladies, Wine and Design gegründet. Hier verraten sie uns, was ihnen die Soforthilfe gebracht hat, was ihnen im vergangenen Jahr gefehlt hat und worauf sie sich freuen.

Wie war 2020 für euch?
Karo Berndt: Es war mein zweites Jahr als Freelancerin. Und ich muss sagen, dass es ziemlich gut lief. Ich weiß nicht genau, warum. Bei vielen Selbstständigen war das ganz anders, einige sind in eine Festan­stellung zurückgewechselt. Im Herbst hatte ich eine kleine Flaute, aber im Dezember gab es dann so vie­le Anfragen, dass ich welche ablehnen musste.
Anissa Carrington: Zu Jahresbeginn dachte ich, ich sei nach einem halben Jahr endlich gut in der Selbstständigkeit angekommen. Dann kam der erste Lock­down, und ab Mitte März ging erst mal nichts mehr. Durch den Sommer habe ich es nur geschafft, weil ich Soforthilfe bekommen habe. Ich stand einfach noch zu sehr am Anfang der Selbstständigkeit und hatte noch kein großes Polster. Mit den kalten Tagen kamen dann aber auch wieder die Anfragen – zurzeit habe ich ganz schön viel zu tun.

Wie lief das mit der Soforthilfe in Hamburg?
Anissa: Das war bei mir total unproblematisch. Es dauerte zwar einen Moment, aber nach einigen Wochen bekam ich knapp 6000 Euro. Im Vergleich zu anderen Ländern hat Deutschland das meiner Meinung nach ganz gut gelöst. Natürlich könnte man noch viel mehr tun – vor allem im Kulturbereich.

Was habt ihr mit eurer freien Zeit angefangen?
Anissa: Ich finde es wichtig, sich diese Zeit so an­genehm wie möglich zu machen. Diese Situation ist schon traumatisch genug für alle. Daher finde ich es falsch, sich jetzt unter Druck zu setzen, die Zeit mög­lichst produktiv zu nutzen, unbedingt neue Skills zu lernen oder eigene Projekte umzusetzen. Ich ken­­ne viele Leute aus der Kreativ- und Kulturbranche, denen diese Zwangspause ganz gutgetan hat, weil sie kurz vor dem Burn-out standen. Entweder weil sie so leidenschaftlich bei ihrer Arbeit sind oder weil sie unheimlich viel arbeiten müssen, um über die Run­den zu kommen. Es ist schon bedenklich, wenn erst eine Pandemie kommen muss, damit man mal durchatmen kann. Ich habe die Zeit insofern genutzt, als ich ein paar Projekte pro bono gemacht habe, etwa für Visions for Children und The League.
Karo: Ich habe mehr Zeit in mein Kultur- und Me­dien­management-Studium gesteckt. Und war viel skaten.

Fehlen euch Input und Inspiration von außen?
Karo: Noch merke ich es nicht so stark. Aber wenn ich zum Beispiel ein Konzept schreibe, denke ich oft an Gespräche und Situationen aus der Vergangenheit. Diese Erfahrungen machen wir gerade nicht. Insofern könnte uns in Zukunft etwas fehlen.
Anissa: Uns wurden quasi anderthalb Jahre Lebens­erfahrung geklaut. Zugleich stelle ich fest, dass ich viel leichter zu begeistern bin momentan. Weil nichts passiert, ist auf einmal alles spannend. Etwa eine tra­shige TV-Sendung wie »Love Island«. Vielleicht weil einem soziale Interaktionen so sehr fehlen?

Die Salon Nights von Ladies, Wine & Design Hamburg haben zuletzt über Zoom statt­gefunden. Wie waren da eure Erfahrungen?
Anissa: Das lief richtig gut. Wir hatten immer so um die dreißig Teilnehmer*innen – und das, obwohl alle total übersättigt sind von Zoom-Calls. Eine Ses­sion zum Thema Freelancing ging sogar über zwei Stunden – solche Möglichkeiten zum offenen Austausch sind sehr wichtig.
Karo: Gleichzeitig ist klar, dass Online-Events keine Live-Treffen ersetzen können. Vor allem Schüchter­ne trauen sich oft nicht, in »großer Runde« etwas zu sagen, und fühlen sich im Zweiergespräch auf einer Veranstaltung wohler. Wir freuen uns schon darauf, alle wieder an einem Ort versammeln zu können.

Mit welcher Stimmung geht ihr ins neue Jahr?
Karo: Optimistisch! Alle haben Bock, wieder Dinge zu gestalten – gesellschaftlich, kulturell –, oder auch einfach mal wieder auf einen coolen Job. Gefühlt sind alle recht hoffnungsvoll. Ich hoffe, dass ich das nicht in einem halben Jahr relativieren muss.

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