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Illustrierte Reportage: Geschichten Obdachloser in Berlin

Sebastian Lörschers Illustrationen machen die »Schatten der Gesellschaft« sichtbar – bewegend und künstlerisch wertvoll.

Coverillustration zu Schatten der Gesellschaft, eine Comicreportage von Sebastian Loerscher

Großstädter:innen, Menschen mit und ohne Dach über dem Kopf, begegnen sich alltäglich auf der Straße. Einige leben ohne privaten Rückzugsort, müssen um Essen betteln, frieren, andere geben ihnen Kleingeld auf dem Weg in ihr warmes Zuhause – und viele ignorieren sie. Immer wieder begegnete auch Sebastian Lörscher das Thema Wohnungslosigkeit omnipräsent auf den Straßen Berlins.

Im klirrendkalten Frühjahr 2019 beschloss er, die Lebensrealität der Obdachlosen in seinem Skizzenheft zu dokumentieren – und mit ihnen zu sprechen, sie darum zu bitten, ihm einen Einblick in ihr Leben zu geben. Es entstand das nun im Jaja Verlag erschienene Buch »Schatten der Gesellschaft. Die Obdachlosen von Berlin«.

Illustration Bahnhofsteig Berlin, Schatten der Gesellschaft von Sebastian Loerscher

doppelseitige Illustration von Sebastian Loerscher

Textseitenlayout zu Schatten der Gesellschaft, eine Comicreportage von Sebastian Loerscher

Empathisch dokumentiert statt schaulustig illustriert

Die zunächst anonymen Menschen würdigt Lörscher bereits mit einer ersten visuellen Hervorhebung, einer gelb aufleuchtende Markierung von »schüchterner Blondschopf« und »schunkelnder Magazinverkäufer« etwa.

Auf den Folgeseiten schenkt der Autor und Zeichner ihren Geschichten Gehör, er illustriert sie – ihre Gesichter erscheinen. Die Kapitel sind nach den skizzierten Orten der Zuflucht benannt und tragen die Namen der Menschen, denen Lörscher begegnet, die ihn ansprechen oder die er anspricht.

Buchgestaltung Schatten der Gesellschaft 2022 von S. LoerscherIllustration aus Schatten der Gesellschaft, eine Comicreportage von Sebastian Loerscher

Sebastian Lörscher reflektiert sein Projekt: »Plötzlich frage ich mich, ob mein Vorhaben hier zu zeichnen nicht auch voyeuristisch ist.« Er holt das Einverständnis der Obdachlosen ein, bevor er mit dem Stift für ein Portrait ansetzt. »Deine Zeichnung beweist mir, dass ich ein Mensch bin. Und das macht mich froh«, sagt ihm »ein rauchender Schlapphut«. Und der Hustende mit roten Backen befindet, das mit der Zeichnerei sei schließlich »besser als die ganzen Leute, die hier durch unsere Lager latschen und einfach so Fotos von uns machen.«

Sebastian Lörschers Zuhören, sein Beschreiben und vor allem sein Sichtbarmachen ist respektvoll und bedeutend – er wirft ein aufmerksames, warmes Licht auf die »Schatten der Gesellschaft«. Mit dem Kauf des Buchs geht zudem ein Euro Spende über die Berliner Tafel e. V. an die Menschen auf der Straße.

Sebastian Lörscher: Schatten der Gesellschaft. Die Obdachlosen von Berlin
Jaja Verlag Berlin 2022
128 Seiten, Softcover, 17 x 24 cm,
ISBN 978-3-948904-47-0
15 Euro


An der FH Würzburg und der Kunsthochschule Berlin-Weißensee studierte Sebastian Lörscher Visuelle Kommunikation, für seine Graphic Novels erhielt er unter anderem Preise von der Stiftung Buchkunst. Neben dem grafischen Geschichtenerzählen, Illustrieren und Animationen ist er außerdem spezialisiert auf Graphic Recording.

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